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Friedrich von Heusinger geht in den Ruhestand – und Hessen sagt „Danke!“

Auf der großen EU-Bühne fühlte er sich zu Hause, sie war sein Leben. Und wenn er über seine Arbeit, seinen Traumjob spricht, gerät er ins Schwärmen. Die Rede ist von Friedrich von Heusinger, der nach 19 Jahren an der Spitze der Hessischen Landesvertretung in Brüssel in den Ruhestand geht.

Von Heide Newson

Es ist der 20. März, Frühlingsanfang, die Sonne strahlt vom Brüsseler Firmament, während sich hunderte Menschen auf den Weg zu Hessens Landesvertretung in der Rue Montoyer 21 machen. Sie alle haben eine Einladung zum Empfang des hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein anlässlich der Verabschiedung von Friedrich von Heusinger, dem Leiter der Vertretung, erhalten. Bereits um 18 Uhr steht er bereit, um die Gäste zu begrüßen. Es bleibt ein wenig Zeit für einen kurzen Plausch. Dann beginnt eine perfekte Abschiedsfeier mit beeindruckenden Reden.

Die Hessen-Vertretung ohne von Heusinger – „kaum vorstellbar“

Gewürdigt wird ein gebürtiger Nordhesse, der sich uneitel und vorbildlich in die Dienste seiner Heimat und Europas gestellt hat. „Nach fast zwei Jahrzehnten an der Spitze unserer Hessen-Botschaft in Brüssel kann man sich die Landesvertretung ohne Sie kaum vorstellen. Sie haben das Ansehen unseres Landes in Brüssel geprägt und dabei sehr viel für unser Land geleistet“, sagt Ministerpräsident Rhein während der Feierstunde. „Mit Ihnen wird unsere ´neue` Landesvertretung, die wir vor etwas mehr als zehn Jahren bezogen haben, immer verbunden sein. Ich möchte mich heute im Namen des Landes Hessen für Ihren enormen Einsatz, für ihre Ideen und das beachtliche Wissen, das Sie in die Arbeit unserer Landesvertretung eingebracht haben, herzlich bedanken“, erklärt der CDU-Politiker.

Europa in Hessen und Hessen in Europa zu vermarkten sowie Hessens Interessen an den Mann und die Frau zu bringen, sei nicht leicht, unterstreicht Europaminister Manfred Pentz. In Brüssel hätten die Länder weniger Einflussmöglichkeiten als in Berlin. Hier komme es auf ein Netzwerk, eine gute Performance und Schnelligkeit an. Erst unlängst hat von Heusinger diese Fähigkeiten eindrucksvoll bei der Entscheidung zur Ansiedlung der neuen EU-Behörde zur Bekämpfung der Geldwäsche (AMLA) in Frankfurt bewiesen.

Eine Adresse für gute Ideen und hessische Gastfreundschaft

Auch das Konzept des Mehr-Regionen-Hauses in der Rue Montoyer, das seit 2013 die Vertretungen der Regionen Nouvelle-Aquitaine (Frankreich), Emilia-Romagna (Italien), Wielkopolska (Polen) und Hessen unter einem Dach vereinige, habe von Heusinger entwickelt, sagt Pentz. Der Leiter der Vertretung habe sein Geschick dazu genutzt, Hessen in Brüssel sichtbar zu machen – nicht nur, um eine Fülle von Initiativen, Anregungen, Projekten und Ideen zu entwickeln, sondern auch, um wichtige Anliegen Hessens voranzubringen. Rhein und Pentz heben hervor, dass die Landesvertretung dank ihres Leiters eine angesehene Adresse für gute Ideen sowie für hessische Gastfreundschaft geworden sei. Für die Zukunft wünschen sie ihm gute Gesundheit – in der Hoffnung auf ein Wiedersehen bei der einen oder anderen Veranstaltung in der Landesvertretung.

Er war immer da“

In einer persönlichen und mit schwäbischen Bonmots gespickten Rede stellt Rainer Wieland, Vizepräsident des Europäischen Parlaments, die Verdienste von Heusingers um die gute Zusammenarbeit mit dem Parlament in den Mittelpunkt. Der CDU-Politiker vergleicht von Heusingers Wirken mit dem eines vorbildlichen Fußball-Schiedsrichters: „Man musste ihn nicht immer bemerken. Aber dennoch wusste der Kundige, dass er immer da war“, sagt Wieland – eine wohl zutreffende Bemerkung, auch wenn von Heusinger in seiner Dankesrede schmunzelnd einräumt: „Die Abseitsregeln werde ich meinen Enkelinnen nie erklären.“

Ein Trikot mit der Rückennumner des Eintracht-„Fußballgotts“ Alex Meier

Das ändert freilich nichts daran, dass der Nordhesse bei den zahlreichen Fans von Eintracht Frankfurt in Brüssel seit 2014 einen Stein im Brett hat. Die Vertretung ist der bevorzugte Treffpunkt der Mitglieder des Fanclubs Euro-Adler, zu denen natürlich auch von Heusinger gehört. Kein Wunder, dass der Fanclub-Vorsitzende Alessandro Tschirkov den langjährigen Hausherrn nicht nur mit herzlichen Worten bedenkt, sondern ihm auch ein Eintracht-Trikot überreicht – mit der Nummer 14 des legendären Torjägers und Eintracht-„Fußballgotts“ Alex Meier.

