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Einkommensteuererklärung 2022: Haben Sie ihre nicht–belgischen Immobilien angemeldet?

Von  Gert Verhellen (Rechtsanwalt) und Eulalie Verhaeghe-Vandenabeele

Grundbegriffe: die Lage einfach erklärt

Wie alljährlich im Sommer: demnächst ist Ihre Steuererklärung fällig. Aber wie geht man mit ausländischen, das heißt nicht in Belgien gelegenen Immobilien um? Nicht weniger als 176.198 Belgier besitzen eine Immobilie im Ausland. 20.746 von ihnen gehören sogar mehrere Häuser oder Ferienunterkünfte. Das berichtet die Wirtschaftszeitung „De Tijd“ unter Berufung auf Zahlen des Finanzministeriums.

Für Objekte in Belgien und in anderen Staaten, etwa Deutschland, galten bislang unterschiedliche Besteuerungsgrundlagen. In Belgien wurden die indexierten Einheitswerte herangezogen, für Objekte in Deutschland (und anderen Ländern) dagegen die realen Mieteinnahmen, die in der Regel deutlich höher liegen als der Einheitswert. Eine unterschiedliche Steuerbemessungsgrundlage also.

Wenn Sie in Belgien steuerpflichtig sind und Immobilien besitzen, müssen Sie diese bei der Steuererklärung angeben, gleichgültig, ob sie im Inland oder im Ausland liegen. Dazu sind in den Formularen für die Steuererklärung (ob elektronisch oder in Papierform) entsprechende Felder vorgesehen.

Für Immobilien in Belgien wird die Steuer wird auf Basis des Katastereinkommens berechnet. Das Katastereinkommen (KE), vergleichbar mit dem „Einheitswert“, ist eine amtlich festgesetzte Steuerbemessungsgrundlage für die Erhebung der Grundsteuer sowie für die besteuerbaren Immobilieneinkünfte in der Einkommensteuer. Die Immobilie des Hauptwohnsitzes in Belgien ist von der Einkommensteuer befreit.

Das KE ist also ein fiktives Einkommen, das dem durchschnittlichen jährlichen Nettoeinkommen entspricht, das ein Objekt seinem Eigentümer verschaffen würde. Es ist definiert als der jährliche mittlere Nettomietwert eines Objektes zum Referenzzeitpunkt 1. Januar 1975.

Seit 2021 gilt eine neue Berechnungsmethode für Immobilien im Ausland

In der Vergangenheit hat Belgien für die Besteuerung im Ausland belegener Immobilien statt des KE den tatsächlichen Mietwert herangezogen. In zwei Urteilen aus den Jahren 2014 und 2018 hat der Europäische Gerichtshof festgestellt, dass diese Ungleichbehandlung gegen EU-Recht verstößt (unter anderem die Freiheit des Kapitalverkehrs). Nachdem Belgien diesen Urteilen zunächst nicht nachkam, wurde es 2020 zu einer empfindlichen Geldstrafe verurteilt. 2021 wurden dann endlich die Regeln im Einkommensteuergesetzbuch geändert, so dass ab dem Steuerjahr 2022 (Einkünfte in 2021) Immobilien im Ausland nicht mehr höher besteuert werden als Immobilien im Inland.

Das wird dadurch erreicht, dass auch für die ausländischen Objekte im Eigentum einer in Belgien steuerpflichtigen Person ein belgischen Katastereinkommen ermittelt wird.

Wie wird die Steuerberechnungsgrundlage ermittelt? Ein komplexes System

In Belgien wurden die Einheitswerte zuletzt im Jahr 1975 für bestehende Objekte neu festgesetzt; seither werden sie indexiert, um sie an die Realität anzupassen. (In Deutschland erfolgte dies übrigens im Westen zum letzten Mal in 1964, und in den neuen Bundesländern gilt der Einheitswert 1935, weil dieser eben nach dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr neu ermittelt wurde.)

Seit 2021 wird der Einheitswert der Immobilien im Ausland anhand der gleichen Kritierien wie für Immobilien in Belgien bestimmt.

Die Rückrechnung auf den Wert von 1975 ist aber nicht so einfach. Die Kriterien sind einem Rundschreiben der Finanzverwaltung zu entnehmen (Circulaire 2021/C/21 betreffend die Änderung des Einkommensteuergesetzbuches von 1992 in Bezug auf im Ausland belegene Immobilien). Dieses Rundschreiben ist leider nicht auf Deutsch verfügbar; auf der Internetseite des föderalen öffentlichen Dienstes Finanzen finden sich aber die meisten Informationen auch in deutscher Sprache.

