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“Dürer in Antwerpen” – Eine Ausstellung im Museum De Reede

 

Rhinocerus (1515, Holzschnitt)

Von Lawrence Murray

Seit dem 6. Dezember präsentiert das Museum De Reede (MDR) eine Sonderausstellung mit dem Titel “Dürer in Antwerpen”, in der rund hundert Werke des berühmten deutschen Künstlers Albrecht Dürer und einiger seiner Zeitgenossen gezeigt werden. Diese Auswahl umfasst seltene Drucke aus der renommierten Sammlung der Königlichen Bibliothek von Belgien (KBR), sorgfältig kuratiert von Joris Van Grieken. Die Ausstellung bietet eine faszinierende Reise entlang der meisterhaften grafischen Leistungen von Dürer, einem der größten Künstler der nördlichen Renaissance. Auf Einladung hatte Belgieninfo Gelegenheit, diese einzigartige Ausstellung zu entdecken.

Andy Warhol sagte einmal: “Die faszinierendste Art der Kunst ist es, gut im Geschäft zu sein”. Nur wenige Persönlichkeiten beweisen dies besser als Albrecht Dürer, der vor Jahrhunderten die Grundlagen für viele zeitgenössische Maler legte. Albrecht Dürer (1471-1528) war ein einflussreicher deutscher Künstler, Zeichner, Kupferstecher und Humanist, der eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung der grafischen Kunst in Europa spielte. Er wird oft als einer der größten Meister der nördlichen Renaissance angesehen. Seine außergewöhnliche Beherrschung von Drucktechniken wie Kupferstich, Holzschnitt und Radierung machte ihn zu einem der beliebtesten und einflussreichsten Künstler seiner Zeit. Dürer hatte auch einen großen Einfluss auf Zeitgenossen wie Lucas van Leyden, Jan Gossaert und Hendrick Goltzius, die sich von seinem Werk inspirieren ließen. Das Museum De Reede in Antwerpen bietet jetzt die Möglichkeit, in Dürers Welt einzutauchen, in der sich auch sein Einfluss auf andere Künstler deutlich widerspiegelt.

Dürer in Antwerpen

In den Jahren 1520/21 besuchte Albrecht Dürer Städte wie Antwerpen, Brüssel und Mecheln. Seine Reise in die Niederlande war zum Teil von dem Wunsch geleitet, die jährliche Zuwendung, die nach dem Tod Kaiser Maximilians I. im Jahr 1519 von seiner Heimatstadt Nürnberg eingestellt worden war, vom neuen Kaiser Karl V. anlässlich dessen Krönung im Oktober 1520 in Aachen verlängert zu bekommen. Mit seinem ausgeprägten Unternehmergeist und seiner Menschenkenntnis beschloss Dürer, nach Antwerpen, der damals wichtigsten Handelsstadt Europas, weiter zu reisen. Er verbrachte fast ein Jahr in Antwerpen, wo er Künstler und Sammler traf und die Werke der alten Meister bewunderte. Dank seiner innovativen Arbeit als Druckgrafiker genoss Dürer hohes Ansehen in ganz Europa. Antwerpen bot ihm ein fruchtbares Umfeld, in dem er seine Arbeiten präsentieren konnte. Dürers Aufenthalt war sehr erfolgreich: Er verkaufte seine Drucke, erhielt Aufträge für Gemälde und wurde sogar darum gebeten, Stadtmaler zu werden. “Dürer in Antwerpen” lädt seine Besucher ein, diese Grafiken im wahrsten Sinne des Wortes unter die Lupe zu nehmen.

Mehr als Gravuren

Und wenn Sie Dürer nur von seinen Gemälden her kennen? Die Ausstellung konzentriert sich hauptsächlich auf seine Druckgrafiken, auf denen sein Sprung zu großem Ruhm beruhte. Wer auch Dürers Gemälde oder mehr von seinen Originalwerken sehen möchte, muss in andere Museen gehen. “Dürer in Antwerpen” konzentriert sich bewusst auf das, was ihn so bahnbrechend gemacht hat: seine geschickte Nutzung der Reproduktion, der Aufbau einer Marke und sein Geschäftssinn. Seine Gemälde waren oft Auftragsarbeiten und schränkten seine künstlerische Freiheit ein. Seine Stiche, die er unabhängig für den allgemeinen Verkauf anfertigte, geben daher ein umfassenderes Bild seiner Vielseitigkeit als Künstler. Sie zeigen seine kreative Freiheit und seinen Innovationsgeist. “Dürer in Antwerpen” ermöglicht dem Betrachter dank einer umfangreichen Ausstellung von Stichen den Blick auf einen “ungefilterten” Dürer.

Ritter, Tod und Teufel (1513), eine von Dürers drei großen “Meisterstichen”, die als Höhepunkte seines grafischen Werks gelten. Eine Original-Kupferplatte davon, die beinahe auf einer englischen Müllhalde gelandet wäre, wurde erst in diesem Jahr für 44.800 Dollar versteigert. Alle drei sind in der Ausstellung “Dürer in Antwerpen” zu sehen.

Mann mit einem Brandzeichen

Keine Sorgen, wenn Sie nicht über kunsthistorisches Hintergrundwissen verfügen: Die Ausstellung zeigt nicht nur Dürers Werke, sondern beleuchtet auch Themen wie seinen Geschäftssinn. Hier ist zu sehen, warum Dürers handwerkliche Fähigkeiten auch heute noch von zeitgenössischen Künstlern bewundert werden.

