Das Land, Politik

Belgische Demoskopen sehen Regierungskoalition in leichtem Aufwind

Von Michael Stabenow.

Meinungsumfragen zur politischen Stimmung in Belgien haben inzwischen Seltenheitswert. So wurde die vom Meinungsforschungsinstitut Ipsos ermittelte aktuelle Stimmungslage mit Spannung erwartet. Sie zeigt, dass sich die sieben Parteien der Regierungskoalition insgesamt gut behaupten konnten, während vor allem die linkspopulistische PTB-PVDA in allen Landesteilen zulegte.

Die im Auftrag der privaten Fernsehsender VTM und RTL sowie der größten französisch- und niederländischsprachigen Zeitungen des Landes, Het Laatste Nieuws und Le Soir erstellt Umfrage belegt, wie sehr die politischen Stimmungen in Flandern und Wallonien voneinander abweichen.

Während in Flandern der rechtsradikale Vlaams Belang mit derzeit 23,6 Prozent (-2,7 Prozent gegenüber der Dezember-Umfrage) in Flandern weiter vor der flämisch-nationalistischen N-VA (20 Prozent, +0,1 Prozent) führt, stehen in Wallonien die Sozialisten (PS) mit 22,8 Prozent (-0.4 Prozent) weiter an erster Stelle. Die Konkurrenz vom linken Rand – PTB-PVDA – mit ihrem rhetorisch geschickten Spitzenmann Raoul Hedebouw – liegt mit 19 Prozent (+1,8 Prozent) jedoch nur knapp dahinter.

Mit den Grünen (Ecolo), deren Anteil von 15,6 auf 16,5 Prozent zunahm, entfallen auf die drei Parteien links der Mitte zusammen 58,3 Prozent. In Flandern kommen die Schwesterparteien SP.A, Groen sowie die beiderseits der Sprachgrenze als einheitliche Partei auftretende PTB-PVDA mit zusammen 29,1 Prozent auf die Hälfte.

Die Parteien der aktuellen Regierungskoalition verfügen weiter über eine deutliche Mehrheit. Dennoch muss ihnen das Erstarken der politischen Ränder beiderseits der Sprachgrenze Sorgen bereiten.

Immerhin scheint in Flandern der Höhenflug des Vlaams Belang gebremst. Die Partei, die bei der Wahl 2019 im Norden des Landes auf 18,7 Prozent kam und in der Umfrage im Dezember bei 26,3 Prozent lag, erreicht derzeit noch 23,6 Prozent. Die über lange Jahre in Flandern führende N-VA, die 2019 noch 25,5 Prozent erreichte, hat sich in den Umfragen stabilisiert und legte gegenüber Dezember minimal um 0,1 Prozentpunkte auf 20 Prozent zu.

Im Regierungslager können laut Umfrageergebnissen nur die flämischen Sozialisten (SP.A) unter ihrem 28 Jahre alten Vorsitzenden Connor Rousseau sowie die französischsprachigen Liberalen (MR) Zugewinne gegenüber der Parlamentswahl verzeichnen. Größter Verlierer sind die Sozialdemokraten der PS.

Und auch die flämischen Liberalen (Open VLD), die Partei des Regierungschefs konnten in der Wählergunst nicht gewinnen. De Croo, der einen vorsichtigen Kurs bei der Bewältigung der Corona-Pandemie verfolgt, ist im Norden des Landes – mit einer Zustimmungsrate von 63 Prozent – beliebtester Politiker. Noch vor dem N-VA-Vorsitzenden Bart De Wever (52 Prozent) und dem sozialistischen Gesundheitsminister Frank Vandenbroucke (51 Prozent). In Brüssel kann sich De Croo über immerhin 60 Prozent Zustimmung und Wallonien über 51 Prozent freuen. Der Spitzenplatz geht jeweils an die ehemalige Premierministerin und jetzige Außenministerin Sophie Wilmès.

Welche Auswirkungen die Re-Fokussierung des Regierungshandelns nach Corona und vor dem Hintergrund einer enormen öffentlichen Neuverschuldung um 29 Milliarden Euro, rund 7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, sowie das heikle Thema der geplanten Staatsreform auf die Meinungsumfragen haben werden, bleibt abzuwarten.

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