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Große Sorgen um die Zukunft – aber auch Zutrauen in Europa

Foto: Jürgen Klute

Sechs Monate vor den Europawahlen legt die neueste “Eurobarometer”-Umfrage Befürchtungen und Hoffnungen der Bürgerinnen und Bürger offen

Von Jürgen Klute

In einem halben Jahr – im Juni 2024 – wird das Europäische Parlament zum zehnten Mal seit 1979 direkt durch die Bürgerinnen und Bürger der Mitgliedstaaten gewählt. Schon wird eifrig darüber spekuliert, inwieweit es dann zu größeren Verschiebungen im Machtgefüge des Parlaments kommen wird und in welchem Maße davon EU-skeptische und rechtspopulistische Kräfte davon profitieren können.

Die jüngsten, auf einer Informationsveranstaltung des Parlaments zu den kommenden Wahlen erläuterten Ergebnisse der alle sechs Monate in allen 27 Mitgliedstaaten vorgenommenen “Eurobarometer”-Umfrage scheinen, bei aller aktuellen Ungewissheit und Sorgen um die Zukunft, durchaus Zutrauen in die Gemeinschaft zum Ausdruck zu bringen

Die Präsidentin des Parlaments, Roberta Metsola, ist sich jedenfalls sicher, dass eine Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger hinter der Europäischen Union stehe. „Das aktuelle Euro-Barometer zeigt, dass Europa eine Rolle spielt“, ließ die Präsidentin auf einer Informationsveranstaltung des Parlaments zu den kommenmen Europawahlen mitteilen. Die Bürger vertrauten darauf, so Metsola weiter, dass die EU in den aktuellen geopolitischen und wirtschaftlichen Krisen Lösungen finden werde. Eine Mehrheit der Europäer sei überzeugt, dass die EU einen positiven Einfluss auf ihren Alltag habe.

Das Eurobarometer vom Herbst 2023 scheint tatsächlich diese Einschätzung der Parlamentspräsidentin zu untermauern. Laut der Umfrage gehen 72 Prozent der Europäer davon aus, dass ihr Land von der EU-Mitgliedschaft profitiere. Mit 94 Prozent liegt der Zustimmungsgrad in Litauen am höchsten und in Österreich mit 55 Prozent am niedrigsten. In Belgien teilen 79 Prozent diese Einschätzung, in Deutschland 70 Prozent.

70 Prozent der Befragten glauben, dass die EU ihr alltägliches Leben beeinflusst. Letzteres muss allerdings nicht unbedingt immer als positiv wahrgenommen werden.

Immerhin 57 Prozent der Befragten haben angegeben, dass sie an der kommen Europawahl interessiert sind. Allerdings ist das Interesse an den Wahlen innerhalb der Mitgliedstaaten sehr ungleich verteilt. Mit einem Anteil von 69 Prozent ist diese Zahl in den Niederlanden am höchsten und mit 28 Prozent in Tschechien am niedrigsten. In Belgien lieg er bei 52 Prozent, in Deutschland bei 65 Prozent und in Österreich bei 61 Prozent.

Am meisten schätzen die Bürger (34 Prozent) die Friedens- und Sicherheitspolitik der EU sowie die verbesserte Kooperation zwischen den Mitgliedsländern (ebenfalls 34 Prozent).

Als die wichtigsten politischen Themen der EU betrachten die Bürger den Kampf gegen Armut und soziale Ausgrenzung (36 Prozent), dicht gefolgt vom Thema öffentliche Gesundheit (34 Prozent). Den Kampf gegen die Klimaerwärmung sowie eine Förderung der Wirtschaft und die Schaffung neuer Arbeitsplätze halten 29 Prozent der Befragten für ein prioritäres Ziel der EU. In der Migrations- und Asylpolitik sehen hingegen nur 18 Prozent der EU-Bürger ein Thema mit hoher Relevanz.

Gegenüber dem Eurobarometer vom Frühjahr 2023 ist das Gesamtbild der EU bei den Bürgern stabil geblieben. 45 Prozent haben ein positives Bild, 38 Prozent ein neutrales und lediglich 16 Prozent ein negatives Bild.

Diesen zunächst einmal erfreulich positiven Umfrageergebnissen stehen jedoch die Antworten der Bürgerinnen und Bürger auf die Frage gegenüber, mit welchen Problemen sie aktuell konfrontiert sind und was sie für die nahe Zukunft erwarten. 73 Prozent der Befragten erwarten im nächsten Jahr eine Verschlechterung ihres Lebensstandards – im Frühjahr 2023 waren es allerdings noch 79 Prozent. Und 37 Prozent der Europäer haben gelegentlich oder oft Probleme, ihre monatlichen Rechnungen zu bezahlen. Die bereits vorhandenen wirtschaftlichen Probleme in Verbindung mit der recht hohen Zahl derer, die negativ auf die Zukunft blicken, könnte den Wahlausgang im Juni 2024 zugunsten euroskeptischer oder europafeindlicher Parteien verschieben. Dafür sprechen auch die Entwicklungen in einigen Mitgliedsländern wie Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Österreich, Ungarn, Italien und auch Deutschland.

Die Wahlen zum Parlament beginnen am 6. Juni 2024 in den Niederlanden. Am 7. Juni folgt die Wahl in Irland. Lettland, Malta und die Slowakei wählen am 8. Juni; Tschechien am 7. und 8. Juni. Alle anderen Mitgliedsländer wählen am letzten Wahltag, am Sonntag, dem 9. Juni. In Belgien finden an diesem Tag zudem die föderalen und die regionalen Wahlen statt.

Links zum Artikel

Europäisches Parlament: Europawahl 2024

At a Glance Infographic: 2024 European Elections: National rules

Europäisches Parlament – Pressemappe

Beschlüsse und politische Schwerpunkte des Parlaments seit der Europawahl 2019

 

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