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In belgischen Haushalten ruhen ungeahnte Schätze

 55 Millionen ungenutzte Elektrogeräte könnten wiederverwertet werden

© Recupel

Von Reinhard Boest

Noch bis zum 24. November läuft in diesem Jahr die „Europäische Woche der Abfallvermeidung“. Diese Initiative, die 2009 mit einem regionalen Projekt des EU-Umweltprogramms LIFE+ begonnen hat, stützt sich heute auf konkrete Aktionen in allen Mitgliedstaaten, vor allem von Kommunen und Nichtregierungsorganisationen. In Belgien gehört dazu Recupel, ein 2001 gegründeter Verein, der die Rücknahme und Wiederverwertung von Elektro- und Elektronikgeräten organisiert.

Anlass für die Gründung war die Einführung der Rücknahmepflicht für solche Geräte durch EU-Recht, beginnend mit Haushaltsgroßgeräten wie Waschmaschinen und Kühlschränken, die nach und nach auf weitere Produktkategorien ausgedehnt wurde. Mitglieder des Vereins sind die Hersteller und Importeure. Im Jahr 2023 hat Recupel nach eigenen Angaben knapp 42 Millionen Geräte mit einem Gewicht von 128.000 Tonnen zurückgenommen; 83 Prozent davon wurden wiederverwertet, vor allem Metalle und Plastik.

Diese Zahlen sind allerdings nicht die ganze Wahrheit: sie erfassen nämlich nur die Mengen, die bei Recupel “ankommen”. Nach den letzten verfügbaren Zahlen des europäischen Statistikamts Eurostat (2022) liegt der Anteil von Elektro- und Elektronikschrott, der überhaupt getrennt gesammelt wird, in Belgien nur bei knapp 50 Prozent, dabei immerhin besser als der EU-Durchschnitt von etwas unter 40 Prozent und besser als in den Nachbarländern Deutschland, Frankreich und den Niederlanden. 2022 waren es in Belgien 164.637 Tonnen, das heißt rund 35.000 Tonnen landen bei anderen Sammelstellen als Recupel (genauere Zahlen hier). Was mit der anderen Hälfte des Abfalls geschieht, der anscheinend nicht getrennt gesammelt wird, ist (jedenfalls statistisch) nicht erfasst. Viel davon landet vielleicht im “normalen” Müll oder auf Deponien in Afrika.

Die “Sammelquote” definiert das EU-Recht als Anteil der getrennt gesammelten Elektro- und Elektronik-Altgeräte am Gewicht der im Durchschnitt der vorangehenden drei Jahre neu auf den Markt gebrachten Geräte. Der Anteil sollte 2016 bei 45 Prozent liegen und bis 2019 auf 65 Prozent steigen. Dieses selbstgesetzte Ziel hat kein Mitgliedstaat erreicht. Erst 2022 haben immerhin 16 Mitgliedstaaten die Quote von 45 Prozent geschafft oder blieben knapp darunter.

Recupel hat die Aktionswoche für die Vorstellung einer Studie genutzt, die auf die in belgischen Haushalten ruhenden Reserven an wiederverwertbaren Stoffen aufmerksam macht: rund 55 Millionen Elektrogeräte liegen ungenutzt in belgischen Haushalten herum. Recupel veranschaulicht, wie enorm diese Menge ist: man könnte damit achtmal den Tour Bastion an der Porte de Namur in Brüssel füllen oder fünfmal den Boerentoren in Antwerpen. Während der Aktionswoche werden Fresken aus aufgehäuften Geräten an die Fassaden dieser beiden Türme projiziert, um eine breite Öffentlichkeit für das Thema zu sensibiliseren.

In den belgischen Haushalten befanden sich 2024 insgesamt rund 549 Millionen Elektro- und Elektronikgeräte, das heißt pro Haushalt im Schnitt 106 (gegenüber 78 im Jahr 2019). Dazu gehören zwei elektronische Spielzeuge, 10 Computer- und Telekommunikationsgeräte sowie 14 elektronische Geräte in der Küche.

Im Durchschnitt werden 12 vorhandene Geräte nicht mehr benutzt. Dazu gehören etwa Lichterketten, Fahrrad- oder Taschenlampen, elektronisches Spielzeug, Verlängerungskabel oder alte Mobiltelefone. Einige funktionieren noch, andere sind kaputt. Die Studie hat ermittelt, warum die Leute sie nicht wegbringen. „Damit gehen wertvolle Rohstoffe wie Metalle, Kunststoffe oder Glas einer Wiederverwertung verloren“, sagt Eric Dewaet, der Chef von Recupel. Durch konsequentes Recycling könne auch problematischer Bergbau oder illegale Entsorgung im Ausland reduziert werden.

Die meisten Befragten sagen, es gebe nicht genügend Anreize, Geräte abzugeben, oder meinen, vielleicht könne man sie ja doch noch reparieren. Anderen ist das ganze einfach „zu kompliziert“. Das dürfte vor allem dann gelten, wenn das Gerät online und dann womöglich auch im Ausland gekauft wurde. 12 Prozent der Befragten wissen nicht, wo Elektrogeräte abgegeben werden können – und 8 Prozent nicht einmal, dass kaputte Elektrogeräte wiederverwertet werden können. Fast 14 Prozent haben Geräte auch schon einmal mit dem normalen Hausmüll entsorgt, was bei der Verbrennung zu Umweltproblemen führen kann.

Recupel ruft die die Bevölkerung dazu auf, nicht mehr benutzte Geräte zurückzubringen. Das kann etwa bei den kommunalen Recyclingparks erfolgen, wo Recupel oft Annahmestellen unterhält. Auch auf Wochenmärkten ist Recupel zuweilen präsent oder organisiert Rücknahme- oder Reparaturangebote. Kaputte Geräte können auch in manchen Läden oder Supermärkten abgegeben werden, also nicht nur dort, wo sie gekauft wurden.

Wie man sieht, ist noch viel zu tun, damit Elektro- und Elektronikschrott nicht die Umwelt belastet und stattdessen als wertvolle Rohstoffquelle zur Entwicklung einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft genutzt wird.

English version: https://belgieninfo.net/wp-content/uploads/2024/11/Recupel-EN.pdf

Bildergalerie: https://recupel.prezly.com/media

 

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