Die Anwendung ist etwas kompliziert. Technisch erfolgt dies wie folgt: Zunächst wird der Verkehrswert der Immobilie ermittelt. Dieses erfolgt anhand des „marktkonformen Nettomietwerts“ der Immobilie. Dabei spielen Kriterien wie etwa die Lage, der aktuelle marktübliche Verkaufswert, der damaliger Erwerbspreis, die Größe des Grundstücks oder durchgeführte Maßnahmen eine Rolle.

Dieser Wert wird dann mit Hilfe eines Korrekturfaktors auf 1975 zurückgerechnet. In dem Rundschreiben ist für jedes Jahr seit 1975 der entsprechende Korrekturfaktor enthalten. Für das Jahr 2021 beträgt er zum Beispiel 15,018. Haben Sie also im Jahr 2021 eine Immobilie zum Preis von 200.000 Euro erworben, ergibt sich ein Betrag von 13.317 Euro. Das auf das Jahr 1975 zurückgerechnete Katastereinkommen beträgt 5,3 Prozent davon, also 706 Euro. Dieser Wert ist die Berechnungsgrundlage für die Steuer und muss in der Steuererklärung angegeben werden. Das Finanzamt wendet darauf unter anderem die Indexierung an (Indexierungskoeffizient für die Einkünfte aus 2022: 1,9084 zuzüglich 40 Prozent) und kommt so auf das zu besteuernde Katastereinkommen; im Beispielsfall wären das 1886 Euro.

Diese Besteuerungsgrundlage gilt – wie bei Immobilien, die in Belgien belegen sind – unabhängig davon, ob die Immobilie selbst genutzt (zum Beispiel als Zweit- oder Ferienwohnung) oder privat zu Wohnzwecken vermietet wird.

Welche praktischen Folgen ergeben sich für die Besteuerung?

Das Katastereinkommen für eine ausländische Immobilie wird in den meisten Fällen in Belgien nicht besteuert. In der Regel sehen die Doppelbesteuerungsabkommen vor, dass Immobilieneinkünfte nur in dem Land besteuert werden, in dem die Immobilie liegt. Entsprechende Regelungen sind etwa in den Abkommen mit Deutschland, Frankreich, Spanien, Italien und Luxemburg enthalten. Das Katastereinkommen wird aber berücksichtigt bei der Berechnung der Steuer für andere in Belgien steuerpflichtige Einkünfte; auf diese wird der Steuersatz angewendet, der gelten würde, wenn die Immobilieneinkünfte in Belgien steuerpflichtig wären (sogenannter Progressionsvorbehalt). Damit wird eine Gleichbehandlung mit der Besteuerung in Belgien gelegener Immobilien sichergestellt.

Sind Sie von der Anmeldepflicht betroffen?

Jeder belgische Steuerpflichtige, der dingliche Rechte an einem im Ausland gelegenen Objekt besitzt, ist von der Anmeldung betroffen. Unter „dinglichem Recht“ ist jede Art von Recht an der Immobilie zu verstehen, wie Volleigentum, Nießbrauch, Erbpacht oder Erbbaurecht.

Gut zu wissen:

– Es besteht keine Erklärungspflicht, wenn Sie an einem Objekt beteiligt sind, an dem anderen ein Nießbrauchsrecht zusteht (“nu propriété”).

– Im Fall eines Miteigentums muss jeder Miteigentümer eine Erklärung für seinen Anteil einreichen.

Achten Sie auf die Fristen!

Bei Neuzugängen muss innerhalb von vier Monaten ein Antrag auf Feststellung des Katastereinkommens beim Finanzamt gestellt werden. Das kann elektronisch über die Website MyMinfin.be oder in Papierform erledigt werden. Das Finanzamt ermittelt das Katastereinkommen, das dann in der jährlichen Einkommensteuererklärung zu verwenden ist.

In der Praxis ist es hilfreich, dem Antrag eine eigene Berechnung für jede Immobilie als Vorschlag beizufügen, dies erleichtert die Aufgabe der Behörde.

Sind Sie kein Eigentümer mehr, dann müssen Sie dies die Behörde ebenfalls mitteilen.

Informationen (in deutscher Sprache):

https://finanzen.belgium.be/de/privatpersonen/wohnung/immobilieneink%C3%BCnfte/immobilien-im-ausland

https://finanzen.belgium.be/de/privatpersonen/wohnung/kataster/katastereinkommen/ausland

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