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Belgien auf Platz Zwei bei den europäischen Importen von russischem Flüssigerdgas

© Fluxys

 Von Rainer Lütkehus

Über das Flüssigerdgas-Terminal in Zeebrugge gelangt das zweitmeiste  russische Flüssigerdgas (LNG) in die Europäische Union. Das und die Tatsache, dass immer mehr russisches LNG per Schiff in die EU gelangt, hat die auf Rohstoffausbeutung spezialisierte Nichtregierungsorganisation Global Witness herausgefunden. Demnach importierte die EU in den ersten sieben Monaten dieses Jahres 52 Prozent des von Russland exportierten LNG und gab dafür fast 5,3 Milliarden Euro aus. Im vergleichbaren Zeitraum von 2022 und 2021 habe der Anteil noch bei 49 Prozent beziehungsweise 39 Prozent gelegen. Der Handel laufe dabei in erster Linie über Spanien und Belgien und werde nur noch von China übertroffen.

 Belgien sei, wie Global Witness berichtet,  mit 17 Prozent der drittgrößte Abnehmer von russischem LNG weltweit, nach China (20 Prozent) und Spanien (18 Prozent). Im Zeitraum von Januar bis Juli 2021 habe Spanien noch den fünften  Platz belegt und Belgien den siebten.  

 Zwischen Januar und Juli 2023 hätten die EU-Länder 22 Millionen Kubikmeter LNG gekauft, verglichen mit 15 Millionen Kubikmetern im gleichen Zeitraum im Jahr 2021 – ein Anstieg von 40 Prozent, schreibt die Nichtregierungsorganisation. Dies sei ein viel stärkerer Anstieg als der weltweite durchschnittliche Anstieg der russischen LNG-Importe, der bei 6 Prozent liege. Die EU-Länder kauften mittlerweile den Großteil der russischen Lieferungen und sicherten damit eine der wichtigsten Einnahmequellen des Kremls, heißt es weiter. Global Witness beruft sich bei seiner Analyse auf Daten, die das französische und auf Rohstoffhandel spezialisierte Datenanalyseunternehmen Kpler gesammelt hat.

 Die EU-Kommission stellte die Recherche nicht infrage, reagierte darauf aber gelassen. Zwar importiere die EU derzeit mehr russisches LNG als vor der Invasion Russlands in der Ukraine vor 18 Monaten; im gleichen Zeitraum sei aber der deutlich umfangreichere Gasimport über Pipelines aus Russland um über 80 Prozent zurückgegangen. Seit der Zerstörung der NordStream- und der Schließung der Jamal-Pipeline (durch Polen) fließt russisches Erdgas noch über die Ukraine beziehungsweise über die Türkei in die EU.

 Die Erdgasimporte der EU aus Russland (LNG und Pipelinegas) seien seit Februar 2022 um zwei Drittel zurückgegangen, argumentierte der Kommissionssprecher. Das Importvolumen sei von 155 Milliarden Kubikmeter im Jahre 2021 auf 80 Milliarden Kubikmeter 2022 und auf 21 Milliarden Kubikmeter im ersten Halbjahr 2023 gesunken. Davon sei auf russisches LNG 2021 ein Volumen von 13,5 Milliarden Kubikmetern entfallen. 2022 seien es 19,3 Milliarden  Kubikmeter und im ersten Halbjahr 2023 10,8 Milliarden Kubikmeter gewesen. Damit würden die EU-Importe von russischem LNG 2023 so hoch ausfallen wie 2022.

 Nach Angaben des EU-Statistikamts Eurostat ist der Anteil Russlands an den LNG-Lieferungen in die EU-Staaten im Vergleich der ersten drei Monate der Jahre 2022 und 2023 von 18,1 auf 13,2 Prozent zurückgegangen.  Mit Abstand wichtigster LNG-Lieferant sind weiter die Vereinigten Staaten, deren Anteil von 48,6 auf  40,2 Prozent sank. Dagegen konnten Qatar (mit einem Zuwachs von 10,7 auf 13,1 Prozent), Algerien (von 4,3 auf 6,7 Prozent  sowie das in der Statistik für 2022 nicht namentlich erwähnte Norwegen (zuletzt 6,6 Prozent)  ihre Marktanteile ausbauen.

 Der Kommissionssprecher äußerte die Erwartung, dass die EU  mithilfe des „RepowerEU-Plans“, durch den die EU unabhängiger von Energieimporten aus Russland werden soll, die Importe von russischem LNG weiter verringern werde. Zudem werde gerade das sogenannte Dekarbonisierungspaket des Gasmarktes zwischen dem EU-Energieministerrat und dem EU-Parlament ausgehandelt. Dazu gehöre die Möglichkeit für die EU-Mitgliedstaaten, LNG-Importe aus Russland zu verbieten. 

 Die Regierung Belgiens, über dessen LNG-Terminal laut Global Witness das zweitmeiste russische LNG in die EU gelangt, und davon wohl auch viel nach Deutschland (siehe Artikel “Über Belgien kommt das drittmeiste LNG nach Deutschland”),  sieht diese Möglichkeit  skeptisch. Das Problem würde sich nur in andere EU-Länder verlagern. Nur EU-weite Sanktionen würden helfen. Die spanische Regierung sieht das ähnlich.

Anders als für Kohle und Erdöl hat die EU noch keine Sanktionen gegen russische Erdgasimporte verhängt.

 

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