Von Michael Stabenow
Rund 16 Kilometer, vier Stunden, Ausgangspunkt: Parkplatz an der Rue de la Croix, 1410 Waterloo; Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Brüssel: SNCB Intercity oder S-Bahn Richtung Charleroi bis Braine L’Alleud, TEC-Bus 36 (Braine L’Alleud – Wavre) bis Waterloo Monument Gordon; Fahrtzeit etwa 50 Minuten.
Er ist nicht zu übersehen. Auf einem aufgeschütteten Hügel, rund 40 Meter oberhalb der Ebene, steht, die rechte Tatze auf einer Kugel ruhend, seit 1826 der gusseiserne Löwe von Waterloo. Fast 4,5 Meter hoch und 28 Tonnen schwer ist das Standbild, das in Erinnerung an die elf Jahre zuvor hier und in der Umgebung ausgefochtene Schlacht errichtet wurde. Am 18. Juni 1815 fügten die vom britischen General Wellington und dem preußischen Feldmarschall Blücher befehligten alliierten Truppen dem französischen Herr Napoleon Bonapartes eine entscheidende Niederlage zu.
Dieser rund 16 Kilometer lange Rundweg führt zu einigen Schauplätzen des Schlachtgeschehens, bei dem damals wohl mehr als 20.000 Soldaten ihr Leben ließen. Die Beschreibung des überwiegend flachen Rundweges beruht weitgehend auf der Darstellung in der vom wallonischen Fremdenverkehrsamt (http://visitwallonia.be) herausgegebenen Broschüre „20 randonnées pédestres incontournables“. Die hier beschriebene Route deckt sich, auch wegen der fehlenden klaren Kennzeichnung, nicht ganz mit der des Fremdenverkehrsamtes.
So oder so: der Weg lohnt sich, obgleich die Strecke – aus letztlich einleuchtenden Gründen – ein Stück entlang der vielbefahrenen Nationalstraße 5 verläuft. Wer mit dem Auto aus nördlicher Richtung über die N5 anreist, lässt es am besten an der nach links – auf Höhe des Löwenhügels – abgehenden schmalen Rue de la Croix stehen. Rechterhand, gegenüber einem an die in der Schlacht bei Waterloo gestorbenen „Belgier“ – das Königreich ist erst 1831 entstanden – errichteten Mahnmals gibt es einige Parkplätze.
Wir laufen an der Kopfsteinpflasterstraße rund einen halben Kilometer nach Osten. An der Weggabelung, an der wir an einem Gebäude nach links in die Rue de la Croix abzweigen, befindet sich eine mit einem napoleonischen Adler versehene steinerne Gedenktafel. Sie erinnert an die hier am 18. Juni 1815 ausgebrochenen Kämpfe zwischen französischen und britischen Einheiten.
Auf ebenem Gelände geht es zunächst an der links gelegenen Musikschule Musica Mundi School vorbei. Sie wurde 2018 eröffnet und dient der Aus- und Weiterbildung von Nachwuchsmusikern aus aller Welt. Wir folgen der Straße ein gutes Stück, ehe wir an der zweiten Kreuzung rechts – in südlicher Richtung – in den Chemin du Mont abbiegen. Die Stelle ist nicht zu übersehen, da dort die Anlage des Royal Waterloo Golf Club beginnt und rechts an der Ecke der Backsteinbau der Kapelle Chapelle Notre Dame du Rosier mit einem blauen Portal und – leider – abbröckelnder Farbe steht.
Wir bleiben mehrere hundert Meter auf dem Feldweg, ehe wir an einige weiße Häuser kommen. Wir nehmen rechterhand den schmalen Kopfsteinpflaster- und Hohlweg Chemin de la Sablonnière. Wo er auf einen weiteren Weg einmündet, biegen nach links ab. Der Weg heißt zunächst weiter Chemin de la Sablonnière, führt an dem Bauernhof „Ferme Agroécologique de Papelotte“ vorbei und und geht dann in den Chemin des Catamouriaux über. Er mündet kurz darauf in ein Sträßchen ein. Wir gehen hier nach rechts auf dem Chemin des Cosaques in südlicher Richtung weiter.
