Aktuell, Wirtschaft

Vor dem Brüsseler Autosalon: Vielfalt bei Neuzulassungen

© Febiac

In Flandern ud Brüssel ist der BMW X1 Spitze, in Wallonien der Dacia Sandero

Von Michael Stabenow

Können Sie es ebenfalls kaum erwarten, sich zwischen blitzblank polierten Limousinen, Cabrios und heutzutage besonders beliebten SUVs einen Weg durch Besuchermassen zu bahnen? Dann haben wir eine gute Nachricht für Sie. Bekannt ist sie zwar schon seit Wochen, aber vielleicht ist sie Ihnen im hochsommerlichen Trubel entgangen. Die gute Nachricht lautet: In gut vier Monaten, am 10. Januar 2025, öffnet die 101. Brüsseler Automobilausstellung auf dem Heysel-Plateau im Schatten des Atomiums ihre Pforten.

Eigentlich sollte es erst am 14. Februar so weit sein. Aber letztlich gelang es doch, wieder den für das Hochglanzspektakel üblichen Termin zu Jahresbeginn festzusetzen. Neun Tage lang können dann Groß und Klein, Jung und Alt staunend beobachten, womit die Hersteller aus aller Welt aufwarten – ob elektrisch, hybrid, mit Wasserstoff oder dem traditionellen Vebrennermotor angetrieben. Entscheidend ist: Das Warten wird einen Monat früher als befürchtet ein Ende finden.

Die Zeiten, zu denen gut 750000 Besucher zu einem Ereignis pilgerten, das damals als „Verkaufssalon“ für beträchtliche Umsätze sorgte, gehören zwar inzwischen der Vergangenheit an. Geblieben sind die „Saloncondities“ oder „Conditions de Salon“, mit denen die Hersteller und Händler während und nach dem Ende des Brüsseler Automobilsalons auf dem inzwischen stark durch Geschäftswagen geprägten Markt Kundinnen und Kunden zu ködern versuchen.

Natürlich geht auch der Veranstalter des Salons, der Verband der belgischen Automobil- und Zweiradindustrie (Febiac), mit der Zeit. Warum eine Bezeichnung in einer der drei Landesssprachen – Niederländisch, Französisch oder Deutsch – wählen, wenn es auch in der Weltsprache Englisch geht? Ob „Brussels Motor Show“ oder „Autosalon“ – dem Vergnügen der Besucherinnen und Besucher dürfte das keinen Abbruch tun. Und die nackten Zahlen dazu, wer sich auf dem umkämpften belgischen Markt besser behauptet, rücken dann in den Hintergrund. Im gleißenden Scheinwerferlicht, regelmäßig auf Hochglanz poliert, verschwimmen dann irgendwie die Unterschiede zwischen den Fahrzeugen und den Marken.

Ehe wir uns in einigen Monaten durch das Geschehen auf dem Heysel-Plateau blenden lassen, wollen wir mit Febiac-Hilfe einen kleinen Blick hinter die Kulissen der einst viel bunteren, mittlerweile aber überwiegend in düsteren Grau-, Braun- und Schwarztönen daherkommenden Fahrzeugflotten werfen. Wussten Sie etwa, dass in Belgien der Anteil neuzugelassener Dieselfahrzeuge – jeweils im ersten Halbjahr – zwischen 2021 und 2024 von 23,7 Prozent auf gerade einmal 5,4 Prozent geschrumpft, umgekehrt aber der von zu 100 Prozent elektrisch betriebenen Autos im selben Zeitraum von 5,9 auf 24,5 Prozent hochgeschnellt ist?

Dass sich die E-Fahrzeuge – im Gegensatz zum stotternden Geschäft in Deutschland – bei den Neuzulassungen deutlich auf der Überholspur befinden, hat sicher etwas damit zu tun, dass sie sich vielen Arbeitgebern und -nehmern bei den aus steuerlichen Gründen gleichermaßen beliebten Firmenwagen irgendwie von selbst aufdrängen. Vielleicht hat das auch dazu beigetragen, dass in Belgien, das derzeit wegen der tiefroten Zahlen des Staatshaushalts auf der EU-Anklagebank sitzt, ausgerechnet nicht als Arme-Leute Fahrzeuge geltende Produkte des deutschen Premiumherstellers BMW in der Zulassungsstatistik obenan rangieren.

Mit knapp 35000 oder gut 10,7 Prozent aller Neuzulassungen in den ersten acht Monaten dieses Jahres ist der bayerische Hersteller die Nummer Eins in Belgien. Dahinter folgen mit Volkswagen (9,3 Prozent Marktanteil), Audi (7,7 Prozent) und Mercedes (7,1 Prozent) drei weitere deutsche Marken. An fünfter Stelle steht Volvo mit einem Markanteil von 5,8 Prozent. Der Vollständigkeit halber wollen wir noch erwähnen, dass Porsche in den ersten acht Monaten immerhin 2999 Fahrzeuge (0,9 Prozent Marktanteil) an den Mann oder – wohl seltener – an die Frau bringen konnte.

Richtig gestutzt haben wir jedoch, als wir nach den meistverkauften Modellen geforscht haben. Bei den Zahlen für das erste Halbjahr 2024 wurden wir fündig (Analyse du marché automobile au 1er semestre 2024 | FEBIAC). In Flandern rangieren die gleichen drei Modelle an der Spitze wie 2023, allerdings in veränderter Reihenfolge: der BMW X1 liegt mit 6432 Neuzulassungen vorn (im Vorjahr Dritter), gefolgt vom elektrisch angetriebenen Tesla Model Y (6102 Neuzulassungen, 2023 Spitzenreiter) und dem Volvo XC 40 (4736 Neuzulassungen, 2023 auf dem zweiten Platz).

Auch in Brüssel liegt der BMW X1 vorn, vor dem Volvo XC40. Danach folgen zwei Modelle von Audi (Q4 und A3); ob in der Stadt dieser Marke nach den aktuellen Entwicklungen um das Brüsseler Werk treu bleiben wird?

Der Süden des Landes zeigt ein gänzlich anderes Bild. Wallonischer Spitzenreiter ist wie im Vorjahr der in Rumänien gefertigte Kleinwagen Dacia Sandero (4348 Neuzulassungen). An zweiter und dritter Stelle liegen mit dem Citroën C3 (2051 Neuzulassungen, 2023 auf dem vierten Platz) und dem Dacia Duster (1872 Neuzulassungen, 2023 zweiter) zwei Modelle, für die man ebenfalls nicht übermäßig tief in die Tasche greifen muss.

Wie im vergangenen Jahr (siehe https://belgieninfo.net/belgiens-holpriger-weg-zur-elektromobilitaet/) liegen also in Flandern E-Fahrzeuge bei den Neuzulassungen vorn, während  Wallonien weiter vor allem auf Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor setzt. Das dürfte im Wesentlichen auf die stärkere Verbreitung von Firmenwagen in Flandern zurückzuführen sein.

Das naheliegende Fazit, ohne eine eingehende Marktanalyse vorzunehmen, muss aber lauten: Auch auf dem Automobilmarkt ist das Königreich der Flamen und Wallonen für manche Überraschung gut.

Leave a Comment

Ihre E-Mail-Adresse wird veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.

*

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.