Das Land, Panorama

Belgiens wilder Osten

 

Von Heide Newson

Wer kennt es nicht: das Hohe Venn, eines der größten zusammenhängenden Wald- und Moorgebiete im westlichen Mitteleuropa und zu Recht ganzer Stolz der Region. Auch die Narzissenblüte, die jetzt im Frühjahr die Täler des belgisch-deutschen Grenzgebiets goldgelb färbt, erfreut sich überregionaler Bekanntheit. Dass Ostbelgien jedoch weitaus mehr Naturschätze aufzuweisen hat, wurde durch einen Vortragsabend in der Vertretung der Deutschsprachigen Gemeinschaft in Brüssel veranschaulicht. Unter dem Thema „Belgiens wilder Osten“ präsentierte der Biologe Dr. Frank Vassen einen faszinierend bebilderten und mit Anekdoten gespickten Vortrag über eine Region, die durch eine einzigartige Fauna und Flora besticht.

Es freut mich, Sie zu hier begrüßen zu können. Genießen Sie diese letzte Veranstaltung vor der Renovierung dieses Hauses“, so Eva Johnen, Leiterin der Vertretung der Deutschsprachigen Gemeinschaft in Brüssel. Die Vertretung, die sich in einem Jugendstilhaus von Henry Van de Velde befindet, werde nach der Renovierung noch schöner sein. „Wir lassen uns überraschen.“ Anfang April würden die Arbeiten beginnen, das sei kein Aprilscherz, fuhr sie fort, in Anspielung darauf, dass die Renovierungsarbeiten immer wieder verschoben worden waren. Bis Oktober solle alles fertig sein. Die Möbel werde man allerdings (vorsichtshalber) bis Ende des Jahres einlagern.

In einem reich illustrierten Vortrag präsentierte der ostbelgische Biologe Frank Vassen sodann den Osten Belgiens. Mit seinen Bildern und Erläuterungen versetzte er die etwa 50 Teilnehmer ins Staunen. Einen wissenschaftlichen Beitrag werde er nicht bieten. Dafür lieferte er einen sehr lebendigen und wunderbar entspannenden Vortrag, der so lebensnah war, dass so mancher Teilnehmer das Gefühl hatte, mit ihm durch diese Naturlandschaft zu streifen und auf Entdeckungstour zu gehen.

Zunächst erklärte er, was die aktuelle Besonderheit der Natur Ostbelgiens ausmacht. Frank Vassen, ein leidenschaftlicher Hobbyfotograf, der oft im Hochmoor unterwegs ist, beleuchtete die Artenvielfalt einer Region, die eine echte Schatzkammer an biologischen Reichtümern ist, und durch eine intakte und wunderschöne Natur punkten kann. Er lieferte spannende und überraschende Einsichten in die Entwicklung der Tier-und Pflanzenwelt im Laufe der letzten Jahrhunderte, und erklärte zudem in seiner verständlichen Darstellung die ökologischen Zusammenhänge.

Trotz Klimawandels ist die ostbelgische Naturlandschaft intakt. Als leitendes Symbol wählte Vassen die Wildkatze, die es vor 40 Jahren in Ostbelgien kaum gegeben habe. Sie sei etwas größer als die Hauskatze und bis Mitte des 20. Jahrhundert als Raubtier verschrien gewesen, jedoch ein sehr harmloses Tier. Große Populationen kommen in Laub- oder Mischwäldern vor, die von Menschen nicht gestört werden. Dazu meiden sie Gebiete mit intensiver landwirtschaftlicher Nutzung und sehr hohe Berge. In Ostbelgien scheinen diese Wildkatzen ihren geeigneten Lebensraum gefunden zu haben.

Ein großes Thema war auch das Sterben der Fichten , die in vielen Regionen dem Kahlschlag geopfert werden. Wegen Trockenheit und Borkenkäfer sind sie z.B. auf weiten Flächen in Deutschland ausgestorben. Hinzu kommt, dass die Fichte für die Holzwirtschaft verarbeitet wird, andererseits aber als erhoffter Retter im Klimawandel helfen kann, den Kohlendioxidspiegel zu senken. Fakt ist, dass ökologische und wirtschaftliche Ansprüche unvereinbar sind und miteinander konkurrieren. Aber der ostbelgische Biologe machte Mut. Es gebe in Europa mehr Wald als vor 100 Jahren, und in Ostbelgien sei der Fichtenwald derzeit durch günstige klimatische Bedingungen nicht vom Aussterben bedroht.

Wer gerne Vögel beobachtet, kam während der Präsentation ebenso auf seine Kosten. Frank Vassens ornithologische Exkursion führte zu vielen unterschiedlichen Vogelarten, darunter Greifvögeln, am Boden brütenden Vogelarten, die man in dieser Vielfalt überhaupt nicht vermutet hätte. Und dass Ostbelgien nicht nur durch das Hohe Venn mit einer erstaunlichen Naturlandschaft, Insektenarten, Pflanzen, Tieren, Wiesen und Waldgebieten aufwarten kann, stellte er auf eine so eindrucksvolle Weise dar, dass er nicht nur mir Lust auf eine Reise in das „wilde Ostbelgien“ machte.

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