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Ursula von der Leyen zu Gast bei Baden-Württembergs Neujahrsempfang

Von Heide Newson

Mehr als 600 Personen, darunter Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und der frühere Kommissar Günther Oettinger, nahmen am Dienstag am Neujahrsempfang in der Landesvertretung Baden-Württemberg teil, zu dem die Staatsregierung eingeladen hatte. Und das „Ländle“ zeigte mal wieder, was es an landestypischen Spezialitäten, exzellenten Weinen, Tradition, Brauchtum, Kunst, Kultur, Forschung so alles zu bieten hat.

Neujahrsempfänge sind eine optimale Gelegenheit, auf das vergangene Jahr zurückzublicken, Erfolge zu feiern und einen Ausblick auf die kommenden Herausforderungen und Ziele zu geben. Und genau das tat Ministerpräsident Winfried Kretschmann in seiner Ansprache. Zunächst bedankte er sich für den musikalischen Auftakt des Pianisten und hieß seine Gäste mit den Worten „Ich hoffe, das Jahr 2025 hat gut für Sie begonnen” herzlich willkommen. „Das Jahr hat es politisch in sich gehabt, das sehen wir an den neuen Machtverhältnissen: in Washington ein neuer Präsident mit der klaren Ansage „America first“, in der Ukraine, mitten in Europa, noch immer Krieg, China mit einer aggressiven Wirtschaftspolitik, und Nationalpopulisten überall auf dem Vormarsch.“ Kretschmann erwartet stürmische Zeiten für Europa, die einen klaren Kompass erforderten. Ursula von der Leyen habe während des jüngsten Weltwirtschaftsforums in Davos zu Recht gesagt, dass der globale Wettbewerb zu Hause beginne – eine treffende, aber folgenreiche Feststellung.

Kretschmann bezeichnete die Teilnahme der Kommissionspräsidentin am Neujahrsempfang als große Wertschätzung für sein Land. Ein wirtschaftsstarkes, innovatives, aber auch rohstoffarmes Land wie Baden-Württemberg sei auf die Europäische Union angewiesen. Europa stehe ja nicht mit Andalusien oder Lettland im Wettbewerb, sondern müsse gegenüber den Vereinigten Staaten und China erfolgreich bestehen. Baden-Württemberg sei dazu bereit. In diesem Zusammenhang plädierte er für die Unterstützung starker Regionen und Entlastung von bürokratischen Auflagen, was allen EU-Staaten zu Gute käme. Besonders die Automobilwirtschaft stehe unter starkem Druck und brauche die Unterstützung der Europäischen Union. Aber Baden-Württemberg sei eine europafreundliche Region, und Europa könne sich auf das Bundesland verlassen.

Ich wünsche Ihnen einen guten Abend und möchte mich auf das herzlichste für diese Einladung bedanken,“ sagte eine strahlende Ursula von der Leyen. Es sei ihr eine Freude, beim Neujahrsempfang dabei zu sein. Es gehe ihr wie dem Ministerpräsidenten: Das neue Jahr sei zwar noch jung, aber es fühle sich wie von einer ganz anderen Zeit an. „Die Welt, in die wir jetzt eintreten, verspricht für uns alle, Baden-Württemberg, Deutschland, Europa, herausfordernd und spannend zu werden. Das ist das Mindeste, was man sagen kann.“ Nach wenigen Wochen spüre man, wie der Wind des Wandels quer durch Europa und die ganze Welt wehe. Von der Leyen sprach aber auch von guten Zeichen wie dem Waffenstillstand in Gaza.

Aber man trete in eine neue Ära des geostrategischen Wettbewerbs ein, der mit neuen Herausforderungen verbunden sei. Auch vor diesem Hintergrund blieben Europas Werte universell. „Aber die Art und Weise, wie wir agieren, die muss sich ändern,“ ermahnte sie. Es gelte sich anzupassen, modern zu werden, offen für neue Dinge zu sein. Dazu sei man bereit. Das nötige Handwerkzeug um sich zu behaupten, habe man ja, und die Arbeit beginne zu Hause. Baden- Württemberg lobte sie als gutes Beispiel, das seit langem als Wirtschaftsmotor und Kraft gelte. Sie lobte die technologische Exzellenz, den erarbeitenden Wohlstand. “Sein größter Trumpf sind die Menschen, die fleißig und hoch qualifiziert sind,“ fuhr sie fort, und erntete viel Beifall. Hinzu käme ein gesundes Selbstbewusstsein nach dem Motto „wir können alles außer Hochdeutsch,“ womit sie für viel Schmunzeln sorgte.

So wie Baden-Württemberg habe auch Europa seine Stärken. Als Beispiel nannte sie den einzigartigen Binnenmarkt von 450 Millionen Menschen, eine Industrie von Weltklasse und Spitzenforschung. Man habe sich in Europa aber zu lange auf ein Geschäftsmodell verlassen, das auf billigen Arbeitskräften in China, eine vermeintlich billige Industrie aus Russland und bei Investitionen für die Verteidigung auf den Vereinigten Staaten von Amerika beruhe. Diese Zeiten seien nun vorbei. Die Berichte von Mario Draghi seien glasklar. „Wir sind noch immer gut, aber der Produktionsabstand zu den Vereinigten Staaten wächst und China holt rasant auf.“ Durch Anpassungsfähigkeit, Transformationen, Bürokratieabbau könne man dieser Herausforderung begegnen.

Ursula von der Leyen ist überzeugt, dass Europa das alles bewältigen kann, aber es bedürfe eines Kompasses auf den Weg dahin. Der Innovationsmotor werde auf Touren gebracht, ein Wettbewerbskompass liege ja bereits vor. Dazu brauche man mehr privates Kapital. Die Ansprache, in der sie auch die Vorzüge wie die Lebensqualität in den EU-Mitgliedstaaten pries, wurde mit viel Beifall und einem wunderschönen Blumenstrauß bedacht, den Winfried Kretschmann ihr charmant überreichte.

Dann wurde das Buffet eröffnet, das angeblich beste hier in Brüssel. Und die vielen Gäste kamen nicht zu kurz (wenn sie es angesichts der Fülle bis ans Buffet schafften). Wie in den Vorjahren präsentierte sich das Land mit exzellenten Getränken, darunter hochwertige Weine, Schwarzwälder Kirschtorte und einer gesunden landestypischen Kost. Umlagert war der Stand der Dorfkäserei Geifertshofen, wo die edelsten Käsesorten aus dem Ländle angeboten wurden. Ein besonders gefragter Leckerbissen und „Knüller“ war ein schwäbischer Trollinger, der mindestens drei Monate reifen muss, und im süffigen heimischen Trollinger-Wein eingelegt wird. Es wurde lange gefeiert, kein Wunder bei diesen verführerischen baden-württembergischen Qualitätsmerkmalen einschließlich guter Gespräche und optimalem „Networking“.

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