Die flämische Verkehrsgesellschaft „De Lijn“ verbessert Anfang 2024 die Anbindung zwischen Brüssel und den Umlandgemeinden
Von Michael Stabenow
Wer mit dem Bus in Flandern oder von Brüssel nach Flandern (oder in der Gegenrichtung) unterwegs sein möchte, kommt im Regelfall um die öffentliche Nahverkehrsgesellschaft „De Lijn“ nicht herum. Die Busse und Straßenbahnen im weiß-gelben Design bedienen derzeit ein Netz von 19839 Haltestellen. In Kürze fällt davon ein Sechstel – weg. Es bleiben dann noch 16392 übrig. Dies ist Teil des jetzt vorgestellten neuen „Hoppin“-Verkehrsplans der Gesellschaft. Dennoch verkündete De Lijn jetzt bei der Vorstellung des Plans: „Vom 6. Januar 2024 an reisen Sie flotter und effizienter in ganz Flandern.“
Ist dem wirklich so? Das wird sich erst mit der Zeit zeigen. So zeichnen sich etwa für die südöstlichen Vororte Brüssels (Hoeilaart, Overijse, Tervuren, Huldenberg) deutliche Verbesserungen ab. Bis zuletzt hatte es Meinungsverschiedenheiten zwischen der De Lijn-Vorstandschefin Ann Scheubs und der für den öffentlichen Nahverkehr zuständigen Regionalministerin Lydia Peeters von den flämischen Liberalen (Open VLD)um die angemessene finanzielle Ausstattung der Gesellschaft gegeben.
Längere Betriebszeiten, häufigere Verbindungen, mehr Rufbusse
So oder so – einen Ausweg sollen jetzt die Verringerung von Haltestellen, die Bevorzugung stärker genutzter Strecken, längere und enger getaktete Betriebszeiten sowie eine Ausweitung des bisher als „Belbus“ bezeichneten Rufbussystems eröffnen. Der “Belbus” soll künftig in einem größeren Verbreitungsgebiet und länger als bisher verfügbar sein. Reserviert werden können die Busse telefonisch, über die Website oder über eine App bei der „Hoppin“-Zentrale – frühestens 30 Tage, spätestens 30 Minuten vor der geplanten Abfahrt.
Neue Liniennummern
Der Verlauf einiger Buslinien wird angepasst. Die bisher gängigen, oft dreistelligen Linienbezeichnungen werden einem neuem System weichen. Im städtischen Linienverkehr wird es, wie bisher häufig, bei einer einstelligen Nummerierung bleiben. Außerorts wird es künftig zweistellig zugehen. Schulbusse sollen weiter dreistellige Liniennummern haben. Das gilt auch für Busse, die auf Nebenstrecken außerhalb der Hauptverkehrszeiten zum Einsatz kommen.
Busverbindungen nach Brüssel werden mit „R“ gekennzeichnet
Straßenbahnlinien sollen ein „T“ oder, so sie unterirdisch verkehren, ein „M“ tragen. Nachts verkehrende Busse, soweit sie es überhaupt gibt, werden durch ein „N“ und die Liniennummer gekennzeichnet. Neu ist die in Großbritannien schon vor Jahrzehnten eingeführte und auch in Deutschland verbreitete „X“-Bezeichnung für Schnell- oder Expressbusse. Busse, die Flandern mit der Hauptstadtregion Brüssel verbinden, sollen künftig im Regelfall mit einem „R“ und einer zweistelligen Ziffer versehen werden.
Schnellbus X77 bis zur Ausfahrt Overijse auf der Autobahn
Eine interessante Neuerung ist eine seit Jahren überfällige Schnellbusverbindung zwischen Brüssel und Overijse. Die „X77“ genannte Linie ersetzt die bisher vielgenutzte Linie 344. Anders als diese, die von der Brüsseler Stadtgrenze und der Ausfahrt 2 (Jezus-Eik) der Autobahn E411 über die oft überlastete Nationalstraße 4 führte, fahren künftig die Busse der Linie X77 vom U-Bahnhof Herrmann-Debroux in Auderghem aus bis zur Ausfahrt 3 (Overijse) gut sechs Kilometer länger auf der E411.