Rechts, hinter einem kleinen Teich, führt an einem steinernen Kapellenbau ein Weg zu einem Poneyclub hinauf. In diesem Bereich sollen am Morgen der Schlacht von Waterloo große Teile der britischen Streitmacht aufgestellt worden sein. Heute erinnert hier nichts mehr an die damaligen Ereignisse. Wir biegen an der Kreuzung in den leicht bergauf führenden und unbefestigten Chemin de Plancenoit ein.
An der nächsten Weggabelung gehen wir links weiter bergauf. Der Weg heißt jetzt vorübergehend Rue Babeau, dann wieder Chemin de Plancenoit. Der Blick öffnet sich nun auf eine hügeligere Landschaft. An der Stelle, an der von links ein Stück Kopfsteinpflasterweg kommt, biegen wir nach rechts auf einen Feldweg ein. Ihm können wir, ohne ständig auf die Wegbeschreibung achten zu müssen, ein längeres Stück zwischen Wiesen und Feldern folgen.
Schließlich geht es leicht bergauf zu einer Siedlung. Es sind die Außenbezirke des Dorfes Plancenoit, wo sich 1815 das Schicksal während der Schlacht mit dem erfolgreichen Vormarsch preußischer Truppen gegen Napoleon neigte. Rechterhand, oberhalb der Straße Chemin de Camusuelle, befindet sich ein abgezäuntes, gotisch anmutendes preußisches Denkmal mit einem Eisernen Kreuz. Es wurde 1819 errichtet und erinnert mit seiner Inschrift an die Waterloo gefallenen preußischen Soldaten.
Wir biegen hinter der Gedenkstätte nach links auf den Chemin Laternier ab. Die von modernen Wohnhäusern gesäumte Straße führt zur Ortsmitte von Plancenoit. Unterhalb der neogotischen Kirche Eglise Sainte-Catherine bietet das Dorfzentrum mit seinen weißgetünchten Häusern eine pittoreske Kulisse. Hier scheint die Zeit stehengeblieben zu sein.
Wir bewegen uns zwischen den Häusern über die Place de Plancenoit weiter bergab und biegen nach links auf die Rue du Mouton ab. Sie führt in einem leichten Bogen nach rechts weiter bergab zu einer Hauptstraße. Wir überqueren sie und gehen geradeaus auf einem Weg, der uns auf das Gelände der Brüsseler Wassergesellschaft Vivaqua bringt. Rechts, hier noch als Rinnsal, fließt die Lasne, die weiter östlich beim flämischen Sint-Agatha-Rode als „Laan“ in die Dijle mündet. Vivaqua firmierte, woran eine Inschrift auf einem Backsteinbau erinnert, einst als „Compagnie Intercommunale des Eaux de l´Agglomération Bruxelloise“.
Auf waldigem Gelände gehen wir bergauf, bis wir auf den nach links abgehenden Sentier des Flamanches abzweigen. Er führt zwischen Stacheldrahtzäunen wieder aus dem Wald heraus und dann nach rechts in eine Senke weiter. Der Landschaftscharakter hat sich deutlich verändert. Das unübersichtliche hügelige Areal lässt erahnen, wie sehr es 1815 auf die Stellungen der Truppen angekommen sein muss.
Am Ende des Weges gehen wir nach rechts und in einem leichten Bogen wieder bergauf zu dem typisch Brabanter Bauernhof „Ferme du Chantelet“, dessen Innenhof wir durchqueren. Der imposante Gebäudekomplex auf dem Grundgebiet der heutigen Gemeinde Genappe diente Michel Ney, der sich Napoleon nach dessen Rückkehr von der Verbannung auf der Insel Elba wieder angeschlossen hatte und nun große Teile der französischen Truppen bei Waterloo befehligte, als Hauptquartier.
