
Ein Rundgang auf dem bis zum 4. Januar geöffneten Brüsseler Weihnachstmarkt
von Heide Newson
Weihnachtsmärkte gibt es derzeit überall. Einer scheint schöner als der andere. Dennoch zieht der Plaisirs d’Hiver (Winterfreuden) in Brüssel schon allein wegen seines Standortes in- und ausländische Besucher in seinen Bann. Vom Grand Place, einem der schönsten Marktplätze der Welt, erstreckt sich das Winterwunderland mit mehr als 200 Chalets und Eisbahn bis zum 4. Januar zwischen Börse, Place Sainte-Catherine bis zum Fischmarkt.
Eine besondere Stimmung lag in der Luft, als ich am Samstag, einen Tag nach der Eröffnung, über den gigantischen Weihnachtsmarkt schlenderte. Verführerisch duftete es nach Glühwein, Waffeln, Bratwurst, gebrannten Mandeln, (Schweizer) Raclette, Fritten, Schokolade und internationalen Köstlichkeiten. Der riesige Weihnachtsbaum auf dem Grand Place ist jedes Jahr ein Höhepunkt.
Stets stellt sich die spannende Frage, woher das Prachtexemplar kommt. Früher wurde es aus dem fernen Finnland oder aus den belgischen Ostkantonen nach Brüssel transportiert, was eine logistische Herausforderung war. Der diesjährige Baum, eine majestätische, rund 20 Meter hohe Fichte, stammt aus der unweit von Mecheln gelegenen flämischen Gemeinde Sint Katelijne-Waver – und lässt nicht nur Kinderaugen erstrahlen. „Er leuchtet zwar schön, ist auch toll dekoriert, aber ein wenig schief. Der im Vorjahr war prachtvoller und viel schöner und besser gewachsen“, so einige Brüsseler. Es ist eine Meinung, die von meiner Tochter geteilt wurde.
Fasziniert waren wir dennoch sogleich von der Lichterschau, der die altehrwürdigen Zunfthäuser zum Erstrahlen brachte. „Was für ein tolles stimmungsvolles Wow-Spektakel“, raunte es durch die Menschenmassen. Eine Augenweide ist ebenso stets die große Weihnachtskrippe, während die liebevoll dekorierten Stände ein Ambiente schaffen, das die Besucher jedes Jahr aufs Neue verzaubert.
An rund 200 Chalets präsentieren die Aussteller regionale Produkte, traditionelles Handwerk, Textilien und kulinarische Klassiker, auch aus dem Fischmarkt, mit einem beeindruckenden Beleuchtungskonzept. Und über allem thront ein Riesenrad, das den Besuchern einen atemberaubenden Blick über das muntere Treiben auf dem Weihnachtsmarkt gewährt. Dazu dreht das magische Kinderkarussell seine Runden. Die kulinarischen Stände mit ihrem Bier- Sekt-, und Glühweinangebot waren stark umlagert, die vorweihnachtliche Stimmung trotz vieler Regenschauer grandios.
Mein Enkel wollte zwar unbedingt eine deutsche Bratwurst aus Thüringen, aber wir waren zu diesem Zeitpunkt vom Stand Andreas, die diese Spezialität dieser Tage in Börsennähe anbietet, einfach zu weit entfernt. Statt Bratwurst vom Stand der ehemaligen Besitzerin der Maxburg-Gaststätte im Europa-Viertel verzehrte Alex dann genüsslich eine Tartiflette. Und ich entdeckte, wie ich sie früher nannte, „Mohrenköpfe“, die heutzutage politisch korrekt wohl Schokokuss oder sonst wie genannt werden. Davon verdrückte ich gleich drei. Auch die gebrannten Mandeln hatten es mir angetan, und ich deckte mich mit mehreren Tüten für die nächsten Tage ein.
Begleitet wurden wir überall von weihnachtlicher Musik. So spielte vor dem Eingang der Kirche Sainte-Catherine die Kapelle der Heilsarmee auf. Da mein Enkel trotz seiner Tartiflette nicht auf seine geliebte Bratwurst verzichten wollte, schlenderten wir vom Fischmarkt zur Börse zurück zu Andreas Stand. Dort hatte sich eine stattliche Warteschlange gebildet. Die Thüringer Bratwurst war wie immer ausgezeichnet, auch die Reibekuchen, denen ich nicht widerstehen konnte – und das nach den Schokoküssen, einem Lunch in der Passage du Taverne, Cocktail im L’Archeduc in der Rue Antoine Dansaert sowie Glühwein und gebrannten Mandeln. Aber all das gehört ja zu den Brüsseler Winterfreuden dazu …
Fotos: Heide Newson, Hanna Penzer, Reinhard Boest







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