Von Gert Verhellen
Mitte Juni wurde in der belgischen Botschaft in Berlin die Rückkehr eines Königs nach Brügge gefeiert. Damit fand eine abenteuerliche Odyssee nach über 200 Jahren ein glückliches Ende. Bei dem König handelt es sich allerdings nicht um einen Monarchen, sondern um einen Schützenkönig. Und nicht der König kommt nach Hause, sondern ein Gemälde, auf dem er verewigt wurde.
Im Jahr 1705 gewann Lodewijk Mulier die Schützenkrone der Sankt-Georgs-Gilde zu Brügge (Koninklijke & Prinselijke Hoofdgilde Sint-Joris Stalen Boog Brugge vzw). Zu seinen Ehren wurde ein Porträt angefertigt, das dann lange in den Räumlichkeiten der Gilde hing. Im Jahr 1794 besetzten und plünderten französische Revolutionstruppen die Stadt und zerstörten zahlreiche Gebäude. Seither war auch das Porträt des Schützenkönigs verschollen.
Wie sich herausstellte, war es aber nicht verloren, denn in den 1930er Jahren tauchte es in Berlin wieder auf. Es landete als Mietzahlung bei der Familie Walczuch, überstand mit Glück den Zweiten Weltkrieg und fristete in den vergangenen Jahren bei der Besitzerin Heike Walczuch ein verborgenes Leben hinter einem Schrank.
Deren Nichte, Svea Brüsshaver, und ihre Freundin Ursula Schneider machten sich auf die Suche nach der Herkunft des Gemäldes und nahmen Kontakt zur Sint-Jorisgilde auf. Mit Hilfe des flämischen Historikers Marc Lemahieu, der sich viel mit den Brügger Gilden beschäftigt hat, konnte der Porträtierte schließlich identifiziert werden.
Heike Walczuch entschloss sich daraufhin, das Gemälde der Gilde zu schenken, damit es an seinen ursprünglichen Ort zurückkehren kann. Bei strahlendem Wetter wurde am 16. Juni in der belgischen Botschaft in Berlin die Schenkung feierlich besiegelt. In Anwesenheit von Botschafter Piet Heirbaut und des flämischen Gesandten Bart Brosius unterzeichneten Frau Walczuch und der Vorsitzende der Schützengilde Joost Danneels die entsprechende Urkunde.
Das Gemälde des Schützenkönigs von 1705 wird jetzt restauriert und dann seinen Platz im Haus der Sint-Jorisgilde zu Brügge wiederfinden. Das Gildenhaus kann man auf Voranmeldung besuchen. Interessierte können sich dabei über die Geschichte und die mit der Armbrust verbundenen Traditionen der Gilde informieren, die vor wenigen Jahren ihr 700jähriges Bestehen feiern konnte.
Internetseite: http://www.st-jorisbrugge.be/index.php
Fotos: Marc Lemahieu
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