In Richtung Brüssel gibt es seit längerem Busspuren, die von der wallonischen Gesellschaft Tec, aber bisher nicht von De Lijn-Linienbussen genutzt werden. Der X77 fährt künftig ohne Zwischenstopp von der U-Bahnstation Herrmann-Debroux bis zu der hinter der Ausfahrt 3 der E411 (Maleizen/Terhulpen) gelegenen Haltestelle Overijse-Bredestraat. Anschließend hält der Bus auf der Strecke über Huldenberg bis in das südlich von Löwen gelegenen Sint-Joris-Weert an bestehenden Haltestellen. Die Busse verkehren in der Hauptverkehrszeit alle 30 Minuten, sonst stündlich.
Die bisherige Linie 344 entfällt nicht nur, sondern auch, was De Lijn nicht groß kommuniziert, die Endstation im jenseits der Sprachgrenze gelegenen wallonischen Hamme-Mille. Bestehen bleiben hingegen die bisher unter den Nummern 341 und 345 firmierenden und jetzt als R75 und R78 bezeichneten Verbindungen von Brüssel in das wallonische Wavre.
Busse bis nach Mitternacht
Wer weiter über die N4 von Jezus-Eik nach Overijse fahren möchte, ist künftig auf die Linien R75 und R76 (bisher 348) angewiesen. Eine erfreuliche Nachricht gibt es für all jene Zeitgenossen, die sich darüber ärgern, dass der letzte De-Lijnbus in Brüssel in südöstlicher Richtung bisher die Station am U-Bahnhof Herrmann-Debroux um 22:20 Uhr verlässt. Im neuen Jahr soll der letzte Bus der Linie R75 dort um 0:20 Uhr abfahren, so dass Bewohner des Umlands am späteren Abend nach Restaurant-, Theater- und Konzertbesuchen in der Hauptstadt nicht mehr auf das eigene Auto (oder das Fahrrad) angewiesen sein werden. Endstation ist dann aber nicht Wavre, sondern die am Busdepot in Overijse gelegenen Haltestelle „De Leegheid“.
Ob die Umsteigemöglichkeit am Bahnhof La Hulpe (der Endstation der Linie R76) auf die Regionalzüge nach Brüssel günstiger werden, ist unklar. Bisher sind die Fahrpläne so knapp aufeinander abgestimmt, dass Wartezeiten von gut einer halben Stunde oft unvermeidlich sind. Bei De Lijn heißt es hierzu: „Die R76 schließt am Bahnhof Terhulpen (niederländisch für La Hulpe, Anm. der Redaktion) an die S8-Züge (Ottignies-Brüssel) in beiden Richtungen an.“ Häufiger als bisher – in der Hauptverkehrszeit alle 15 Minuten – verkehren künftig die Busse der von Groenendaal (Hoeilaart) über Overijse, Tervuren, Wezembeek-Oppem und Sterrebeek zum Flughafen in Zaventem führende Linie 71 (bisher 830).
Derzeit keine Pläne für ein „vollständiges Nachtverkehrsnetz“
Nachtbusse an Wochenenden gibt es insbesondere zwischen Löwen und Brüssel (Linie N4) sowie Löwen und Hoeilaart (N5). Auf die Frage, ob ein Ausbau der nächtlichen Verbindungen zwischen Brüssel und dem Umland geplant sei, hieß es bei De Lijn: „Derzeit gibt es keine Pläne für ein vollständiges Nachtverkehrsnetz aufgrund dringenderer Prioritäten in der Region und in Brüssel im Rahmen des verfügbaren Budgets. Auf den meisten Hauptstrecken von Brüssel-Nord, -Süd und Herrmann- Debroux (von Montag bis Samstag) gibt es jedoch letzte Abfahrten kurz vor, um oder kurz nach Mitternacht, wie zum Beispiel in Overijse.“
“Hoppin” im Internet: https://hoppin.be/nl/
Beiträge und Meinungen