Von Anne Kotzan
Eine Buchbesprechung mehr als dreißig Jahre nach Erscheinen der ersten Ausgabe ist nichts besonderes, aber wenn es sich um einen zeitgenössischen Autor handelt, der einen Roman, nun ja, zugleich einen Kriminalroman, geschrieben hat, schon etwas außergewöhnlich. Entdeckt habe ich das Werk von Jochen Schimmang (*1948) beim Stöbern in einem der öffentlichen Büchertauschregale in Köln. Intrigiert hatte mich das Titelbild, ein Gemälde von Magritte.
Protagonist ist der Privatdedektiv Kleff, sein Name steht pars pro toto für Hunde, die viel bellen, aber nicht beißen und eigentlich mehr ängstlich und sensibel sind. Der Plot geht um das Verschwinden des Gemäldes „Die Geistesgegenwart“ von Magritte aus einem Museum. Und neben der Erzählung einer Geschichte geht es um Geistesgegenwart, philosophische Fragen, Fragen der Schuld, Fragen über das Leben in einer vom Zufall bestimmten Welt und inwieweit wir uns lächerlich machen, wenn wir uns einreden, dass unser Handeln von der Vernunft bestimmt sei. Man nähert sich dem belgischen Surrealismus und zugleich auch den Landschaften und Städten des Landes, denn Jochen Schimmang beschreibt ausführlich seine persönlichen Eindrücke der Reisen durch ein Belgien in den Widersprüchen zwischen der flämischen und wallonischen Kultur in der Person von Kleff. Noch heute ein lesenswerter Roman für Deutsche in Belgien. Das Schöne: es gibt noch keine „social media“, es werden noch Briefe geschrieben, und das Haustelefon hat einen Anrufbeantworter.
Bei der Recherche bin ich auf seinen jüngsten Roman „Mein Ostende“ (2020) gestoßen und werde ihn unbedingt lesen. Schimmang scheint eine Liebe und ein breites Verständnis für Belgien zu haben.
Die Geistesgegenwart ISBN 3-627-10056-5
Mein Ostende ISBN 978-3-86648-298-2
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