Hier verbrachte Ney die Nacht zum 18.Juni 1815. An seinen Aufenthalt erinnert eine am westlichen Eingang zum Gehöft angebrachte Plakette. Daneben findet sich die gut erhaltene barocke Kapelle „Chapelle du Chantelet“. Wir lassen das Gehöft hinter und laufen auf der Zufahrstraße in südwestlicher Richtung weiter. Rechts tauchen die Umrisse des einige Kilometer weiter nördlich gelegenen Löwenhügels auf.
Wir kommen schließlich an die Nationalstraße 5, an der wir nach rechts abbiegen und auf dem Radweg in nördlicher Richtung weiter gehen. Dass unsere Route einige Zeit an dieser vielbefahrenen Straße entlang führt, hat durchaus seinen Grund. So kommen wir nach einigen hundert Meter an den Gebäudekomplex der „Ferme Du Caillou“. Sie diente 1815 als „letztes Hauptquartier von Napoleon“. Heute beherbergt es ein Museum (www.dernier-qg-napoleon.be) – draußen ein Standbild Napoleons, drinnen eine Reihe von Relikten, die an die dramatischen Ereignisse vor mehr als 200 Jahren erinnern.
Damit kann wenige hundert Meter weiter die ebenfalls an der N5 gelegene „Ferme du Hameau du Roi“ nicht aufwarten. Dennoch scheint sie mehr Besucher als das Napoleon-Museum anzuziehen. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts ist hier eine traditionelle Bäckerei untergebracht. Wer der Verlockung nicht widerstehen kann und sich einen Eindruck von dem vielfältigen Angebot an Brotsorten, Konditoreiprodukten und Spezialitäten aus der Region machen möchte, muss den im Innenhof gelegenen Zugang zu dem Geschäft benutzen.
Nach wenigen Minuten können wir endlich der N5 den Rücken kehren und auf den nach Plancenoit führenden Chemin de la Maison du Roi abzweigen. Nach wenigen Minuten nehmen wir die nach links abgehende Avenue du Trianon. Sie führt durch eine gutbürgerliche Siedlung mit einem architektonischen Mischmasch, wie man ihn aus vielen Brüsseler Vororten kennt. Nach einer Weile biegen wir nach rechts in die Avenue de Fontainebleau ein. Ihr folgen wir einige hundert Meter, zuletzt im Bogen nach links bergab, ehe wir an die Hauptstraße Rue de la Bachée kommen.
Hier gehen wir nach links und an der nächsten Straßenecke auf der Rue aux Loups weiter. Nach einer Weile verlassen wir die Siedlung und laufen in nordwestlicher Richtung wieder zur N5. Dort steht linkerhand das einstige Gasthaus „Belle Alliance“, das Napoleon ebenfalls als Hauptquartier gedient hat und nach dem in Deutschland die Schlacht bei Waterloo lange genannt worden ist. Heute ist es ein ziemlich trostlos wirkender Bau an einer lärmenden Landstraße.
Wir überqueren die N5 – trotz der Zebrastreifen – mit der gebotenen äußersten Vorsicht auf und gehen geradeaus auf einem breiten Feldweg zwischen Ackerland weiter. Der Löwenhügel wirkt, je näher man ihm kommt, immer beherrschender. Kurz bevor wir den Brüsseler Autobahnring erreichen, biegen wir nach rechts ab und erreichen nach einigen Minuten die Gedenkstätte mit den umgebenden Museumsbauten (www.waterloo1815.be und www.musee.wellington.be). Wir laufen um den Löwenhügel herum und kehren anschließend zur wenige Minuten entfernt gelegenen N5 und damit zum Ausgangspunkt der Rundwanderung zurück.
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Fotos: Michael Stabenow
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