Von Jürgen Klute
Am vergangenen Samstag (28. Juni) gab es im Brüsseler Bois de la Cambre eine Premiere. Erstmals fand dort das Naadam-Festival statt. Es wurde aber nicht allein zum ersten Mal in Brüssel, sondern auch erstmals in Europa veranstaltet – und außerhalb der Mongolei. Denn das Naadam-Fest ist das Nationalfest der Mongolei. Eigentlich findest es jährlich vom 10. bis zum 13. Juli statt. Um nicht mit den Feierlichkeiten in der Mongolei in Konkurrenz zu geraten, wurde das Festival in Brüssel bereits ein paar Tage eher organisiert.
Nach Angaben der mongolischen Botschaft in Brüssel haben etwa 5000 Menschen an dem Festival im Bois de la Cambre teilgenommen. Rund 80000 Mongolen und Mongolinnen leben in Europa. Die meisten kamen nach dem Fall des Eisernen Vorhangs nach Europa, um sich hier eine neue Existenz aufzubauen, da die wirtschaftliche Lage in den 1990er Jahren in der Mongolei nicht rosig war. Etliche von ihnen waren waren am Samstag nach Brüssel gekommen, aber es seien auch Gäste direkt aus der Mongolei angereist, wie Tumurbat Bazarragchaa von der mongolischen Botschaft gegenüber Belgieninfo erläuterte.
Im Mittelpunkt des Naadam-Fests stehen drei Sportarten: Wrestling, Bogenschießen und „Knucklebone“, ein Spiel mit Schafsknochen. 128 Wrestler, 60 Bogenschützen und 250 „knucklebone shooters“, so Bazarragchaa, haben an dem Brüsseler Naadam-Festival teilgenommen.
Zu Beginn des Festivals haben sich die Sportler und Sportlerinnen den Besuchern in einer kleinen Zeremonie präsentiert. Es folgten musikalische Einlagen traditioneller und moderner mongolischer Musikgruppen und Bands. Besonders erwähnenswert ist die Band Uuhai. Sie kombiniert traditionelle mongolische Musikinstrumente, den speziellen traditionellen mongolischen Kehlkopfgesang mit moderner westliche Metal-Music (hier eine Kostprobe). Ebenso gab es Darbietungen verschiedener Tänze.
Im Zentrum standen jedoch die Wrestler. Während sich beim amerikanischen Wrestling zwei Gegner in einem Ring gegenüber stehen, befinden sich beim mongolischen Wrestling alle Wrestler gleichzeitig auf einer Rasenfläche. Sie verständigen sich völlig flexibel untereinander, wer mit wem ins Kräftemessen geht. Ziel sind es, seinen Gegenüber mit dem Rücken auf den Boden liegend zu bekommen – und nicht um zur Schau gestellte Brutalität, wie im amerikanischen Wrestling. Der Verlierer verlässt dann das Feld. Die Gewinner machen weiter. Allerdings verteilt sich der Wettbewerb auf mehrere Runden, die von größeren Pausen unterbrochen werden.
Neben den sportlichen Darbietungen gab es auch Einblicke in mongolische Kultur: in Kalligraphie und in Malerei.
Und natürlich wurden auch den kulinarische Bedürfnissen gebührend Rechnung getragen. In einer Vielzahl von „Fressständen“ gab es unterschiedliche mongolische Speisen und Getränke. Am populärsten waren das „Khuushuur“, ein mit Hackfleisch gefülltes und in heißem Öl gebratenes Fladenbrot sowie die auch in China beliebten Dumplings, mit Fleisch gefüllte und in Dampf gegarte Nudeln, ein bisschen vergleichbar mit schwäbischen Maultauschen.
Eine Besonderheit des Naadam-Festivals ist, dass nicht nur die Sportler und Sportlerinnen in traditionellen mongolischen Gewändern auftreten. Auch die mongolischen Gäste waren in der Regel mit traditionellen, sehr farbenprächtigen Gewändern und Hüten gekleidet. Folglich gab es auch einen kleinen Modewettbewerb der Gäste, bei dem die schönsten Gewänder prämiert wurden.
Abgerundet wurde das Festival am Abend durch ein Konzert, bei dem moderne mongolische Musik im Vordergrund stand.
Organisiert wurde dieses erste mongolische Welt-Festival gemeinsam vom Büro des mongolischen Präsidenten, dem Nationalen Festival-Organisationskomitee, den mongolischen diplomatischen Vertretungen in europäischen Ländern sowie dem Mongolischen Rat der Auslandsmongolen (NCOMB). Tumurbat Bazarragchaa betonte gegenüber Belgieninfo: „Ich möchte dem mongolischen nationalen Ringkampfverband, dem mongolischen nationalen Knucklebone-Schießverband, dem mongolischen Bogenschützenverband, den mongolischen Rock- und Musikbands sowie den in europäischen Ländern lebenden mongolischen Bürgern meinen aufrichtigen Dank aussprechen. Ein herzliches Dankeschön geht natürlich auch an die vielen Gäste und Besucher aus Belgien, den Niederlanden, Deutschland und anderen europäischen Ländern.“
Ursprünglich geht das Naadam-Fest vermutlich auf die historischen Klantreffen zurück, die im Mittelalter gesellschaftliche Höhepunkte waren. Später wurde der 11. Juli als Revolutionstag zum Nationalfeiertag umgewandelt. Er erinnert an die Unabhängigkeitserklärung der Mongolei im Jahr 1921.
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Fotos: Jürgen Klute
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