Vereidigung der Vivaldi-Regierung (Copyright: BRF)
Von Michael Stabenow
Meinungsumfragen widerspiegeln nur die jeweilige politische Stimmung. Kein Zweifel jedoch: Die Ergebnisse der jüngsten, im Auftrag der Fernsehsender VTM und RTL-TVI sowie der Zeitungen Het Laatste Nieuws und Le Soir vorgenommenen Ipsos-Umfrage unter 2552 Bürgerinnen und Bürgern verheißen mit Blick auf die in zwei Jahren stattfindenden belgischen Parlamentswahlen wenig Gutes für die „Vivaldi“-Koalition. Nur eine ihrer sieben Parteien, die in „Vooruit“ umgetauften flämischen Sozialisten, steht in der Umfrage besser da als bei den vorigen Parlamentswahlen im Mai 2019 (GROTE PEILING. Open Vld op laagste peil ooit, N-VA bijna terug op verkiezingsresultaat | Binnenland | hln.be).
Die Partei profitiert offenbar weiter vom Image ihres 29 Jahre alten, bei öffentlichen Auftritten ausgesprochen entspannt wirkenden Vorsitzenden Conner Rousseau, aber auch von dem in der Corona-Pandemie in den Blickpunkt gerückten Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke. „Vooruit“ kommt in den Umfragen im flämischen Landesteil derzeit auf 14,8 Prozent – vier Prozentpunkte mehr als die damalige „SP.A“ bei der Wahl vor zwei Jahren.
Der Sozialisten Freud ist der drei flämischen Koalitionspartner Leid. Die Grünen sacken von 9,8 auf 7,9 Prozent. Noch tiefer ist der Absturz der flämischen Liberalen (Open VLD) von Premierminister Alexander De Croo und der mitten im Umbruch befindlichen flämischen Christlichen Demokraten (CD&V). Obwohl De Croo hinter den in der flämischen Popularitätsskala gleichauf führenden Vorsitzenden von Vooruit, Rousseau, sowie der flämisch-nationalistischen Neu-Flämischen Allianz (N-VA), Bart De Wever, an dritter Stelle liegt, kann Open VLD derzeit nur noch mit 9,3 gegenüber 13,5 Prozent bei der Parlamentswahl 2019 rechnen.
Nicht nur die einst in Flandern, aber auch in ganz Belgien mächtigen flämischen Christlichen Demokraten müssen kräftig Federn lassen. So erreichte die CD&V 2019 noch 14,2 Prozent. In der jüngsten Umfrage landete sie nur noch bei 9,3 Prozent – und das, obwohl sich mit dem Wechsel an der Parteispitze von Joachim Coens zum durchaus über Parteigrenzen hinaus beliebten bisherigen Asyl-Staatssekretär Sammy Mahdi viele Hoffnungen verbinden.
Die in Umfragen zuletzt schwächelnde N-VA rangiert inzwischen in Flandern bei 24,9 Prozent und damit annähernd auf dem Niveau der Parlamentswahl (25,5 Prozent). Zweitstärkste Kraft ist der fremdenfeindliche Vlaams Belang, der eine Zeitlang in Umfragen in Flandern an der Spitze lag, mit 22,6 Prozent gegenüber 18,7 Prozent bei der Parlamentswahl 2019. Auf Sitze umgerechnet hieße das, dass es derzeit für die beiden nationalistischen Parteien gemeinsam zu einer Mehrheit der 87 Mandate reichen würde. Anders als manche seiner Parteifreude hat N-VA-Chef De Wever jedoch bisher stets kategorisch ein Bündnis mit dem Vlaams Belang ausgeschlossen.
