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Kein Lockdown, aber weitere Einschränkungen in Belgien

Von Michael Stabenow.

Zum zweiten Mal innerhalb von zehn Tagen sieht sich Belgiens politische Führungsspitze zu weiteren Corona-Beschränkungen gezwungen. Die am Freitag beschlossenen Maßnahmen gelten schon von diesem Samstag an. Dabei handelt es sich um punktuelle Verschärfungen. Von einem Lockdown, wie ihn das Land vor Jahresfrist bei der zweiten Corona-Welle erlebt hat, kann derzeit keine Rede sein.

Die seit Oktober beschlossenen Verschärfungen haben nicht den erhofften Erfolg gehabt. Die Zahl der Neuinfektionen mit dem Virus in Belgien ist zuletzt im Wochenvergleich um fast die Hälft auf täglich fast 16.800 Fälle gestiegen ist. Die Sieben-Tage-Inzidenz in Belgien hat jetzt die Marke von 1000 je 100000 Einwohner überschritten.

Dass die Zahl der Krankenhausaufnahmen deutlich niedriger als vor Jahresfrist liegt, wird als Folge der hohen Impfrate in Belgien gesehen. Drei Viertel der Gesamtbevölkerung gelten als doppelt bzw. vollständig geimpft. 1,25 Millionen Einwohner haben schon die dritte, die sogenannte Booster-Impfung, erhalten.

„Ohne Impfstoffe hätten wir eine vollkommen unhaltbare Situation“, sagte Premierminister Alexander De Croo. Er verwies auf Berechnungen des belgischen Gesundheitsamtes Sciensano, wonach Belgien durch die Impfungen 30.000 zusätzliche Krankenhausaufnahmen erspart geblieben seien. Dennoch gelte es nicht zuletzt wegen der zunehmenden Überlastung von Arztpraxen und Krankenhäusern die Impfbilanz weiter zu verbessern.

So soll die Verabreichung von Booster-Impfungen beschleunigt werden. Bisher galt, dass unter 65-Jährige im Regelfall erst im ersten Quartal 2022 eine „Booster“-Impfung erhalten sollten. Nun heißt es, noch vor Weihnachten solle „eine möglichst große Anzahl Personen“ geimpft werden. Die Anmeldung soll über ein „flexibles Online-System“ erfolgen können.

Zur Entlastung der Hausarztpraxen soll es in Belgien jetzt auch Testzentren geben, die bei Verdacht auf eine Infektion ohne Voranmeldung und ohne ärztliche Überweisung aufgesucht werden können. Am Freitag wurde in Belgien ein erster Fall der im südlichen Afrika entdeckten und als besonders ansteckend geltenden Virus-Variante B.1.1.529 bestätigt. Es soll sich um einen aus Ägypten heimgekehrten Urlauber handeln, der milde Symptome aufgewiesen habe. Belgien hat inzwischen für mehrere Länder Afrikas ein Einreiseverbot erlassen.

Obwohl Virologen und Epidemiologen weitreichende Verschärfungen der Corona-Regeln forderten, bleibt es bei punktuellen und vorerst für drei Wochen geplanten zusätzlichen Einschränkungen.

Von Schließungen betroffen sind Tanzlokale. In Gaststätten dürfen höchstens sechs Personen an einem Tisch Platz nehmen; die Öffnungszeiten von Restaurants werden begrenzt auf zwischen 5 Uhr und 23 Uhr. Auch Nightshops müssen um 23 Uhr schließen. Sportveranstaltungen in Innenräumen müssen ohne Zuschauer stattfinden. Ausnahmen gelten für Minderjährige, die von ihren Eltern begleitet werden dürfen. Die Bildungsminister der Regionen werden zudem ein Maßnahmenpaket erarbeiten, das Mundmaskenpflicht, bessere Durchlüftung von Unterrichtsräumen, aber auch Freizeitaktivitäten von Gruppen außerhalb von Schulen umfassen soll.

Mit Ausnahme von Hochzeiten und Trauerfeiern sind private Feierlichkeiten in Innenräumen untersagt. Bei öffentlichen Veranstaltungen in Innenräumen gilt, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer einen Corona-Pass vorweisen und an einem festen Platz sitzen müssen.

De Croo rief generell zu verantwortungsbewusstem Handeln auf. „Maßnahmen, die nicht respektiert werden, haben keinen Sinn“, sagte er und rief zu einer Beschränkung von Kontakten auf. Sinnvoll seien Selbsttests, die jetzt nicht nur in Apotheken, sondern auch in Supermärkten erhältlich seien.

 

Bild: Sandra Parthie

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