
Von Jürgen Klute
Schon seit geraumer Zeit wird um die zukünftige Nutzung einer Brache von rund 24 Hektar gestritten, die nördlich des Josaphat-Parks auf dem Gebiet der beiden Gemeinden Schaerbeek und Evere liegt. Ehemals wurde die Fläche von der belgischen Bahn genutzt. Heute gehört die „Friche Josaphat“, so der Name der Brache, der MSI (Maatschappij voor Stedelijke Inrichting / Gesellschaft für Stadtentwicklung) (siehe: Vive les frites – vive les friches – Belgieninfo).
Während die Eigentümerin MSI dort insgesamt rund 1000 Wohnungen bauen will, wollen Naturschützer das Gelände auf Grund seiner Artenvielfalt an Tieren und Pflanzen und angesichts der Klimaerwärmung als kühlende Grünfläche inmitten Brüssels erhalten.
Am 7. Juni berichtete Bruzz.be, dass die Naturschützer offenbar eine reale Chance haben, sich mit ihrem Anliegen in dem Streit um die Nutzung der Brache durchzusetzen.
Bereits im November 2021 hatte eine Initiative ein Moratorium für den Stadtentwicklungsplan „PAD Josaphat“ gefordert und eine entsprechende Online-Petition gestartet. Wie Bruzz nun berichtet, stehen die Chancen derzeit gut, dass es tatsächlich zu einem solchen Moratorium auf Brüsseler Ebene kommt und damit auch die Bebauungspläne für die „Friche Josaphat“ vorerst gestoppt würden.
Die endgültige Nutzung der „Friche Josaphat“ sollte in einem Flächennutzungsplan geregelt werden, der den Rahmen für einen Bebauungsplan darstellt. Der Flächennutzungsplan kam aber bisher nicht zustande, da die Brüsseler Regierung keine Einigung über den Plan erzielen konnte.
Die MSI hat daraufhin kurzerhand mit Unterstützung der zuständigen und von den französischsprachigen Sozialisten (PS) dominierten Verwaltungsräte den Bau einer ersten Reihe von 509 Wohnungen in Auftrag gegeben.
Kommt es zu dem geplanten Moratorium, dann würde das die Pläne der MSI durchkreuzen und der geplante Bau der Wohnungen müsste vorerst gestoppt werden.
Am vergangenen Montag wurde die Idee eines Moratoriums bereits im Planungsausschuss des Brüsseler Parlaments (commissie voor Territoriale Ontwikkeling) diskutiert. Mit Unterstützung der Liberalen, Les Engagés und der N-VA könnten die Grünen eine knappe Parlamentsmehrheit für ein Moratorium erreichen. Die genannten Parteien haben sich zumindest grundsätzlich für den Erhalt und Schutz von Grünflächen in Brüssel ausgesprochen.
Zusammen kommt diese etwas ungewöhnliche situative Parlamentskoalition auf 43 der 89 Sitze im Brüsseler Parlament. Für eine Mehrheit fehlen also nur zwei Stimmen. Zwei weitere Parlamentsmitglieder für das geplante Moratorium zu gewinnen, ist keinesfalls aussichtslos. Eine Mehrheit käme aber auch dann zustande, wenn von den Parteien, die dem Moratorium bisher nicht zustimmen wollen, nicht alle Abgeordneten bei einer Abstimmung anwesend wären. So hat die Tatsache, dass es nach mehr als einem Jahr nach den Wahlen noch immer keine neue Brüsseler Regierung gibt (stattdessen immer einmal wieder wechselnde Mehrheiten im Parlament), hier auch seine guten Seiten, jedenfalls aus Sicht der Naturschützer.
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