Auch den drei französischsprachigen „Vivaldi“-Partnern lieferte die jüngste Umfrage fast nur schlechte Nachrichten. Lediglich in der Hauptstadtregion Brüssel könnten derzeit die französischsprachigen Liberalen (MR) mit einem gegenüber der Parlamentswahl von 17,5 auf 22 Prozent verbesserten Stimmenanteil rechnen. Auf der Skala der beliebtesten französischsprachigen Politiker und Politikerinnen findet sich die liberale heutige Außen- und frühere Premierministerin Sophie Wilmès weiterhin an der Spitze wieder.
In Brüssel rückt die MR vor Sozialisten (PS) und Grünen (Ecolo) in den Umfragen von Platz 3 auf die Spitzenposition vor. Vor allem Ecolo muss – mit 18 gegenüber 21,6 Prozent im Jahr 2019 – mit empfindlichen Einbußen rechnen. Die Sozialisten liegen mit 19,1 Prozent knapp einen Prozentpunkt hinter dem Wahlergebnis von 2019 (damals 20 Prozent); bei der vorangegangenen Umfrage im März waren sie nur auf 15,1 Prozent gekommen.
Einen ähnlichen Sprung – von 22,4 Prozent im März auf zuletzt 25,3 Prozent – machte die PS im wallonischen Landesteil. 2019 hatte sie dort 26,1 Prozent erreicht. Sozialistische Politiker führen den jüngsten Aufschwung in den Umfragen darauf zurück, dass die Partei zuletzt einen dezidiert linkeren Kurs eingeschlagen habe. Interessant ist jedoch dabei, dass die linkspopulistische PTB mit ihrem rhetorisch begabten Chef Raoul Hedebouw gegenüber der Umfrage im März nur 0,6 Prozentpunkte verloren hat und immer noch auf 19,1 Prozent kommt und damit deutlich mehr als jene 13,8 Prozent, welche die Partei 2019 in Wallonien aufwies.
Nicht ausgeschlossen wird, dass das Bemühen der Sozialisten um die Gunst ausgesprochen linksorientierter Wähler in den kommenden Monaten die Spannungen innerhalb der „Vivaldi“-Koalition verstärken könnte. Dies gilt nicht zuletzt für die wirtschaftspolitisch deutlich rechts der Mitte angesiedelten Liberalen, die derzeit in Wallonien bei 19,2 Prozent liegen – 1,3 Prozentpunkte unterhalb ihres Wahlergebnisses von 20,5 Prozent. Relativ geringe Einbußen bescheinigen die Demoskopen den Grünen in Wallonien mit 14,4 gegenüber 14,9 Prozent bei der Parlamentswahl 2019.
Die Umfrage zeigt schließlich, dass sich die politische Kluft zwischen den Parteienlandschaften Flanderns und Walloniens weiter vertieft. Während in Wallonien die drei „linken“ Parteien – PS, Ecolo und PTB – kombiniert derzeit mit einem Stimmenanteil von 58,8 Prozent und damit fünf Prozentpunkte mehr als 2019 rechnen können, kommen ihre drei „linken“ flämischen Pendants – Vooruit, Groen und PVDA – in der jüngsten Umfrage gerade einmal auf 30,2 Prozent; das sind immerhin vier Prozentpunkte mehr als 2019.
Das Problem ist , dass die Politik seit 1831 den politischen Streit zwischen Vlaanderen und der Wallonie mit allen Mitteln aufrecht erhält und gefördert hat. Dabei wurde der “RECHTE & ULTRARECHTE” Rand (NVA / VB) vergessen. Resultat: statt Eintracht wurde Zwietracht produziert , eine Steilvorlage für NVA & Vlaams Belang , diese mit ihrer “Belgien-Kaputt-mache-Politik bzw. “Republik Vlaanderen” zur stärksten politischen Kraft in Vlaanderen aufsteigen konnte !! Was wir jetzt brauchen um dieses Königreich Belgien in Eintracht zu erhalten
ist so etwas wie eine Belgische Variante des Wiener Kongresses (1815) mit allen demokratischen Kräften in Belgien , welche den Erhalt, diesem mit so reichlich Historie ausgestatteten Königreich Belgien , am Herzen liegt.