Moderne Größen wie Andy Warhol bauten ihre gesamte Karriere auf der Massenreproduktion auf, um ein breites Publikum zu erreichen. Oder der Künstler Damien Hirst, der auf geschickte Weise Kunst, Markenbildung und Massenwirkung miteinander verband. Dürer legte den Grundstein für alle Künstler, die mit Ausgaben und Markenbildung groß herauskommen wollen. Dürer war für seinen Geschäftssinn bekannt und ging offen damit um. Er produzierte Tausende von Drucken und verwendete Buchdrucktechniken, um größere Auflagen zu erzielen. Mitte des 16. Jahrhunderts waren die Löhne in Antwerpen so hoch, dass sich selbst ungelernte Arbeiter einen Holzschnitt leisten konnten.

In einem Brief an Jacob Heller schreibt Dürer: “In einem Jahr kann ich eine Menge gewöhnlicher Bilder machen… Damit kann man schon etwas verdienen. Aber diese fleißige Tüftelei bringt nicht viel ein. Darum will ich mich meinen Kupferstichen widmen. Und wenn ich das früher getan hätte, wäre ich heute um tausend Gulden reicher.” Das Zitat steht in der Ausstellung in großen Lettern an der Wand und unterstreicht Dürers ausgeprägten Kaufmannsgeist, ein Charakterzug, der vermutlich bei seiner Entscheidung, nach Antwerpen zu reisen, eine wichtige Rolle spielte.

Außer auf seine kommerzielle Offenheit war Dürer auch stark darauf bedacht, seine eigene Markenidentität zu schaffen. Sein berühmtes Monogramm “AD” ziert fast alle seine Werke. Freilich tauchten in dieser Zeit auch andere Stiche mit dem Monogramm “AD” auf, denn Dürers Werk war schon zu seinen Lebzeiten so geschätzt und wertvoll, dass es regelmäßig von Künstlern gefälscht wurde. Zwischen 1511 und 1512 zog Dürer den italienischen Kupferstecher Marcantonio Raimondi, einen dieser Fälscher, vor Gericht. Dies gilt als der erste bekannte Urheberrechtsfall in der Kunstgeschichte.

Technologie und Innovation

Neben der Arbeit an seinem eigenen Image beherrschte Dürer sowohl die Malerei als auch den Kupferstich, was für seine Zeit selten war. Er stach persönlich in Kupfer, eine Technik, die raffinierter war als der Holzschnitt und daher teurer. Original-Kupferplatten von Dürer existieren noch immer. Wenn man erfahren will, wie diese Drucke technisch hergestellt wurden und welcher Prozess dahinter steckt, ist diese Ausstellung vielleicht etwas weniger aufschlussreich. Aber für die echten Fans des Druckverfahrens ist das Plantin-Moretus-Museum nur wenige Gehminuten entfernt. Dort kann man die technische Seite der frühesten europäischen Druckkunst im Detail erkunden (siehe auch https://belgieninfo.net/museum-plantin-moretus-praesentiert-ensors-zustaende-der-phantasie/).

Ein beeinflusster Influencer

Die Ausstellung hebt den Einfluss anderer Künstler auf Dürer hervor, insbesondere von Martin Schongauer. Schongauer, ein Pionier in der Verwendung von detaillierter Komposition und Emotion in der Druckgrafik, diente Dürer als Vorbild. Wie Dürer signierte auch Schongauer seine Werke, was für die damalige Zeit ungewöhnlich war. Zu sehen sind frühe und anspruchsvolle Werke, darunter auch Werke, die an den Stil von Rogier van der Weyden anknüpfen und die Verbindung zwischen Dürer und der flämischen Kunst verdeutlichen. Werke wie die “Mantelmadonna” zeigen italienische Einflüsse, die Dürer auf seinen Reisen nach Venedig gewann, und seine möglichen Kontakte zu Giovanni Bellini.

Dürer in Antwerpen: Eine Reise durch sein grafisches Meisterwerk

“Dürer in Antwerpen” lässt für den Besucher ein faszinierendes Kapitel der Kunstgeschichte auferstehen, in dessen Mittelpunkt Dürers grafisches Meisterwerk steht. Die Ausstellung hebt seinen Einfluss in Antwerpen hervor, und obwohl dieser Fokus an sich schon faszinierend ist, wäre es vielleicht auch interessant, der subtilen Interaktion zwischen Stadt und Künstler etwas mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Schließlich kam Dürer auf dem Höhepunkt seiner Karriere nach Antwerpen, so dass äußere Einflüsse vielleicht weniger spürbar waren. Aber gerade dieser Aspekt könnte dem Verständnis seines etablierten Stils und Rufs eine wertvolle zusätzliche Ebene hinzufügen.

Dennoch bietet die sorgfältig kuratierte Ausstellung einen intensiven Blick auf Dürers Stiche und wird seinem Werk voll gerecht. Diese kurze, aber aussagekräftige Episode in der Kunstgeschichte Antwerpens bleibt wie eine dauerhafte “Gravur” im Gedächtnis. “Dürer in Antwerpen” erzählt eine einziartige Geschichte, die jeder Antwerpener und Kunstliebhaber hören sollte.

Praktische Informationen

Museum De Reede, Antwerpen

Vom 6. Dezember 2024 bis 31. März 2025

Karten und weitere Informationen: www.museumdereede.be

© Fotos Lawrence Murray für Belgieninfo

One Comment

  1. Jean-Pierre de Bruyn

    Een boeiend en wetenschappelijk onderbouwd artikel van Lawrence Murray geeft deze expo extra fundament. Fijn om nogmaals te beseffen dat grootmeester Albrecht Dürer in 1520/21 verbleef in Antwerpen. Onze gelukwensen met dit uitzonderlijk in initiatief.

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