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Flüchtlinge beenden wochenlangen Hungerstreik

Von Michael Stabenow. 

Fast 60 Tage, seit dem 23. Mai, haben mehr als 400 Flüchtlinge aus afrikanischen und asiatischen Ländern in Brüssel im Hungerstreik ausgeharrt. Erklärtes Ziel war es, für die gesamte Gruppe eine ein unbefristetes Aufenthaltsrecht zu erhalten. Die beharrliche Weigerung des für Asyl zuständigen Staatssekretärs, des flämischen Christlichen Demokraten Sammy Mahdi, hatte zur Eskalation der Situation und zu einer harten Konfrontation innerhalb der belgischen Regierungskoalition geführt. Zwei der sieben Koalitionsparteien, PS und Ecolo, drohten mit ihrem Austritt, wenn den Hungerstreikenden weiterhin nicht geholfen würde. Damit schien gar ein Sturz der Regierung nicht ausgeschlossen.

Am Mittwoch, dem belgischen Nationalfeiertag, kam dann die überraschende Wende: Der Hungerstreik fand ein – zumindest – vorläufiges Ende. Im Regierungslager herrscht allgemeine Erleichterung.

Staatssekretär Mahdi, selbst Sohn eines politischen Flüchtlings aus dem Irak und einer Belgierin, hatte mit seiner harten Haltung den Unmut des linken Flügels der Koalition – Sozialisten und Grüne – erregt. Zugespitzt hatte sich die Auseinandersetzung, als ein Teil der in der Beginenhofkirche sowie in Räumlichkeiten der Freien Universitäten Brüssels (ULB und VUB) untergebrachten Hungerstreikenden sich weigerte, Flüssigkeit aufzunehmen. In der Folge mussten 60 Personen aus der Gruppe in Krankenhäusern aufgenommen werden. Grüne und Sozialisten drohten daraufhin, aus der Regierung auszutreten, sollte es auch nur ein einziges Todesopfer unter den Hungerstreikenden geben. Fieberhaft wurde zuletzt zwischen Mahdi und Mitgliedern der Koalitionsparteien sowie Vertretern eines Unterstützerkomitees verhandelt.

Mahdi hatte eine Anerkennung der Geflüchteten als Gruppe kategorisch ausgeschlossen. Das Recht sehe vor, jeden Fall einzeln zu betrachten und zu bewerten. Der nun gefundene Kompromiss beinhaltet u.a. das Einrichten einer neutralen Zone, in der die Flüchtlinge individuell über ihre persönliche Lage und die Aussichten auf eine Aufenthaltsgenehmigung umfassend informiert werden soll. Mahdi sicherte zudem zu, an einer strukturellen Verbesserung der Zugangsmöglichkeiten für die legale Zuwanderung zu arbeiten.

Rückendeckung erhielt der Staatssekretär von Premierminister Alexander De Croo. Er kritisierte, wie die Flüchtlinge unterstützt worden seien. Eine Regierung könne niemals einer Erpressung nachgeben. „Fall es körperliche Folgen geben sollte, tragen all diejenigen Verantwortung, die die Hungerstreikenden unterstützt, ihnen falsche Hoffnungen gemacht oder ihnen nicht objektive Informationen geliefert haben.“ De Croo stellte aber auch klar: „Die Beendigung des Hungerstreiks ist die einzige richtige Entscheidung“.

Ebenfalls erleichtert, aber mit einem anderen Zungenschlag als De Croo und Mahdi, äußerten sich Spitzenvertreter der Sozialisten und Grünen. Er sei froh, dass der Hungerstreik nun unterbrochen worden sei und ein Dialog mit den Behörden stattfinde, erklärte Paul Magnette, der Parteichef der französischsprachigen Sozialisten auf Twitter. Die Vorsitzende der flämischen Grünen, Meyrem Almaci, zeigte sich ebenfalls zufrieden. Mit der Entscheidung, die eine menschliche Lösung näher bringe, sei die Blockade überwunden und eine Tragödie vermieden worden, hieß es in einer über Twitter verbreiteten Reaktion Almacis.

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