
Jetzt ist auch die Frittenbuden-Kultur Ostbelgiens im Museum angekommen
Von Reinhard Boest
Gibt es eigentlich etwas, zu dem sich alle Belgier – egal ob Flamen, Wallonen, Brüsseler oder die deutschsprachigen Ostbelgier – gemeinsam bekennen können? Da fällt einem nicht sehr viel ein. Vielleicht die belgische Fußball-Nationalmannschaft (die “Roten Teufel”), obwohl diese in den vergangenen Jahren wenig Grund zum Jubel hatten? Oder Bier oder Schokolade? Nicht selbstverständlich, denn da hat wahrscheinlich jeder eine eigene regionale Präferenz.
So richtig belgisch sind natürlich die Fritten. Auch wenn bei unserem südlichen Nachbarn gelegentlich behauptet wird, diese Delikatesse sei in Frankreich erfunden worden, werden weltweit die Fritten mit Belgien in Verbindung gebracht. Und gibt es sonstwo auf der Welt ein Land, das von Nord bis Süd, von Ost nach West mit 5000 Frittenbuden gesegnet ist? Fritkot, Baraque à frites, Friterie, Fritûre, Frituur, Frittüre – es gibt sie in allen Landessprachen, an den unterschiedlichsten Orten, und jede ist anders.
Seit 2017 sind die Frittenbuden als immaterielles Kulturgut von allen Sprachgemeinschaften Belgiens anerkannt – eine notwendige Vorstufe für die angestrebte Registrierung als UNESCO-Weltkulturerbe. Für ein Kulturgut muss es natürlich auch Museen geben. In der Tat eröffnete der Geschäftsmann Eddy Van Belle 2008 in Brügge das “Frietmuseum”, und Ende April ließ er in der Nähe des Grand Place einen Brüsseler Ableger folgen. Dabei handelt es sich aber wohl eher um Geschäftsbetriebe mit touristischer Ausrichtung als um klassische Museen.
Wenig bekannt ist dagegen “Home Frit’ Home – Micro-Musée de la Frite”. Dieses kleine Museum, dessen Ursprünge schon auf das Jahr 2000 zurückgehen, liegt versteckt in einem typischen Brüsseler “Maison de Maître” in der Gemeinde Forest. Der selbsternannte Fritten-Enthusiast Hugues Henry zeigt darin nicht nur eine Sammlung von Objekten rund um das Belgische Nationalgericht, sondern organisiert auch Veranstaltungen und Ausstellungen.
Am Montag ging eine Austellung von Werken des Künstlers Eric Legrain zu Ende. Unter dem Titel “Fritüure” waren waren knapp 30 Bilder dieses gerade in Ostbelgien bekannten Malers zu sehen, auf denen er diese Buden in all ihrer Verschiedenheit zeigt. Die Finissage war Gelegenheit, auch die ostbelgische Frittenbuden-Kultur in das Museum aufzunehmen, in dem die flämische, wallonische und Brüsseler “Fritkots” schon vertreten sind. Zwei Ostbelgier sind mit ihrem Foto schon in der Museumssammlung vertreten: Melanie Spee aus Bütgenbach und Thierry mit seinem “Sankt Fritt” aus Sankt Vith.
“Jetzt ist die Belgische Frittenkultur komplett”, freute sich Hugues Henry bei der Begrüßung der zahlreichen Besucher. Gregor Freches, Kulturminister der Deutschsprachigen Gemeinschaft, bedankte sich in seiner launigen Rede, in der er problemlos zwischen den Landessprachen wechselte, für die Aufnahme Ostbelgiens. In der Tat seien die ostbelgischen Frittenbuden die ersten, auf die man treffe, wenn man von Osten nach Belgien komme. Der Bürgermeister von Forest, Charles Spapens, zeigte seine Wertschätzung für Ostbelgien auch dadurch, dass er einen Satz auf Deutsch vorbereitet hatte. Bei der Ansprache von Bernard Lefevre, Präsident der “Union Nationale des Frituristes”, wurde deutlich, dass ihm die Fritten wirklich ein Herzensanliegen sind. Sie seien “die Seele Belgiens”. Allerdings müssten sie dafür auch richtig zubereitet werden. “Ein Kilo Fritten in einer Friteuse von drei Litern zuzubereiten, ist eigentlich eine Sünde”, sagte er am Rande der Veranstaltung zu Belgieninfo. Die richtigen Fritten gibt es also wohl weder zu Hause noch im Restaurant, sondern nur an der Frittenbude, ob sie nun Friterie, Fritture, Fritkot heißt oder – wie sie Eric Legrain auf seinen Bildern auf “Belgisch” nennt – Fritüure.
Die feierliche Aufnahme Ostbelgiens in das Museum wurde durch das Hissen der Flagge und die Enthüllung eines Bildes abgeschloosen, das Eric Legrain extra für diesen Anlass gemalt hat: es zeigt die “Fritüure bei Ramona”, an der es auch Bier und Currywurst gibt.
Auch die Gäste wurden natürlich mit Fritten aus eigener Produktion verwöhnt, begleitet von Bier aus einer Mikro-Brauerei in Louvain-La-Neuve: la “Cuvée des Trolls”., das man auch im Garten des Museums genießen konnte.
Das Museum ist an jedem ersten Wochenende im Monat oder auf Absprache zugänglich. https://homefrithome.com/fr
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