Belgien, Wanderungen

Wanderungen rund um Brüssel: Im östlichen Meerdaalwoud

10,5 Kilometer, knapp drei Stunden, Ausgangspunkt: Parkplatz an der Weertse Dreef (östlich der Naamsestraat), 3050 Oud-Heverlee

Anreise mit öffentlichen Verkehrsmitteln (Dauer jeweils etwa 1 Stunde):

– SNCB-Intercity oder S-Bahn Linie 8 Brüssel Schuman – Ottignies, S-Bahn Linie 20 Richtung Leuven bis Sint Joris-Weert;

– SNCB-Intercity oder S-Bahn Linie 2 Brüssel Central – Leuven, S-Bahn 20 Richtung Ottignies bis Sint Joris-Weert

Knotenpunkte: 113, 757, 76, 75, 754, 79, 78, 73, 72, 115, 114, 113

Von Michael Stabenow

Wer ruhige Waldwege mit einer Prise offenem Brabanter Hügelland sucht, ist auf dieser 10,5 Kilometer langen Route gut aufgehoben. Sie führt durch den östlichen Meerdaalwoud. Er wird von Wanderern relativ wenig aufgesucht, erfreut sich hingegen bei Wildschweinen offenbar größerer Beliebtheit. Mehrmals in den Wintermonaten gibt es Tage, an denen zur Jagd geblasen wird, um die Bestände des Borstenviehs im Rahmen zu halten.

Normalsterbliche Zweibeiner haben an solchen Tagen nichts zu befürchten, da der Wald dann für sie gesperrt ist. Unsere Runde beginnt an einem kleinen Parkplatz. Ihn erreicht man über die zwischen Löwen und Hamme-Mille verlaufenden Naamsestraat. Von ihr biegt man in östlicher Richtung auf die schmale Kopfsteinpflasterstraße Weertse Dreef ab.

Rund 200 Meter danach erreichen wir – nun zu Fuß – den Knotenpunkt 113. Dort zweigen wir auf die zur Gemeinde Bierbeek gehörenden Eleonoredreef nach Süden ab. Schnurgerade geht es auf dem im 19. Jahrhundert angelegten, von hohen Bäumen gesäumten Weg zum Punkt 757.

Ehe es einen Hang hinauf geht, sind die Überreste eines rund 400 Meter langen und zwei Meter hohen Erdwalls zu sehen. Möglicherweise, so ist einer Informationstafel zu entnehmen, dienten sie einer als „lakenjacht“ bezeichneten Jagdtechnik. Dabei sollten die Tiere mit Hilfe trichterförmig aufgehängter Stoffwände in die Fänge der Jäger getrieben werden.

Wir machen uns auf dem anschließenden steilen Anstieg Gedanken, wie das alles in der Praxis ausgesehen haben mag – und stehen dann oben am Punkt 757. Dort biegen wir nach Nordosten in Richtung des Punktes 76 ab. Der Punkt 757 wurde übrigens erst 2022 in das Netz der „Wandelknooppunten“ aufgenommen. Immerhin liegen zwischen Punkt 757 und 76 noch beachtliche 2,9 Kilometer. Das ist im Netz der Knotenpunkte nach wie vor eine beachtliche Distanz – aber ein Stück weniger als jene 4,3 Kilometer, die zuvor ohne einen einzigen weiteren Knotenpunkt zwischen den Punkten 113 und 76 zurückzulegen waren.

Der neu angelegte Punkt 757 zeugt von den Bemühungen, das Netz der Knotenpunkte auch in dieser Ecke Flandern zu erweitern. Spektakulär gestaltet sich die Route nun zwar nicht – aber sie bietet das, was man sich von einem Gang durch einen alten Wald verspricht: hohe Buchen, aber auch mal Kiefern und anderes Nadelholz, kleine Lichtungen, sogar die eine oder andere Sitzbank. Neben einer stehen zwei von Menschenhand geschnitzte totemartige Gebilde, das zweite mit einem überdimensionalen Specht aus Holz verziert.

