Von Heide Newson
Im Beisein des Enkels von Konrad Adenauer, Jan Reiners, und des Vorsitzenden der CDU/CSU-Gruppe im Europäischen Parlament, Daniel Caspary, lud das Europabüro der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) unlängst zur Übergabe des von Graham Sutherland gemalten Porträts von Konrad Adenauer ein. Jetzt hat das Gemälde mit seiner faszinierenden Geschichte, das schon an so vielen verschiedenen Orten hing, seinen festen Platz in einem altehrwürdigen Haus gefunden.
„Es hängt hier gut, in einem Raum, der ganz nach dem Geschmack meines Großvaters wäre, er mochte nichts Modernes,“ sagte Jan Reiners, der das Porträt im renovierten KAS-Europabüro in Brüssel in Augenschein nahm. „Schade, dass er es nicht sieht.“ Unter Bundeskanzler Helmut Kohl habe es über dem Kamin im Kanzleramt in Bonn gehangen. Und dann sei der Umzug nach Berlin gekommen. Aber erst unter Angela Merkel sei das Gemälde nach Berlin „umgezogen“ und dort im Kanzleramt aufgehängt worden“, so Adenauers Enkel während der Bildübergabe. Bundeskanzler Olaf Scholz habe dann ein anderes Konzept gehabt.
Das Porträt landete in einer Ecke, was nicht im Sinne von Konrad Adenauers 27 Enkeln war. Es war der CDU-Politiker Norbert Röttgen, der den Vorschlag machte, das Porträt des Altkanzlers in einer der zahlreichen KAS-Vertretungen aufzuhängen. Damit wäre auch dem Wunsch der Familie entsprochen, es der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Aber wo, das war die große Frage. Als geeignet erwies sich schlussendlich die KAS in Brüssel, die in einem alten Herrenhaus untergebracht ist. „Ja das Bild gefällt mir gut, der Maler hat mich zum Menschen gemacht, es freut mich ungeheuer, dat mich der Herr Sutherland als denkenden Menschen porträtiert hat,“ hatte der damals 89jährige Adenauer gesagt, nachdem er minutenlang sein Bildnis angeschaut hatte.
“Eigentlich wollte er sich gar nicht malen lassen”, erzählt Reiners, der ein sehr gutes Verhältnis zu seinem Großvater hatte, “denn über Kunst hatte mein Großvater seine festen Vorstellungen”. „Mit der modernen Kunst wusste er nichts anzufangen,“ sagt Reiners. Das galt auch für den berühmten britischen Maler Graham Sutherland, der es wie viele prominente Künstler als eine besondere Herausforderung ansah, Konrad Adenauers Porträt in Gemälden, Lithographien oder Zeichnungen darzustellen. Aber Adenauer hatte kein Interesse, er lehnte ab. Zu oft sei er schon gemalt worden, sagte er im Februar 1959, als Sutherland ihm das Angebot unterbreitete. Im Mai änderte er seine Meinung und teilte dem britischen Künstler mit, dass er nun doch bereit sei, sich von ihm porträtieren zu lassen. Mittlerweile hatte man ihm erzählt, dass es eine große Ehre sei, von Sutherland gemalt zu werden.
Es war im September 1963. Wie gewöhnlich machte Konrad Adenauer in der Villa la Collina in Cadenabbia Urlaub, wo dann die erste Porträt-Sitzung stattfand. Obwohl das sonst sonnige Septemberwetter ausblieb, fand sie im Freien statt. „Mein Großvater, der damals auch mit den Briten so seine Probleme hatte, fand nach einer geraumen Zeit Gefallen an der Unterhaltung mit Sutherland. Er liebte es, seine politische Überzeugung mit einem Engländer zu diskutieren, obwohl er kein Englisch sprach und Sutherland kein Deutsch. Seine Sekretärin musste dann oft dolmetschen. Mein Großvater hatte sich aber so an diese angeregte Unterhaltung während der Sitzungen gewöhnt, dass er ohne Protest einwilligte, als aus den ursprünglich geplanten fünf, zehn werden sollten,“ berichtet Reiners.
Im März 1965 wurden dem Exkanzler in seinem Zimmer im Bundestag in Bonn sodann sein Porträt, das ihn im schwarzen Anzug, mit roten Pinselstrichen im Gesicht zeigt, zum ersten Mal vorgestellt. Ja, habe er gesagt, das Bild gefällt mir. „Herr Sutherland hat mich als denkenden Menschen gesehen.“ Mit den Worten “meine Enkel sollen mich als denkenden Menschen sehen” kaufte er das Bild. „Mein Großvater bezahlte 110.000 DM,“ lacht Jens Reiners und fährt mit seinen faszinierenden Erinnerungen an seinen Großvater fort. Danach hing es 30 Jahre im Elternhaus, bevor es auf Wanderschaft ging, zunächst ins Kanzleramt nach Bonn, dann Berlin, bevor es jetzt seinen festen Platz im Europabüro der Konrad-Adenauer-Stiftung gefunden hat.
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