Er kam als Erster und ging als Letzter – „gut für die Vorgesetzten“

Deutschlands Botschafter in Belgien, Martin Kotthaus, der von Heusinger 2005 kennengelernt hat, freut sich darüber, dass der Nordhesse einen Rheinländer wie ihn ausgewählt habe, eine Rede zu halten. Er komme dieser Einladung gerne, aber auch mit Bedauern nach. Brüssel ohne Friedrich von Heusinger, das sei schwer vorstellbar. „Er war schon immer hier, und selbst als ich wegging und dann wiederkam, war er hier“, sagt Kotthaus augenzwinkernd. Der Botschafter würdigt, mit einer auch für einen rheinischen Diplomaten gebotenen Ernsthaftigkeit, von Heusingers herausragende Leistungen, mutige Projekte und Veranstaltungsformate sowie einen Mann, der morgens als Erster ins Büro gekommen sei und es als Letzter verlassen habe. Das sei gut für dessen Vorgesetzte, witzelt Kotthaus und hat die Lacher abermals auf seiner Seite. Von Heusinger zeichne das Talent aus, Leute zusammenzubringen. Jeder kenne ihn oder habe mit ihm dienstlich zu tun gehabt. Aber niemals habe er sich dabei je in den Vordergrund gedrängt.

Ein Herz für Ostbelgien

Nicht nur die Gästeliste ist beeindruckend, sondern auch die weiteren Ansprachen an diesem sicherlich nicht nur für den Geehrten unvergesslichen Abend. Oliver Paasch, Ministerpräsident der Deutschsprachigen Gemeinschaft Ostbelgiens, der per Video zugeschaltet ist, würdigt von Heusinger für dessen Verdienste um die Vertiefung der Beziehungen seiner Region mit Hessen. Er dankt auch dafür, dass der Hausherr die Vertretung für gemeinsame Veranstaltungen mit der Deutschsprachigen Gemeinschaft zur Verfügung gestellt habe.

Make Hesse great again!“

Auch Michael Hager, Kabinettchef des Exekutiv-Vizepräsidenten der Europäischen Kommission, Valdis Dombrovskis, würdigt die Fähigkeiten von Heusingers, Menschen „in einer angenehmen Atmosphäre“ zusammenzubringen. In einer humorvollen Anspielung auf einen derzeit wieder häufiger in Amerika bemühten Ausspruch bescheinigt er dem Leiter der Hessen-Vertretung: „Make Hesse great again!“

Ein „Traumjob“ und viele offene Türen in Brüssel

Für die lebendigen, oft witzigen Ansprachen gibt es viel Applaus, Lacher sowie, hier und da, ein paar verdrückte Tränen. Schließlich ergreift ein sichtlich gerührter Friedrich von Heusinger das Wort. Zunächst bedankt er sich bei Ministerpräsident Rhein dafür, dass dieser nicht nur zum Empfang eingeladen habe, sondern auch in Brüssel erschienen sei. Diese persönliche Wertschätzung sei nicht selbstverständlich. Erfreut zeigte sich von Heusinger auch über die Anwesenheit zahlreicher Mitglieder der Landesregierung. Dies zeige, wie wichtig in Wiesbaden der Auftritt Hessens in Brüssel genommen werde. Darin komme auch eine Anerkennung für das gesamte Team der Landesvertretung zum Ausdruck. Von Heusinger spricht von einem „Traumjob“ und schwärmt von den offenen Türen, die er in Brüssel gefunden habe, von vielen schönen Begegnungen und den vielen Freundschaften, die im Laufe der Jahre entstanden seien.

Weiter in der Rue Montoyer willkommen – falls die Enkelinnen es zulassen

Der Mann, der nicht nur Europa Hessen, sondern auch Hessen Brüssel auf verständliche Art nähergebracht hat, gerät ins Schwärmen, wenn er über seine Arbeit und sein eingespieltes, im Lauf seiner Amtszeit stark angewachsenes Team spricht. Auf der EU-Bühne hat er sich zu Hause gefühlt, jetzt tritt er ab. Aber er wird weiter in Brüssel leben. Fest steht, dass ihm dort seine Kontakte und die vielen Freunde erhalten bleiben. Auch in Zukunft hoffe er, bei ihnen anklopfen zu dürfen, sagt Friedrich von Heusinger in seiner bescheidenen Art. Und kein Zweifel besteht daran, dass sich ein jeder darüber freuen würde, wenn er bei Gelegenheit, so dies insbesondere seine großväterlichen Pflichten zulassen, in „seiner“ derzeit kommissarisch von seinem langjährigen Stellvertreter Claus-Peter Appel geleiteten Vertretung vorbeischauen wird.

 

© Fotos: EU-Vertretung Hessen

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