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Die kleinste Stadt der Welt liegt in… den belgischen Ardennen

Foto: Pascal Willems

Von Franziska Annerl.

Kennen Sie die kleinste Stadt der Welt? Das klingt märchenhaft? Das ist es auch: Durbuy in der belgischen Provinz Luxemburg erscheint wie aus dem Bilderbuch: Ein imposantes Schloss thront auf der Anhöhe über einer mittelalterlichen Altstadt mit pittoresken Häuschen und Backsteinpflaster. Die Ourthe fließt teils reißerisch wie im Juli 2021, teils gemächlich durch das Städtchen und die dazugehörigen Gemeinden. Und die nahen Ardennen laden zum sonntäglichen Wandern ein. Nur rund 400 echte Durbuyer leben um und auch im Schloss. Mit den 15 zugehörigen Gemeinden kommen allerdings noch rund 11.000 hinzu.

Ob Durbuy wirklich die kleinste Stadt der Welt ist, ist tatsächlich umstritten. Schlossherr Jean-Michel d’Ursel erzählt die Anekdote: „1331 verlieh Jean de Luxembourg, König von Böhmen, der Stadt am Ufer der Ourthe das Stadtrecht. Die Urkunde, die dies bestätigt, ist jedoch verschwunden.“ Sie wird nach wie vor gesucht. Dem Zauber des Örtchens tut dies jedoch keinen Abbruch. Beim Schlendern durch die engen Gässchen erwartet man/frau hinter jeder Ecke einen Ritter. Die älteste Gasse, die Rue Daufresne de la Chevalerie, wurde ausschließlich mit Flusskieseln aus der Ourthe gepflastert. Das Schloss und seine Vorgänger haben eine mehrere tausend Jahre alte, bewegte Vergangenheit: Bereits im Jahr 900 wurde an derselben Stelle eine Burg zerstört. Nach einem Wiederaufbau und einer erneuten Zerstörung im Krieg des 15. Jahrhunderts wurden die Grundmauern des heutigen Schlosses im 18. Jahrhundert vom Grafen d’Ursel wieder aufgebaut. Es ist bis heute im Besitz der Familie.

Aber nicht nur die Vergangenheit ist abenteuerlich. Auch in der Gegenwart wird es nicht langweilig: Durbuy bietet seinen vielen Besucherinnen und Besuchern das ganze Jahr über ein abwechslungsreiches Programm. Die neue Ausstellung des Durbuy History & Art Museum Art’denne steht unter dem Motto „Die Ardennen, ein Land, das erstaunt und verzaubert.“ Das Gebirge überschreitet die Grenzen dreier Länder: Belgien, Frankreich und das Großherzogtum Luxemburg. Im Osten und Süden ein richtiges Bergland, flachen sie nach Westen und Norden hin sanft ab. Künstler wie Fernand Léger, Arthur Rimbaud oder Paul Verlaine ließen sich von ihrer rauen Schönheit inspirieren. 22 aktuelle Künstler nutzen nun die Art’denne, um ihre zeitgenössische Vision des Bergmassivs vorzustellen. Und ganz zeitgemäß geschieht dies interaktiv: Die Besucherin und der Besucher kann beim Verlassen der Ausstellung die Stimme für das Lieblingswerk abgeben.

Verlässt man das Museum und das historische Zentrum durch die Reste der alten Stadtmauern, warten neben den Ardennen viele weitere touristische Attraktionen. Im Juli 2021 machte die Ourthe traurige Schlagzeilen, als sie sich während der apokalyptischen Regenfälle in einen alles mitreißenden Strom verwandelte. Sie ist jedoch auch berühmt für Wildwasserrafting im Kayak. Im „Adventure Valley“ warten drei Strecken auf Anfänger, Fortgeschrittene und sehr Waghalsige. Wer lieber auf dem Trockenen bleibt, kann hier auch Mountainbiken, Klettern und vieles andere.

Foto: Céline Lecomte

Nach viel Geschichte, Kultur und Sport kommt der krönende Abschluss eines Tages oder Wochenendes in und um Durbuy: Die Altstadt ist voller traditioneller Restaurants und uriger Kneipen. Zu den berühmtesten Etablissements zählt das Wildschwein der Ardennen, „Le Sanglier des Ardennes“. Hier stehen gleich vier Restaurants und zwei Bars zur Auswahl. Von traditioneller Brasserieküche bis zum modernen Italiener ist für jeden Geschmack und jede Geldbörse etwas dabei. Wer nach den deftigen Gerichten der Region wie gebackenen Camembert oder eben Wildschwein zu satt für die Heimfahrt ist, kann im Hotel „Sanglier“ auch gleich übernachten. „Le Fou du Roy“ ist das einzige Restaurant, das sich innerhalb der Mauern des Schlosses befindet. Die ehemalige Conciergerie wirbt mit magischen Momenten im Herzen der kleinsten Stadt der Welt. Nach dem Essen lohnt es sich, auf einen Absacker in die Piraten-Bar zu spazieren. Im Tortuga gibt es die besten und originellsten Cocktails der Stadt. Aber auch Bierfreunde kommen auf ihre Kosten. Die Region Famenne-Ardenne ist reich an Brauereien. La Durboyse oder Marckloff sind originale Handwerksbiere. Und auch hier spielt wieder das Schloss eine Rolle: Marckloff wird seit 2019 in seinen ehemaligen Stallungen gebraut. Wer das Schloss nicht nur aus der Entfernung bewundern will, hatte in der Vergangenheit bei verschiedensten Märkten Gelegenheit dazu. Coronabedingt steht derzeit nichts auf der Agenda; dies wird sich aber hoffentlich bald wieder ändern!

Foto: Daniëlle Gevaerts

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