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Ansturm auf Brüsseler Terrassen

Von Heide Newson.

Nach fast sieben Monaten Lockdown öffneten in ganz Belgien am Samstag wieder die Außenbereiche von Restaurants und Cafés, Terrassen genannt. Bei milden Temperaturen war der Gästeandrang nicht mehr zu bremsen. Das galt vor allem für die hippen Terrassen in Brüssel rund um den Place Flagey und den Place Sainte Croix. Dort sah sich die Polizei gegen 1.30 Uhr morgens genötigt Wasserwerfer einzusetzen, um die dicht gedrängte, große Massenansammlung junger Menschen, meist ohne Maske, aufzulösen.

Dabei hatte am Place Flagey alles fröhlich-friedlich, voller Lebensfreude nach der Maxime „Corona so langsam ade“,  angefangen. Schon im Vorfeld der Öffnung der vielen Terrassen, wurden Tische abgewaschen, Stühle auf den vorgeschriebenen Abstand gerückt, Gläser poliert und die Bierhähne überprüft. „Einfach toll, dass wir wieder starten können, wenn es auch nur auf den Außenterrassen ist. Das gibt dem Gaststättengewerbe wieder eine Perspektive und bringt das Leben an den Ixeller Teichen zurück,“ so der Barkeeper vom Café Belga. So wie er, standen auch die anderen Café -Betreiber schon am frühen Samstag in den Startlöchern. Und obwohl es das Brüsseler Wetter zu diesem Zeitpunkt weder mit den Gastwirten noch Gästen gut meinte, waren alle einfach nur froher Dinge. Und den Regen schienen sie überhaupt nicht zu bemerken.

Schon gegen 10 Uhr morgens floss auf einigen Terrassen das belgische Bier in Strömen. „Nach einem frisch gezapften Bier sehne ich mich schon seit mehr als 10 Monaten,“ so Hubert, der ganz in der Nähe seiner Stammkneipe dem „Pitch Pin“, am Place Flagey wohnt. „Zu  Hause ist mir ganz schön die Decke auf den Kopf gefallen,“ gesteht er und bestellt noch ein zweites Leffe. „Endlich bekomme ich wieder ein Stück Normalität zurück und kann mit meinen Freunden hier auf der Terrasse meinen Kaffee genießen. Vor zwei Wochen bekam ich meine zweite Impfung und nun traue ich mich wieder unter Menschen,“ sagt die 85jährige Nelly, seit Jahren ebenso Stammgast in der urigen Kneipe. Hoffentlich halten sich nun alle an die Corona-Regeln, denn einen weiteren Lockdown möchte ich nicht mehr erleben.“

Auch am Nachmittag waren alle Tische in den Außenbereichen der vielen Restaurants und Kneipen rund um den Place Flagey voll besetzt. Noch wurde der Abstand von 1,5 Metern eingehalten. Mit steigendem Alkoholkonsum in den Abendstunden, änderte sich das jedoch. Gegen 19Uhr wurde bereits lautstark gesungen, zumeist natürlich ohne Masken. Die Polizei zeigte zwar Präsenz, war aber auf Harmonie bedacht und blieb zunächst im Hintergrund. „Die jungen Leute haben so lange auf diesen Augenblick warten müssen,“ erklärte uns ein verständnisvoller Polizist, darauf bedacht, Zusammenstöße mit den noch sehr friedlich feiernden Jugendlichen zu vermeiden. In stilleren Gefilde der Stadt, beispielsweise an der Porte Namur, waren die Brasserien ebenfalls gut besucht. Die Coronaregeln wurden dort jedoch auch am Abend strengstens eingehalten.

Am Flagey dagegen war nach 22 Uhr fast kein Durchkommen mehr. Ganz Brüssel schien hier fest zu hängen und so zu feiern, als sei Corona bereits besiegt. Der beliebte Treffpunkt war lautstark grölenden Terrassenstürmern, die Feuerwerkskörper zündeten, zum Opfer gefallen. Die derart Feiernden, die gemäß Corona-Regeln die Terrassen um 22 Uhr eigentlich hätten verlassen müssen, dachten nicht daran. Und jetzt versuchten die Ordnungshüter doch, die Zügel anzuziehen. Aber mittlerweile waren die Massen unkontrollierbar. So sehr, dass die Polizei gegen 1.30 Uhr  Wasserwerfer einsetzte, um die noch etwa 500 Unentwegten zu vertreiben. Und Nelly, die von ihrer Wohnung am Place Flagey die aus dem Ruder laufende Party verfolgte, befürchtet nun, dass es durch das Verhalten der Feiernden zu einem erneuten Anstieg von Covid-Infektionen kommen könnte, und die neu gewonnene Freiheit schon bald wieder eingeschränkt wird.

Fotos: Heide Newson

 

 

 

 

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