Das Land

Belgien will bei den Corona-Impfungen aufs Tempo drücken

Von Michael Stabenow.

Nicht nur in Deutschland, auch in Belgien hat es in den vergangenen Tagen eine kontroverse Debatte über den schleppenden Verlauf bei den Impfungen gegen das Coronavirus gegeben. Die Verantwortlichen in Politik und Wissenschaft bestreiten zwar nicht gewisse Anlaufschwierigkeiten, zeigen sich aber zuversichtlich zur weiteren Entwicklung.

So stellten Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke und Dirk Ramaekers, Vorsitzender der für die weiteren Impfplanungen zuständigen „Task Force“, am Freitag eine beschleunigte Impfreihe in Aussicht. Im kommenden September sollen danach rund acht Millionen Menschen in Belgien geimpft sein. Dies entspricht 70 Prozent der Landesbevölkerung, was nach Ansicht der Experten einen ausreichenden Schutz gegen das Virus sichern würde.

Hauptgrund für die vorgesehene Beschleunigung ist einerseits die jetzt erfolgte Zulassung des Impfstoffs des britisch-schwedischen Herstellers AstraZeneca durch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA). Damit steht, neben dem Präparat von Pfizer und BioNtech ein zweiter Impfstoff zur Verfügung. Zudem können fortan – im Einklang mit einer am Freitag getroffenen EMA-Entscheidung – einem Fläschchen des Impfstoffs von Pfizer und BioNtech sechs statt bisher fünf Dosen entnommen werden. So sollen in Belgien zunächst insgesamt wöchentlich 90.000 Impfdosen zur Verfügung stehen.

Vandenbroucke und Ramaekers ließen keine Zweifel daran, dass auch der jetzige Zeitplan für die Impfung einzelner Gruppen nicht endgültig sei. Insgesamt rechnet Belgien derzeit mit 22,4 Millionen Impfdosen. Davon entfallen fünf Millionen auf Pfizer und BioNtech, zwei Millionen auf Moderna und der Löwenanteil – 7,5 Millionen – auf das noch von der EMA zuzulassende Präparat von AstraZeneca. Fünf Millionen Dosen könnte das mit seiner Tochtergesellschaft Janssen Pharmaceutica unweit der flämischen Stadt Turnhour ansässige amerikanische Unternehmen Johnson&Johnson liefern, weitere 2,9 Millionen das mit dem deutschen Konzern Bayer zusammenarbeitende Tübinger Unternehmen Curevac. Bis zur Zulassung der Impfstoffe dieser beiden Anbieter dürften jedoch noch mehrere Monate vergehen.

Impf-Zeitplan

Der belgische Impf-Zeitplan sieht derzeit vor, dass in einem ersten Schritt die durch das Virus besonders gefährdeten Bewohner von Alters- und Pflegeheimen sowie deren Betreuer (insgesamt knapp 300.000 Personen) an die Reihe kommen. Auf diese Einrichtungen entfielen bisher fast 60 Prozent der seit Ausbruch der Pandemie in Belgien zu beklagenden rund 300.00 Todesfälle. Noch vor Monatsende soll die Impfung des Teils des belgischen Krankenhauspersonals (rund 13.000 Menschen) beginnen, das in vorderster Reihe bei der Behandlung und Betreuung von Corona-Patienten tätig ist.

Im Februar sollen die übrigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Krankenhäusern sowie Hausärztinnen und -ärzte und außerhalb der Krankenhäuser tätige Pflegerinnen und Pfleger (insgesamt rund 450.000 Menschen) geimpft werden. Einen Monat später sollen die rund zwei Millionen belgischen Einwohnerinnen und Einwohner im Alter von mindestens 65 Jahren sowie rund 1,3 Millionen jüngere „Risikopatienten“ an die Reihe kommen. Zunächst werden die älteren, anschließend die jüngeren Jahrgänge geimpft. Für April ist die Impfung von Menschen, die Schlüsselaufgaben in der Gesellschaft übernehmen, geplant– wie Polizei- und, Feuerwehrbedienstete sowie möglicherweise – geklärt ist dies jedoch noch nicht – Lehrerinnen und Lehrer. Von Juni an sollen die übrigen, über 18 Jahre alten Bewohnerinnen und Bewohner des Landes geimpft werden. Ziel ist es, bis zum Ende der Sommerferien, „im Laufe des Monats September“, 70 Prozent der Bevölkerung geimpft zu haben.

Anders als beispielsweise in Großbritannien ist in Belgien aktuell nicht daran gedacht, zwischen den beiden erforderlichen Dosen mehr Zeit als von den Herstellern und der EMA vorgegeben, verstreichen zu lassen und so in einem ersten Schritt mehr Menschen als zunächst geplant zu impfen. „Wir in Belgien tun das nicht, weil wir so viel wie möglich die europäischen Vorschriften beachten wollen“, sagte der organisatorische Leiter des belgischen Impfprogramms, Pierre Van Damme. Der Antwerpener Epidemiologe Van Damme koordiniert auch den Aufbau der rund 200 Impfzentren, die in den kommenden Wochen in Belgien entstehen sollen.

Vorerst keine Lockerungen der geltenden Einschränkungen

Der „Koordinierungsausschuss“ von Föderal- und Regionalregierung verständigte sich am Freitag in einer virtuellen Sitzung darauf, die geltenden Einschränkungen im persönlichen und beruflichen Alltag vorerst unverändert zu lassen. Einzige Ausnahme ist eine Wiedereröffnung von Fahrschulen. Ob es bei der folgenden, für den 22. geplanten Sitzung des Gremiums zu weiteren Lockerungen kommen wird, ist noch ungewiss. So hat sich die Zahl der täglich gemeldeten Neuinfektionen inzwischen auf deutlich unter 2.000 verringert. Allerdings war zuletzt, vor dem Hintergrund der Rückkehr von Weihnachturlaubern aus Risikogebieten, wieder ein ungünstigerer Trend zu beobachten. Führende Wissenschaftler raten dazu, erst bei einer Zahl von weniger als täglich 800 Neuninfektionen und 75 Krankenhausaufnahmen (zuletzt 139) Lockerungen vorzunehmen.

One Comment

  1. Combuchen, Jo

    Hallo Herr Stabenow,
    danke für den Artikel, bin eher selten hier unterwegs..
    Vielen Dank, dass Sie uns auch im Ruhestand – nun auf dieser Plattform – so trefflich auf dem Laufenden halten.
    Darf ich eine andere Frage stellen : Weißt du, ob diese besonderen Regelungen für NRW (und RP) noch gelten?
    Sprich grob: 24 Stunden Grenzübertritt ohne besondere Formalitäten usw.
    Herzlichen Gruß :-))
    Jo Combüchen

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