7 Kilometer, mindestens zwei Stunden (mit Zwischenstopps), leicht, überwiegend befestigt.
Startpunkt: Vrijetijdscentrum, Maalzaakstraat 21, 9680 Maarkedal
Anreise mit ÖPNV: IC ab Brüssel Central bis Oudenaarde, De Lijn Bus 61 Richtung Ronse/Renaix bis Etikhove; stündlich, Dauer etwa anderthalb Stunden
Von Michael Stabenow
Man muss kein Radsportfanatiker sein, um sich in den Bann der Flämischen Ardennen ziehen zu lassen. In der bis auf gut 150 Meter über den Meeresspiegel ansteigenden hügeligen Landschaft zwischen dem mittelalterlich geprägten Oudenaarde im Norden und Ronse (Renaix) im Süden befinden sich legendäre Steigungen der „Ronde van Vlaanderen“ (Flandern-Rundfahrt), die schon beim Hinschauen – geschweige denn beim Pedalieren – das Herz eines jeden Zweiradfreundes höher schlagen lässt: Oude Kwaremont, Paterberg, Taaienberg oder Koppenberg. Richtig entspannt genießen lässt sich die Landschaft, wenn man auf Auto oder Rad verzichtet und die Wanderschuhe schnürt.
Wer sich nicht nur zu Fuß fortbewegen möchte, sondern dabei auch Eindrücke des Wirkens von zwei flämischen Landschaftmalern gewinnen möchte, ist auf dieser durch die Gemeinde Maarkedal führenden und rund sieben Kilometer langen Rundwanderung gut aufgehoben. Die unter dem Motto „Buitenkunst“ (Kunst im Freien) und entsprechend beschilderte Route verbindet reizvolle Ausblicke auf die grüne Umgebung mit Einblicken in das Wirken der in diesem Landstrich tätigen Maler Valerius De Saedeleer (1867 bis 1942) und Leo Piron (1899 bis 1962).
Entlang der Route sind bis Anfang kommenden Jahres insgesamt neun Reproduktionen von Werken der beiden ursprünglich in Aalst beheimateten Maler aufgestellt. Die Gemälde könnten an den jeweiligen Standorten entstanden sein – oder auch nicht. Ganz so sicher scheinen sich die Veranstalter da nicht zu sein. Eindeutig ist jedoch ihr Ziel: einerseits das Werk der beiden Künstler angemessen zu würdigen, andererseits aber auch die Notwendigkeit der Erhaltung gewachsener Kulturlandschaften zu verdeutlichen. Dazu gehört die Wiederanpflanzung von Bäumen – an einer Stelle des Rundwegs durch junge Obstbäume bereits verwirklicht.
Träger des Projekts sind die zur Wahrung und Fortentwicklung des Waldbestandes gegründete Organisation Bos+ sowie die Gemeinde Maarkedal, mit Unterstützung des EU-Förderprogramms Leader und des von der König Baudouin-Stiftung verwalteten Leo Piron-Fonds.
Der Rundweg beginnt und endet an dem am Rand von Etikhove, einem Dorf der Gemeinde Maarkedal, gelegenen Sport-, Jugend- und Kulturzentrum „De Maalzaak“. Als wir an letzten Samstag im Mai dort eintrafen, lag das Zentrum verwaist da. Und das in Aussicht gestellte Faltblatt („Routefolder) haben wir vergeblich gesucht; das Plastikgehäuse, in dem das gute Stück liegen sollte, war gähnend leer.
Wir haben uns dadurch nicht entmutigen lassen, sondern uns einfach auf den Weg gemacht. Unserem Instinkt folgend, haben wir den Parkplatz verlassen und die Maalzaakstraat in südwestlicher Richtung (nach links) gewählt – in unserem Fall keine falsche Entscheidung. Denn kurz hinter dem Zentrum entdeckten wir rechterhand ein – leider ziemlich klein geratenes – weißes Schild mit der Aufschrift, in zwei Worten, „Buiten Kunst“. Der Weg ist dennoch insgesamt gut ausgezeichnet. Die ersten paar hundert Meter auf Betonuntergrund, auch nach der ersten Abzweigung nach links, muten wenig spektakulär an.
Nach dem Passieren einer einspurigen Bahnstrecke entdecken wir auf der rechten Seite die erste der aufgestellten neun Reproduktionen von Gemälden. Den Anfang macht das von Leo Piron – nach der Hochzeit mit einer Tochter von De Saedeleer dessen Schwiegersohn – gemalte und in Privatbesitz befindliche Landschaftsbild mit der Bezeichnung „Die Flämischen Ardennen zur Erntezeit“, das harmonisch in die Umgebung eingepasst wirkt.
Während Piron kleinere, miniaturartig wirkende Gemälde vorzog, wählte Schwiegervater De Saedeleer, der als Vertreter einer symbolistischen Kunstrichtung gilt, etwas größere Formate. Beide konzentrieren sich jedoch auf die Landschaft, gerne auch mit winterlichen Motiven, und verzichten darauf, Menschen oder Tiere ins Bild zu rücken. Dabei wird dennoch deutlich, dass es um im Zusammenwirken von Mensch und Natur im Laufe der Zeit entstandene Kulturlandschaften geht.
