Aktuell, Belgischer Alltag

Der Museumpass – ein Rezept wider den trüben belgischen Alltag

Von Michael Stabenow

2024 verabschiedet sich so, wie es gekommen ist: grau, feucht, trostlos. Immerhin – wer auf Rekorde steht, kann dieses Jahr rot im Kalender markieren. Nicht weniger als 1177 Liter Niederschlag pro Quadratmeter vermeldete bisher die Wetterstation im Brüsseler Stadtteil Uccle. Die bisherige Rekordmarke – 1088,5 Liter – stammt aus dem Jahr 2001.

Ach ja – in den vergangenen Tagen hat der Wettergott noch eine besondere Duftmarke gesetzt. Wenn etwas von oben kam, dann war es in Form klitzekleiner Tröpfchen. Die Experten sprechen dann von Nebelnässe. Uns ist es gleichgültig, wie man das Phänomen nennt. Es änderte nämlich nichts daran, dass auch jetzt auf unseren Wanderrouten fast alles wie meist im Jahr 2024 war: aufgeweichte, matschige Wege, übersät mit Pfützen unterschiedlicher Größe.

Ehrlich gesagt, das diesige Wetter verlieh dem Ganzen dieser Tage eine besondere, nicht unbedingt fröhlicher stimmende Note. Natürlich haben wir dennoch in den vergangenen Monaten nach Wegen gesucht, unserem Bewegungsdrang weiter gerecht zu werden. Einige Waldpfade konnten der Dauerberieselung – oder sollen wir nicht besser „Dauerbeschüttung“ sagen? – von oben ganz gut standhalten. Und man kann ja bekanntlich auch auf Beton und Asphalt laufen – vor allem dann, wenn man auf knallhartem Untergrund geht.

Wir haben uns 2024 nicht nur im Freien auf knallharten Grund bewegt, sondern auch vermehrt in Innenräumen. 59 Euro pro Jahr kostet der „Museumpass“ (Le pass musées | museumPASSmusées). Wir transportieren das in Form einer Scheckkarte auf unseren Namen ausgestellte Dokument bequem in unsere Brieftasche. Und wenn wir die Karte mal wieder irgendwo verlegt haben, lässt sie sich leicht auffinden. Dank der rötlichen Farbe und der schwarzweißen Aufschrift ist der Museumpass nur schwer zu übersehen.

Bei nicht weniger als 254 Museen, die den stolzen Passbesitzern Einlass gewähren, hat man regelrecht die Qual der Wahl. Im Angebot sind „Klassiker“ wie die Museen für schöne Künste von Antwerpen (KMSKA) und Gent (MSK), das Groeningemuseum in Brügge oder der immer wieder mit interessanten Ausstellungen lockende Brüsseler BOZAR-Kunstpalast. Oder wie wäre es mit weniger bekannten Sehenswürdigkeiten? Zum Beispiel mit dem Gallo-Römischen Museum in Ath (Provinz Hennegau), dem Lütticher Trinkhall-Museum, das mehr hält als der Name verspricht, oder dem Modemuseum in Hasselt (Provinz Limburg).

Wie komme ich dahin, werden Sie vielleicht fragen. Vielleicht auf Wanderschuhen? Nicht unbedingt. Natürlich lassen sich viele Ziele am schnellsten per Tritt aufs Gaspedal erreichen. Aber wer nicht zu weit von einem Bahnhof wohnt, kann sich – meist – ruhigen Gewissens der Bahngesellschaft SNCB/NMBS anvertrauen.

Kostenlos ist das zwar nicht, aber wer genau hinschaut, kann sich durchaus günstige Tarife sichern. So können Museumpass-Besitzer insgesamt fünf Hin- und Rückfahrten zu Museen zum halben Tarif buchen. Reisende, die älter als 65 Jahre sind, zahlen generell für die Hin- und Rückfahrt innerhalb Belgien derzeit 8,30 Euro – wenn sie nach neun Uhr morgens zu ihrem Ziel aufbrechen.

Wir haben Bahn und Museumpass in den vergangenen, oft trüben Monaten regelmäßig für Besuche von Museen genutzt. Wir bestaunten Gemälde von James Ensor bei Ausstellungen in Ostende, Brüssel und Antwerpen. Erstmals – warum erst nach so vielen Jahren? – unternahmen wir einen Abstecher zum Félicien Rops-Museum in Namur. Nach Mons lockte uns eine Rodin-Ausstellung – dem Museumpass sei Dank mit kostenlosen Eintritt.

Aber das sollte einen nicht davon abhalten, Sehenswürdigkeiten zu besichtigen, bei denen der Museumpass nicht weiterhilft. So führte uns eine Paul Delvaux-Ausstellung in das Lütticher Boverie-Museum. Wer auch an einem Tag mit Museumsbesuch auf eine ordentliche Schrittzahl kommen will, ist in der Stadt gut aufgehoben. Dies gilt etwa für den Fußmarsch entlang der Maas seit 2009 mit Hilfe des spanischen Stararchitekten Santiago Calatrava spektakulär verglasten Guillemins-Bahnhof in die Altstadt – etwa zum Domschatzmuseum der St.Pauls-Kathedrale.

Gerne geben wir zu, dass wir nicht jeden Museumsbesuch mit einer Eisenbahnfahrt verbinden. So steuerten wir in der verkehrsärmeren Zeit „zwischen den Jahren“ das von unserem Wohnort gut 100 Kilometer entfernte Oudenaarde mit dem Auto an. Dort ist noch bis zum 5. Januar eine dem Leben und Wirken der Margaretha von Parma gewidmete Ausstellung zu besichtigen (EXPO – MARGARETHA: Keizersdochter tussen macht en imago | Stad Oudenaarde). Geboren wurde sie 1522 in Oudenaarde als uneheliche Tochter von Kaiser Karl V., was nicht verhinderte, dass sie von 1559 bis 1567 Statthalterin der habsburgischen Niederlande war.

Zwei Stunden lang tauchten wir trockenen Fußes und in geheizten Räumen sowie ziemlich fasziniert in die Welt des 16. Jahrhunderts mit vielen Zeugnissen von Bildersturm und Gegenreformation, aber auch des gesellschaftlich Treibens der damaligen Zeit ein. Als wir das Museum verließen, tauchte rechterhand die Silhouette der zur damaligen Zeit ausgebauten St.Walpurga-Kirche auf – die 88 Meter hohe Turmspitze, wie es sich für das ausgehende Jahr 2024 gehört, in Nebelschwaden gehüllt.

https://belgieninfo.net/neu-ein-museums-pass-fuer-ganz-belgien/

https://belgieninfo.net/gute-nachricht-aus-dem-belgischen-alltag/

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