Zum 60.Geburtstag von Prinz Laurent, dem jüngeren Bruder des belgischen Königs Philippe
Von Michael Stabenow
Er galt traditionell als das „schwarze Schaf“ oder das „Enfant terrible“ des belgischen Könighauses. Jahrelang hat Prinz Laurent, der jüngere Bruder des Staatsoberhaupts König Philippe für nicht nur positive Schlagzeilen gesorgt. Mal lieferte sich „Prinz Vollgas“, wie er oft genannt wurde, ein Rennen mit einem parallel zur Autobahn dahinsausenden Hochgeschwindigkeitszug. Unmut erweckte er während der Militärparade am Nationalfeiertag, als er sich mal schlafend, mal telefonierend und mal ohne die dort übliche Uniform zeigte.
Uniformiert trat er hingegen 2017 bei einem Empfang in der chinesischen Botschaft anlässlich des 90. Jahrestags der Volksbefreiungsarmee auf. Die Quittung blieb nicht aus: Die Apanage von jährlich rund 300.000 Euro wurde um 15 Prozent gekürzt.
Zuletzt ist es ruhiger um den Prinzen geworden, der am 19. Oktober 60 Jahre alt geworden ist. Auch im Königshaus, wo Laurent wegen mancher Eskapaden zeitweise „Persona non grata“ zu sein schien, kann er sich wieder blicken lassen. Ist der Prinz mit dem Alter weiser geworden? Zumindest deutlich schlanker, wenn man die Fotos aus jüngster Zeit sieht.
Um kecke Sprüche ist der jüngere Sohn des ehemaligen Königs Albert II. und dessen Frau Paola, der mit Ehefrau Prinzessin Claire und den drei Kindern im Brüsseler Vorort Tervuren lebt, weiter nicht verlegen. Dies hat er in einem mehrseitigen, anlässlich seines Geburtstags veröffentlichten Interviews in der flämischen Zeitung „Het Nieuwsblad“ unter Beweis gestellt. Die Schlagzeile für das Gespräch mit dem nicht gerade für elegante Kleidung bekannten Prinzen lautet: „Ich wäre gerne Schöpfer von Herrenbekleidung. Ich bin auch ein wenig ein Künstler, finde ich.“
Den Anlass für die Veröffentlichung bietet ein Gespräch des Prinzen mit dem als „Marec“ bekannten Karikaturisten Marc De Cloedt in dessen Wohnhaus in Brügge. Das Gespräch liest sich wie ein entspannter Plausch bei einer Tasse Kaffee oder einem belgischen Bier. Nur dass, wie wir in „Het Nieuwsblad“ staunend lesen, er während des Treffens keinen Tropfen – heiß oder kalt, alkoholisch oder alkoholfrei – konsumiert haben soll. Er wolle eigentlich nicht reden, vielmehr handeln, verkündet Laurent und fährt fort: „Ich verkaufe kein Haschisch, ich trinke keinen Alkohol, ich verkaufe keine Waffen, keine Drogen. Ich tue etwas zum allgemeinen Nutzen. Zum Beispiel für die Umwelt.“
Stolz verweist der Prinz in diesem Zusammenhang darauf, dass er „als Erster“ ein Buch über die praktischen Möglichkeiten geschrieben habe, ohne Tierversuche auszukommen. Schon vor zwei Jahrzehnten habe er in Brüssel ein 120 Jahre altes Haus renovieren lassen, das seitdem klimaneutral sei. Bis heute fuchse es ihn, dass er von „der Politik“ nicht unterstützt werde in dem Bemühen, von einer libyschen Investmentgesellschaft Schadensersatzzahlungen für ein einst in Nordafrika geplantes Aufforstungsprojekt zu erhalten – und dies, obwohl neun Urteile in seinem Sinne ergangen seien.
Prinz Laurent wäre jedoch nicht Prinz Laurent, wenn er in dem Interview nicht auch für ein paar bemerkenswerte Sprüche gut wäre. Zum Beispiel zum Königshaus. Er habe sich immer anpassen müssen in einem Umfeld, das weiter zurückreiche als das Mittelalter. „Aber die Struktur ist bisher nicht genug angepasst. Man kann sagen, dass ich irgendwo im Mittelalter lebe“, erläutert der Prinz.
Nicht nur die Monarchie stellt er in Frage: „Was ich nicht verstehe, ist, dass die Gesellschaft immer so eine über der Gesellschaft stehende Gestalt haben muss: einen Präsidenten, einen Premier, einen König“. Erstaunlich, aber aus der Warte eines deutschen Publikums interessant ist die Kritik des Prinzen an der Tatsache, dass dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen fünf Staaten – die Vereinigten Staaten von Amerika, Russland, China, Frankreich und das Vereinigte Königreich – angehörten, Deutschland und Japan aber nicht. „Warum? Weil sie den Zweiten Weltkrieg verloren haben? Aber wen hat der ukrainische Präsident Selenskyi um Panzer gebeten? Doch Deutschland“, sagte der Prinz.
Frauen an die Macht? Ja, wenn es nach Prinz Laurent geht. Er frage sich manchmal, was geschehen würde, hätten Staaten wie Russland, Saudi-Arabien oder Israel Frauen an ihrer Spitze. Als Vorbild nennt er Georgien und das dortige Staatsoberhaupt Salome Surabischwili. Es folgt ein bemerkenswertes, feministisch anmutendes Bekenntnis des Prinzen: „Die Präsidentin dort verhält sich wirklich wie die Verantwortliche einer Herde. Darum bin ich ein großer Anhänger der Frau. Wir Männer haben so oft bewiesen, dass wir es nicht können. Dennoch klammern wir uns weiter an die Macht fest. Nicht korrekt.“
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