Von Michael Stabenow
Es ist an der Zeit, etwas in sich zu gehen. Sogar aus der Belgieninfo-Redaktion erreichte uns der mahnende Hinweis, unser schönes Gastland nicht ständig madig zu machen oder gar zu verspotten. Ja, wir haben uns in den vergangenen Wochen darüber ereifert, manchmal auch mit einer Prise Häme, dass links und rechts des Weges Blechdosen und Plastikflaschen herumliegen, das Anleingebot für Hunde schlichtweg ignoriert wird, der Blinker im Straßenverkehr zum Fremdkörper geworden ist und wir, ob wir es nun wollen oder nicht, in Bus und Bahn ständig Ohrenzeugen von laut geführten Telefonaten in Sprachen aus aller Herren Länder werden.
Ja, es stimmt, das geben wir an dieser Stelle freimütig zu: Solcherlei Angewohnheiten gehören sicherlich nicht nur zum belgischen Alltag. Davon können wir uns ja schnell bei der Fahrt über eine der vier Landesgrenzen überzeugen. Obwohl: in Deutschland gibt es ja bekanntlich seit Jahren das Dosenpfand – und wer sich dort darum nicht scheren will, schmeißt nicht nur Flaschen oder Büchsen, sondern letztlich auch Geld in die Landschaft. Aber zu einem belgischen – genau genommen sogar flämischem – Alleinstellungsmerkmal wollen wir hiermit unsere in Belgieninfo kundgetane Meinung (Niederländisch lernen? Auf zu Notaren und Immobilienmaklern! – Belgieninfo) bekräftigen. Oder hat etwa jemand je davon gehört, dass im benachbarten Großherzogtum Notare und Immobilienmakler auf behördliche Initiative hin die Zugereisten mit Hilfe von Faltblättern für Lëtzbuergesch erwärmen sollen?
Genug des Lästerns. Wir müssen gar nicht so tief in unserem Hirn kramen, um auf Schönes, nicht nur kulinarische Köstlichkeiten, zu kommen. Nehmen wir zum Beispiel den sogenannten Museums-Pass (Ein Museums-Pass für ganz Belgien – Belgieninfo). Für 59 Euro im Jahr haben wir freien Zutritt zu nicht weniger als 244 Museen sowie – derzeit – 306 Ausstellungen. Wir haben einmal die Rechnung aufgemacht: Wollten wir innerhalb eines Jahres alle 550 Museums-Pass-Attraktionen in Augenschein nehmen, wären das gut 1,5 Besuche pro Tag und das, gehen wir vom einmaligen Anschaffungspreise von 59 Euro, zu Eintrittsgebühren von jeweils nicht einmal 11 Cent.
Und damit nicht genug. Wer zum Beispiel in das Afrika-Museum in Tervuren vernarrt ist, kann sich dort beliebig häufig umschauen. Aber lassen wir das – bei solcherlei Rechenspielen kann uns ja nur schwindelig werden. Nicht genug damit: Mit dem Museums-Pass in der Tasche reisen wir zu unseren Zielen, ob in Brüssel, an der Küste oder in den Ardennen, in der Eisenbahn mit Rabatt und können in den Museumsshops auf niedrige Preise hoffen. Als Rentner fahren wir darüber hinaus mit dem Nahverkehr von STIB, DeLijn oder TEC fast umsonst zu den Museen, wenn wir uns ein Jahresabonnement zulegen. Und selbst wenn wir, was durchaus naheliegend erscheint, nur einen Bruchteil der mit dem Museums-Pass einhergehenden Privilegien in Anspruch nehmen, kommen wir mehr als nur auf unsere Kosten – vom Mu.ZEE im Seebad Ostende bis zum Archäologischen Museum in Arlon über die BOZAR-Sammlungen in Brüssel.
Dass in Belgiens Hauptstadt bei weitem nicht alle Museen mit dem Pass frei zugänglich sind, wollen wir hier nicht vertiefen – wir wollen ja nicht wieder herummäkeln. Dass wir heute etwas in uns gegangen sind und den mahnenden Fingerzeig aus der Belgieninfo-Redaktion beherzigt haben, hat uns auch neue wichtige Erkenntnisse für die Zukunft beschert. Lange genug haben wir an eine goldene Journalistenregel geglaubt: „No news is good news“. Aber gilt wirklich, dass etwas, worüber nicht berichtet wird, eine „gute Sache“ ist? Zumindest die Erfahrung im belgischen Alltag mit dem Museums-Pass haben uns eines gelehrt: „Good news can be good news“ – gute Nachrichten aus Belgien können auch ihre guten Seiten haben!
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