Aktuell, Belgischer Alltag

Es geht auch ohne die gute alte Postkarte

 

 

Von Michael Stabenow

Wundern Sie sich auch darüber, dass Sie in Ferienzeiten keine oder kaum noch Postkarten von Freunden oder Verwandten erhalten? Keine Sorge, Ihre Lieben haben sie bestimmt immer noch lieb. Aber in vielen Urlaubsländern lässt der Blick auf die Portokosten auch eigentlich in der Tiefe ihres Herzen begeisterte Kartenschreiber erschaudern. Zum Beispiel 1,70 Euro in Spanien für ein paar freundliche Zeilen an Tante Paula, derselbe Betrag für einen Gruß an Vetter Thomas und so weiter. Da verzichtet man doch lieber auf den Kartengruß, bestellt stattdessen einen kühlen Drink an der Strandbar und erhebt das Glas zum Wohle von Tante und Vetter.

Aber es kann noch dicker kommen, wie Kathleen Dierick aus dem ostflämischen Wetteren-Ten-Ede in einer E-Mail – nein, nicht per Postkarte – an das Verbrauchermagazin „Win Win“ des Rundfunksenders VRT schrieb. „Ich war“, so ihre Schreckensnachricht, „unlängst in Portugal und habe dort am 11. Mai eine Anzahl von Postkarten nach Belgien abgeschickt. Erst am 24. Juni – also mehr als sechs Wochen später – kamen die Karten an.“

Immerhin – wir haben es schon erlebt, dass unsere in der Toskana oder Sizilien brav eingeworfenen bunten Postkarten nie ihren Bestimmungsort erreicht haben. Aber Verständnis für den Unmut von Kathleen Dierick haben wir durchaus. Und dem Verbrauchermagazin „Win Win“ sind wir dankbar, dass es der Sache in Brüssel auf den Grund gegangen ist. „Eine Sendung aus dem Ausland dauert sowieso länger“, sagte Katelijne Exelmans, die Ombudsfrau der belgischen Post (Bpost), auf Anfrage von „Win Win“. Dass, wie Exelmans erläutert, Postkarten zweimal – im Land der Aufgabe sowie in Belgien – sortiert werden, hätten wir uns eigentlich denken können.

Und dann das Problem mit der sogenannten Trackingnummer, die es bei gewöhnlichen Postkarten und Briefen nicht gibt. „Wenn es Probleme gibt, dann kann man nicht aufspüren, wo sich die Karte befindet oder wo die Verspätung sich abspielt“, erklärte die Ombudsfrau – für uns noch ein Grund, es sich genauestens zu überlegen, ob man das Risiko des Postkartenschreibens und vor allem –verschickens noch eingehen sollte.

Tröstlich ist, dass Bpost-Sprecher Matthieu Goedefroy Mitgefühl für enttäuschte Kartenschreiber wie Kathleen Dierick zeigte. „Wir verstehen natürlich, dass die Karten sehr wichtig sind und zu einer schönen Reiseerfahrung beitragen. Jede Karte, die zu spät ankommt, ist eine zu viel“, zitierte „Win Win“ Goedefroy. Immerhin wies er uns darauf hin, dass die belgische Post die am Brüsseler Flughafen eintreffenden Karten „so schnell wie möglich austrägt, damit sie innerhalb von ein bis drei Tagen an ihrem Bestimmungsort sind“.

Dass es so lahm mit vielen schönen Postkarten zugeht, so schließen wir messerscharf, muss also an Problemen in den Urlaubsländern liegen. Also Ferien in Belgien? Warum eigentlich nicht? Wer aber die Ferien an der Nordseeküste oder in den Ardennen verbringt und zu Kugelschreiber oder, das soll es noch geben, Füllfederhalter greifen will, muss sich ebenfalls auf unliebsame Überraschungen einstellen.

Für Inlandssendungen, so entnehmen wir der Website von Bpost, beträgt das Porto derzeit 2,27 Euro, für den Versand in andere europäische Länder gar stolze 2,78 Euro. Da verschicken wir doch lieber ein paar herzliche Grüße per E-Mail oder WhatsApp und gönnen uns ein herzhaftes belgisches Steak mit Fritten.

 

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