Belgiens neuer Nationaltrainer soll den Roten Teufeln zu neuem Glanz verhelfen
Von Michael Stabenow
Eine Woche nach der Entlassung von Domenico Tedesco als Trainer der belgischen Fußball-Nationalmannschaft steht mit Rudi Garcia sein Nachfolger fest. Der 60 Jahre alte Franzose, dessen größter bisheriger Erfolg der Gewinn von Landesmeisterschaft und –pokal mit dem OSC Lille im Jahr 2011 ist, wurde am Freitag im Leistungszentrum der Roten Teufel im südlich von Brüssel gelegenen Tubize offiziell vorgestellt.
„Ich bin sehr motiviert“, sagte Garcia auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Vincent Mannaert, dem seit Anfang Dezember amtierenden Sportdirektor des Verbandes. Der Trainer nannte zwei Hauptziele für die kommenden Monate: den Verbleib in der ersten Gruppe der Nations League durch einen Erfolg in den für März geplanten Entscheidungsspielen gegen die Ukraine sowie die Qualifikation für die 2026 in den Vereinigten Staaten, Kanada und Mexiko stattfindende Weltmeisterschaft. „Wir werden dies schaffen, wenn alle uns unterstützen“, sagte Garcia.
Von Tedescos Nachfolger erhoffen sich die Fans, aber vor allem die für die Auswahl verantwortlichen Führungskräfte der Roten Teufel, dass er mit seiner zupackenden Art die zuletzt reichlich enttäuschende Mannschaft wieder auf die Erfolgsspur bringen kann. Tedesco hatte die Roten Teufel im Februar 2023 übernommen und mit einem 3:2-Auswärtssieg in Köln gegen die deutschen Nationalmannschaft einen furiosen Start hingelegt.
Zuletzt hatte der 39 Jahre alte Deutsch-Italiener ein weniger glückliches Händchen bewiesen. Bei der Fußball-Europameisterschaft im vergangenen Jahr in Deutschland enttäuschten die Roten Teufel mit einer matten Vorrunde und einer verdienten 0:1-Niederlage im Achtelfinale gegen Frankreich. Als die Mannschaft zuletzt in der Nations League Qualifikation – im November – mit 0:1 gegen den krassen Außenseiter Israel unterlag, war das Maß für die Führungsebene voll. Dass Tedesco den Laufpass erhalten werde, schien nur noch eine Frage der Zeit zu sein.
So positiv die erste Phase seiner Zeit als Nationaltrainer verlaufen war, so enttäuschend verlief es für Tedesco anschließend. Es gelang ihm zwar, zahlreiche jüngere Talente wie Amadou Onana und Lois Openda in die Mannschaft zu integrieren sowie den Übergang von der einstigen „Goldenen Generation“ auf den Weg zu bringen. Andererseits überwarf er sich mit Stammtorhüter Thibaut Courtois von Real Madrid. Dass alte Recken wie Stoßstürmer Romelu Lukaku und der bei Manchester City spielende Mittelfeldstar Kevin De Bruyne ihre Auftritte im Nationalteam dosierten, warf ebenfalls einen Schatten auf die Amtszeit des wegen seines bescheidenen Auftretens in Belgien nicht unbeliebten Tedesco.
Schon lange vor dem Aus für den Nationaltrainer waren in Belgien Spekulationen über den Nachfolger ins Kraut geschossen. Auch mögliche belgische Anwärter wurden gehandelt – zuletzt hatte mit Marc Wilmots zwischen 2012 und 2016 ein Landsmann die Roten Teufel trainiert. Doch weder Hein Vanhaezebrouck, der AA Gent 2015 zur Landesmeisterschaft geführt hatte, noch der frühere Nationaltorwart Michel Preud´homme schafften es letztlich in die engste Auswahl.
Auch Thierry Henri, zweimal Assistent des spanischen Tedecso-Vorgängers Roberto Martinez und zuletzt mit der französischen Olympia-Auswahl 2024 in Paris erfolgreich, winkte ab. Der Name des wegen seiner Tätigkeit bei Standard Lüttich im Land der Flamen und Wallonen keineswegs unbekannten Sérgio Conceição, wurde ebenfalls gehandelt. Der Portugiese nahm jedoch unlängst das Angebot an, den AC Mailand zu trainieren.
Zuletzt schien der frühere spanische Nationalcoach Jule Lopetegui, kürzlich als Trainer des Londoner Premier League-Clubs West Ham United entlassen, die Nase im Rennen um die Tedesco-Nachfolge vorne zu haben. Doch am Ende fiel die Wahl auf einen anderen Mann, der seit Wochen für den Spitzenjob gehandelt wurde: Rudi Garcia. In Deutschland ist er als Trainer nicht sehr bekannt. Seine Erfahrungen sammelte der Sohn eines spanischen Einwanderers außer in seinem französischen Heimat – vor allem in Lille, Marseille und Lyon – insbesondere in Italien. Dort war er zwei Jahre Trainer von AS Rom und kehrte 2023 für kurze Zeit als Übungsleiter des SSC Neapel zurück.
Garcia erlaubte sich am Freitag eine kritische Anmerkung zu seinem Vorgänger Tedesco, als er die Frage aufwarf, warum beim Spiel gegen Israel viele Spieler im Aufgebot gefehlt hätten. Er selbst will durchaus auf noch aktive Vertreter der „Goldenen Generation“ setzen – auch auf den zuletzt von Tedesco nicht mehr berücksichtigen Torhüter Thibaut Courtois. Garcia zeigte sich zuversichtlich, dass der ebenfalls in Madrid lebende Ex-Nationalspieler Eden Hazard, den er einst in Lille als Trainer unter seinen Fittischen gehabt hatte, dazu beitragen werde, Courtois von einem Comeback bei den Roten Teufeln zu überzeugen.
Garcia hat eine Neigung zu einer offensiv ausgerichteten 4-3-3-Mannschaftsaufstellung. Bei der Pressekonferenz ließ er insbesondere keinen Zweifel daran, dass es um Motivation und darum gehe, dass seine Mannschaft, unabhängig vom Gegner, einem Spiel ihren Stempel aufdrücken könne. Auf die Frage eines Reporters, ob die Aufgabe als Nationaltrainer für ihn die größte berufliche Herausforderung sei, antwortete Garcia lakonisch: „Alle Herausforderungen sind die größten.“ Und später fügte er zu seiner neuen Aufgabe hinzu: „Mich interessiert die sportliche Herausforderung, keineswegs das Wirtschaftliche.“
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