Erläuterungen zu den Gemälden, aber auch zum Projekt „Buitenkunst“ sind über audiovisuelle, per QR-Code auf dem Handy abrufbare Beiträge zu erhalten – leider nur in niederländischer Sprache. So schildern mehrere heutzutage in dem Gebiet heimische Bewohner ihre Eindrücke. Tatsächlich blicken wir schon nach dem Abhören des ersten Beitrags mit etwas anderen Augen auf die Umgebung. In die Gegenwart zurück holt uns kurz darauf unvermittelt der Anblick des Eiscafés und Tea-Rooms „Hof Vanys“. Leider ist das Etablissement „nur bei gutem Wetter“ sowie an mittwochs, freitags (in der Ferienzeit) sowie samstags und sonntags und dann nur von jeweils 14.30 bis 17.30 Uhr geöffnet. Auch wer zu früh kommt, den kann das Leben zuweilen bestrafen!
Wir lassen uns jedoch entmutigen, Wir biegen nach links ab, lassen das geschlossene Lokal linkerhand liegen und gehen ein Stück auf einem unbefestigtem, von Bäumen gesäumten Stück, bis wir ein weiteres Mal auf einen Betonweg stoßen. Dort zweigen wir nach rechts ab in Richtung des Holebeekpad. Er ist benannt nach einem kleinen Bach, der, wie wir später auf einem winterlichen Gemälde De Saedeleers aus dem Jahr 1929 ersehen können, einst – naturbelassen mäandrierend – ordentlich über die Ufer treten und die Wiesen fluten konnte. Auf der gegenüberliegenden Seite des Wegs, hinter dem das Gelände sanft ansteigt, haben wir „De Beukenlijst“ entdeckt, eines von zwei auf der Rundwanderung gezeigten zeitgenössischen Werken aus Holz des Künstlers Dries Van der Heyen.
Auf einem schmalen Weg, gesäumt von alten Laubbäumen und Wiesen mit grasenden Rindern, gewinnen wir an Höhe, bis wir auf der Höhe an einem Backsteinbau nach links auf eine – betonierte – Straße abzweigen. Rechts erkennen wir in der Ferne eine nach ihrer Zerstörung im vergangenen Jahrhundert wieder aufgebaute Getreidemühle. Wir erblicken etwas später, an einem Rechtsknick, linkerhand ein recht stattliches Anwesen und gehen anschließend auf einem von wenigen Wohnhäusern und vielen Bäumen am Rand geprägten Weg weiter.
Kurz darauf gelangen wir an eine Kreuzung. Rechts lädt eine Bank zum Verweilen ein. Im Rücken befindet sich das Haus (Villa Tynlon), in dem De Saedeleer einst gelebt hat. In der Gegenrichtung kann man den Blick weit über die friedlich wirkende sanfte Hügellandschaft der zur Provinz Ostflandern gehörenden Flämischen Ardennen schweifen lassen. Von dem in der Nähe gelegenen „Centrum voor Kunst en Cultuur Valerius De Saedeleer“, das heute verlassen wirkt, wissen wir nur, dass es auf Betreiben seiner Tochter Elisabeth 1970 eröffnet worden ist (Elisabeth De Saedeleer | VAi Archiefhub).
Kurz darauf verlassen wir die Straße und laufen ein längeres Stück auf unbefestigtem Untergrund weiter – zunächst auf einem klassischen Feldweg, später dann, stetig bergab, auf einem schmaleren, links von Waldstücken gesäumten Pfad. Nachdem wir zunächst rechterhand in der Ferne eine etwas größere Siedlung sehen können, richten wir etwas später den Blick nach links auf die große, noch romanische Bauelemente aus dem 12. Jahrhundert aufweisende, aber insgesamt neoklassisch geprägte Sankt Brixius-Kirche im Zentrum von Etikhove.
Hier scheint die Zeit irgendwie vor Jahrzehnten oder gar Jahrhunderten stehen geblieben zu sein. Wir wollen aber weiter ziehen. Die Beschilderung führt uns in die flämische Gegenwart zurück: zunächst nach rechts und dann wieder nach links in ein Wohnviertel, in dem, wie es sich in Belgien gehört, ein Haus nicht dem anderen gleicht. Etwas später biegen wir nach rechts auf einen Feldweg ein. Wir passieren ein letztes Mal ein reproduzierte Gemälde – „Dromerijen“ von Leo Piron – sowie die an ein Totem erinnernde Holzskulptur des zeitgenössischen Künstlers Dries Van der Heyden. Nachdem wir ein weiteres Mal die Bahnstrecke überquert haben, gelangen wir nach einigen hundert Metern, um einige Erkenntnisse zu den Flämischen Ardennen, ihrem natürlichen und künstlerischem Vielfalt reicher, zum Ausganspunkt unserer Rundwanderung zurück.
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