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De Croo verteidigt die Bilanz der Vivaldi-Koalition

© open vld

Von Michael Stabenow

Schlechte Umfrageergebnisse, aber auch der jüngste Wirbel um den einen oder anderen Spitzenvertreter der „Vivaldi“-Regierungsparteien – all dies scheint der Zuversicht, genauer gesagt: dem Zweckoptimismus, von Premierminister Alexander De Croo keinen Abbruch zu tun. In seiner Erklärung zur Lage Belgiens, der letzten vor den am 9. Juni 2024 stattfindenden Parlamentswahlen, zog der flämische Liberale eine positive Bilanz von drei Jahren Regierungsverantwortung der sieben „Vivaldi“-Koalitionspartner. Gegebene Versprechen seien eingelöst worden. „Trotz aller Krisen und Herausforderungen auf unserem Weg befindet sich unser Land heute in einer guten Lage“, sagte De Croo.

Diese Einschätzung wird von den Oppositionsparteien nicht geteilt. Dennoch gilt es als sicher, dass die Abgeordneten der Liberalen (Open VLD und MR), Sozialisten (Vooruit und PS) und Grünen (Groen und Ecolo) beider Landesteile sowie der flämischen Christlichen Demokraten (CD&V) der Regierung am Donnerstag das Vertrauen aussprechen werden.

Kritik der Opposition an Haushaltsbeschlüssen

Die Reaktionen aus den Reihen der flämischen Oppositionsparteien (dem rechtsextremen Vlaams Belang und der der Neu-Flämischen Allianz/N-VA) und der gesamtbelgischen linkspopulistischen PTB/PVDA auf die am Montag getroffenen haushaltpolitischen Vereinbarungen der „Vivaldi“-Koalition gaben jedoch auf einen Vorgeschmack auf die kommende Parlamentsdebatte und den Wahlkampf.

N-VA-Fraktionschef Peter De Roover hielt der Regierung vor, das haushaltspolitische Chaos vor sich her zu schieben. Die Vlaams Belang-Fraktionsvorsitzende Barbara Bas bemängelte, die Regierung schaffe im Haushalt nicht mehr Spielräume für wirkliche Verbesserung der Kaufkraft, „für neue Asylsuchende dafür umso mehr“. PTB/PVDA-Parteichef Raoul Hedebouw reagierte empört auf den Beschluss der Regierung, die Möglichkeiten für die weniger Sozialbeiträgen unterliegenden sogenannten Flexi-Jobs zu erweitern: „Anders ausgedrückt: Die Menschen dürfen sich in flexiblen Jobs kaputt schuften, um über die Runden zu kommen.“

De Croo: Belgien hält 2024 die EU-Haushaltsvorgaben ein

Die erweiterten Möglichkeiten für Flexi-Jobs waren ein Teil des von der Regierung geschnürten Maßnahmenpakets, das den Staatshaushalt im kommenden Jahr um 1,2 Milliarden Euro entlasten soll. Dazu gehören zum Beispiel höhere Tabaksteuern, aber auch eine neue Abgabe für Banken. De Croo stellte in Aussicht, dass Belgien 2024 die sogenannte Maastricht-Obergrenze von drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) einhalten werde. Legt man aber nicht nur die Finanzen des Bundesstaats, sondern auch die der übrigen Gebietskörperschaften zugrunde, dürfte die Neuverschuldung allerdings eher fünf Prozent entsprechen.

Regierung hat Versprechen gehalten“

De Croo kam es, den nun beginnenden Wahlkampf vor Augen, offenbar darauf an, ein positives Bild des Landes – und der Regierungsarbeit – zu zeichnen. “Viele haben Versprechen gegeben. Wir haben Versprechen gehalten“, sagte De Croo und führte einige Beispiele dafür an. Dazu zählen die Anhebung der Mindestrente auf monatlich 1500 Euro, die Reaktion auf die Energiekrise oder auch die Verteidigung der Kaufkraft der Bevölkerung. Ein „soziales Blutbad“ sei ausgeblieben. In der Eurozone habe Belgien zuletzt bessere Wachstumsraten als Deutschland und Frankreich vorzuweisen.

Als Teil der eingelösten Versprechen nannte De Croo eines, das die „Vivaldi“-Koalition bei ihrem Amtsantritt vor drei Jahren ausdrücklich nicht gegeben hatte: die Laufzeitverlängerung für zwei Kernkraftreaktoren. Kernenergie und erneuerbare Energien – Belgien werde beides benötigen, um das Ziel der Klimaneutralität zu erreichen, sagte der Regierungschef.

Belgischer EU-Ratsvorsitz im ersten Halbjahr 2024 im Blick

De Croo ließ erkennen, dass er den belgischen EU-Ratsvorsitz im ersten Halbjahr 2024 dazu nutzen möchte, im Wahlkampf das Image des Landes aufzupolieren. Es gehe darum, Europa „stärker, grüner und sicherer“ werden zu lassen. Einen Ausblick auf die kommenden Auseinandersetzungen gab De Croo, dessen liberale Partei bei den jüngsten Umfragen in Flandern mit 8,2 Prozent auf den fünften Platz abgerutscht ist, mit seinen Ausführungen zum Zustand der Demokratie.

Wer Vertrauen erbittet, muss auch für Vertrauen sorgen“

Ohne Parteien beim Namen zu nennen, warnte der Regierungschef vor „Untergangsdenken“, populistischen Sprüchen, „Fake News“ sowie der Neigung, sich von anderen abzugrenzen. „Es gibt eine große schweigende Mehrheit, die sich für Zusammenarbeit entscheidet“, sagte De Croo. Unter Hinweis auf die Befindlichkeit junger Wähler hatte der Regierungschef zuvor erklärt: „Wir, die wir Vertrauen erbitten, müssen auch für Vertrauen sorgen.“

 

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