Hinter dem Punkt 76 geht es noch 400 Meter weiter geradeaus, bis wir am Punkt 75 nach rechts abbiegen und den Meerdaalwoud verlassen, um ihn nach 2,5 Kilometern wieder zu betreten. Wir befinden uns zunächst inmitten von fruchtbarem Ackerland, wie es für Brabant charakteristisch ist – beiderseits der Sprachgrenze zwischen dem niederländischsprachigen Flämisch-Brabant und dem französischsprachigen Wallonisch-Brabant.

Apropos Sprachgrenze: Zwischen den Punkten 75 und – dem unlängst neu geschaffenen – Punkt 754 flirten wir mit ihr oder überschreiten sie gar – so genau wissen wir das nicht, und es ist uns in diesem Moment auch ziemlich gleichgültig.

Weniger gleichgültig ist uns der auf dem Weg zum Punkt 79 folgende, leicht abwärts führende Hohlweg. An einer Stelle führen nach rechts einige Stufen hinauf auf die Böschung. Unter Bäumen steht dort eine Ende des 19.Jahrhundert erbaute Backsteinkapelle. Sie ist dem Ende des 11. Jahrhunderts geborenen Bernhard von Clairvaux gewidmet, dem Gründer der gleichnamigen französischen Zisterzienserabtei. Von der Kapelle aus eröffnet sich ein schöner Blick nach Norden.

Wir steigen die paar Stufen wieder hinunter und gehen auf dem Hohlweg – im Winter leider oft mit unschönen Pfützen – weiter. Links taucht das schön renovierte Gehöft „Rachierhof“ auf. Der Begriff „rachier“ soll sich vom altfranzösischen „rachier“ – zu Deutsch „roden“ – herleiten. Das Gehöft in seiner heutigen Gestalt geht auf die Mitte des 18.Jahrhunderts zurück. Schon 1401, so entnehmen wir außerdem einer an der Außenmauer angebrachten kleinen Tafel, soll das Anwesen als Eigentum des früheren Zisterzienserinnenklosters Valduc, gelegen in der heutigen wallonischen Nachbargemeinde Beauvechain, vermeldet worden sein.

Wir laufen an ein paar zum Weiler Mollendaal gehörenden Häusern vorbei und biegen am Punkt 79 nach links ab. Der Weg führt nun in den Meerdaalwoud zurück. Einige hundert Meter hinter dem Punkt 73 kommen wir zur unlängst schön wieder aufgebauten hölzernen Schutzhütte „Hut van de Mommedel“. Sie lädt nicht nun bei Regen oder sengender Sonne zum Verweilen ein. Zudem vermittelt hier der Blick in ein tief eingeschnittenes Tal ein Flair von Mittelgebirge – zumindest einen kleinen Hauch.

Auf einer Strecke von 2,2 Kilometern folgen wir vom Punkt 72 aus einer breiten, zunächst weiter auf der Höhe verlaufenden Allee mit dem schönen Namen Schoonzichtdreef. Zu sehen sind heutzutage vor allem Bäume, Bäume und nochmals Bäume – an Wochenenden daneben auch recht viele zwei- und vierbeinige Spaziergänger.

Wem es beim Schritt für Schritt zu eintönig geworden ist, kann sich auch mit Hilfe mehrfach linkerhand angebrachter diverser Utensilien – offenbar Bestandteile eines Brabanter „Trimm-dich-Pfades“ – vergnügen. Kurz vor dem Punkt 114 geht es ziemlich steil abwärts und danach nach links zum Punkt 113 zurück. Nach weiteren 200 Metern in westlicher Richtung kommen wir wieder zum Parkplatz, an dem wir – je nach Tempo – zweieinhalb bis drei Stunden zuvor aufgebrochen sind.

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