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Von Rainer Lütkehus
Wie den Daten der deutschen Bundesnetzagentur zu entnehmen ist, nimmt Belgien zurzeit den dritten Platz unter den Ländern ein, aus denen Deutschland Erdgas importiert, und zwar nach Norwegen und den Niederlanden. Diese drei Länder haben zusammen einen Anteil von 95 Prozent an Deutschlands Erdgasimporten.
Die für Netzmärkte zuständige Behörde dokumentierte für den 29. August einen Erdgasstrom nach Deutschland im Umfang von 749 Gigawattstunden (GWh) aus Norwegen, 528 GWh aus den Niederlanden und 390 GWh aus Belgien. Über seine neuen Flüssigerdgas-(LNG)-Terminals bezog Deutschland direkt LNG, das per Schiff angeliefert wird, im Umfang von 77 GWh. Vor einem Jahr, am 29. August 2022, gelangte überhaupt kein LNG direkt nach Deutschland, dafür aber noch 348 GWh Pipelinegas aus Russland. Moskau hatte vor einem Jahr seine Erdgasexporte nach Deutschland über die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 systematisch gedrosselt und Ende August 2022 vollständig eingestellt.
Belgien verfügt zwar, anders als Norwegen und die Niederlande, über keine eigenen Erdgasvorkommen. Es ist aber wegen seiner Pipeline-Anbindungen und LNG-Terminals ein wichtiges Gas-Transitland, das das Erdgas, das bei ihm ankommt, an seine Nachbarländer weiterleitet.
Die in den Daten der Bundesnetzagentur erfassten Importmengen enthalten auch mögliche Ringflüsse. So werden grenzüberschreitende Gasflüsse bezeichnet, die Deutschland an einem Grenzübergangspunkt verlassen und an anderer Stelle wieder nach Deutschland zurückgeleitet werden.
Woher bezieht Belgien das Gas? AfDler behaupten Belgisches Gas kommt aus Russland. Kann das sein?
Laut eines offiziellen belgischen Berichts hat Russland 2019 etwa 3 % seines Erdgases aus Russland bezogen (Quelle – siehe S. 12 der PDF: https://economie.fgov.be/de/file/338958/download?token=0coffyiZ#:~:text=Seit%20den%201960er%2DJahren%20importiert,schrittweise%20vom%20Markt%20genommen%20werden.). Nach Aussagen eines Artikels im Flanderninfo vom März 2022 sollen die Zahlen die Gaslieferungen aus Russland sehr viel höher sein. Allerdings geht es in diesem Artikel vor darum, gegen den Ausstieg Belgiens aus der Atomstromproduktion zu argumentieren (Quelle: https://www.vrt.be/vrtnws/de/2022/03/08/auch-der-belgische-energieregulator-creg-spricht-sich-gegen-den/). Im Belgieninfo hat Rainer Lütkehus im August und im September 2023 etwas zur Versorgung Belgiens mmit Erdgas geschrieben: https://belgieninfo.net/belgiens-gasspeicher-zu-89-prozent-gefuellt/ und https://belgieninfo.net/belgien-auf-platz-zwei-bei-den-europaeischen-importen-von-russischem-fluessigerdgas/.
In einem Beitrag vom 30. September 2023 hat DIE TAGESSCHAU darüber berichtet, dass ich nach Angaben der finnischen CREA die Importe von Flüssigerdgas (LNG) in die EU aus Russland insgesamt deutlich erhöht haben. Aber LNG unterliegt auch nicht den EU-Sanktionen – die Importe verstoßen also nicht gegen EU-Regelungen, wie der Bericht der Tagesschau betont.
Mit anderen Worten: Die Situation ist etwas komplex. Über viele Jahre bezog Belgien den Großteil seines Gases aus den Niederlanden und aus Norwegen. Aber die Niederlande haben ihre Gasfelder mittlerweile stillgelegt. Für eine Übergangszeit muss also für Ersatz gesorgt werden für die weggefallen Bezugsquellen. Dazu dient bis zu einem gewissen Umfang offensichtlich auch LNG aus Russland. Belgien bezieht aber eben auch zunehmend LNG aus Katar.
Trotz aller Komplexität lässt sich aber ganz klar sagen: Die Behauptung der AfD, belgisches Gas komme aus Russland, stimmt nicht. Und Belgien war wohl auch nie so abhängig von russischen Gaslieferungen wie die Bundesrepublik.