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Ökumenischer Wahlaufruf aus Brüssel

Von Heide Newson.

Sein Terminkalender ist proppevoll, aber die bevorstehende Europawahl war dem Vorsitzenden des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm so wichtig, dass er nach Brüssel eilte, um für Europa zu werben. Noch nie habe Europa vor so großen Herausforderungen wie im Augenblick gestanden, sagte er.

Mit dem Aufruf zur Europawahl zu gehen, und sich zu Europa zu bekennen, richtete er einen leidenschaftlichen Appell an seine Gäste, die am Abend zu einem Empfang in die EKD-Vertretung in Brüssel geladen waren.

„Die Europäische Union befindet sich in einer Situation, die man als krisenhaft bezeichnen kann,“ so der EKD-Ratsvorsitzende in seiner vielbeachteten Rede. Und diese Krise habe viele Gesichter, aber eine Wurzel: Der anhaltende Streit um die Aufnahme und Verteilung von Flüchtlingen, der erodierende Wertekonsens zwischen den Mitgliedstaaten, die schleppenden Fortschritte bei der Reform der Eurozone, oder der Zuwachs für europafeindliche und -skeptische Parteien in vielen EU-Staaten seien letzlich Ausdruck mangelnden Vertrauens. Sichtbarster Ausdruck sei der Brexit.

Europa aufgeben?

„Aber all das ist kein Grund, Europa aufzugeben, sondern im Gegenteil ein Grund, noch deutlicher dafür einzutreten, und Vertrauen in Europa zu haben. Es lohnt sich, einmal den Blick darauf zu lenken, wieviel Grund für ein solches Vertrauen es gerade im Hinblick auf die Europäische Union gibt. Diese hat ihren Bürgern Frieden und politische Stabilität gebracht, wie es sie voher noch nicht gegeben hat.“

Die EU habe den Binnenmarkt, die wirtschatliche Integration vorangetrieben. Weiter nannte Bedford-Strohm Schengen als Symbol des neuen Europas, wodurch die Freiheit für Bürger in Form der Reisefreiheit in besonderer Weise konkret spürbar sei.

Von Europa wünscht er sich u.a., dass es seine Verantwortung für die Einhaltung der Menschenrechte weltweit selbstbewusst wahrnimmt, eine Europäische Union, die den Schutz von Grund-und Menschenrechten zum Leitbild für eine gemeinsame europäische Asyl- und Migrationspolitik erklärt, und weiter ein friedliches Europa, sowie eine EU, die sich für soziale Gerechtigkeit, für Bildungsgerechtigkeit und Klimagerechtigkeit einsetzt. Auch gelte es den Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit engagiert fortzusetzen.

Dass die Zukunft der Europäischen Gemeinschaft mit Blick auf den Klimawandel, der Digitalisierung, Asyl und Migration, sozialer Zusammenhalt bis hin zur Friedenssicherung alle etwas angehe, daran ließ er keinen Zweifel.

Ein ökumenischer Wahlaufruf

Das ist wohl auch der Grund, dass er gemeinsam mit dem Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Marx, anläßlich der Europawahl einen ökumenischen Wahlaufruf veröffentlichte. „Darin werben wir mit Leidenschaft für Europa einzutreten,“ betonte Bedford- Strohm. Eine konkrete Wahlempfehlung gab er in Brüssel nicht, er wandte sich allerdings gegen Rechtspopulisten und Nationalisten, denen man nicht das Feld überlassen dürfe. Diese lebten von der Vereinfachung komplexer Sachverhalte und würden die Gesellschaft spalten.

EU-Kommissar Günther Oettinger, der mit dem Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland zu einem Meinungsaustausch zusammen traf, unterstrich, dass ihm dessen Ratschlag immer wichtiger werde. Er forderte die Kirchen auf, sich noch stärker als bisher in die europäische Politik einzubringen, einer Aufforderung, der der engagierte sowie leidenschaftliche Europäer, Bedford-Strohm, nur allzu gern nachkommt.

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