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Belgisch-chinesische Wirtschaftsbeziehungen im Jahr des Hahns

 

Von Rainer Lütkehus.

Belgien pflegt seine über 50 Jahre langen Wirtschaftsbeziehungen zu Hongkong sorgfältig. Dort haben immerhin 90 belgische Unternehmen eine Niederlassung; 1700 Belgier leben dort. Belgiens Exporte nach Hongkong sind die sechst größten unter den EU-Ländern und seine Importe von dort die fünft größten. Hongkong ist für Belgiens Exportwirtschaft das Einfallstor nach China, wie es Belgien umgekehrt für die chinesische Exportwirtschaft nach Europa ist. Da ist es ein Muss, dass ein belgischer Regierungsvertreter auf den jährlichen Feierlichkeiten der belgisch-hongkongischen Gesellschaft zum Anlass der Chinesischen Neujahrsfestes in Brüssel spricht.

An die 500 Gäste hatte das Brüsseler Hongkong Büro in die rot geschmückte Albert Hall zur Feier eingeladen. Es gab Champagner so viel man wollte und natürlich typische chinesische Küche. Das neue chinesische Jahr (28. Januar 2017 -15 Februar 2018) steht im Zeichen des Hahns. Mit diesem Tierzeichen verbinden die Chinesen viele gute Lehren: Auf einem roten Zettel, den jeder Besucher in einem roten Couvert bekam, stehen die Sterndeutungen aus dem astronomischen „Reich der Mitte“, in dem die Sterne nie untergehen. Dort ist zu lesen, dass das Jahr günstig für risikoarme Finanzanlagen sei. Man solle die Dinge nicht durch langes Überlegen verkomplizieren:

„Halten Sie es einfach“ lautet der Rat. Wer unter dem Tierzeichen des Hahns geboren ist, gilt als energisch, scharfsinnig, offen direkt, loyal , gesellig und tapfer. Zu den bekannten Persönlichkeiten mit dem Hahntierzeichen würden der belgische Filmdirektor Stijn Coninx und der belgische Modedesigner Martin Margiela gehören.

Flandern hat mehr von den Beziehungen als Wallonien

„Ich bin ein Hund“, sagte Außenminister Didier Reynders ironisch, geboren 1958 und damit im chinesischen Tierzeichen des Hundes. „Der Hahn“, fuhr er fort, „ist nicht nur ein Symbol in China, sondern auch in Belgien“. Eine belgische Region, die Wallonie, trage Stijn Coninx (trage es in ihrem Wappen. Es sei daher zu hoffen, dass das neue chinesische Jahr (28.1.17-15.2.18) für alle belgischen Bürger, also auch für die Wallonen erfolgreich sei.

Denn 70 Prozent der nach Hongkong exportierten belgischen Güter sind Diamanten – aus Antwerpen. In China und Hongkong spielt die Wallonien kaum eine Rolle. 2014 exportierte Belgien laut Angaben der belgischen Nationalbank Waren im Wert von 2,3 Milliarden Euro nach Hongkong und im Wert von 5,5 Milliarden Euro nach China. Die Wallonie hatte einen geringen Anteil daran, 16 Prozent (Hongkong) bzw. rund ein Prozent (Kontinentalchina). Das Geschäft mit Hongkong und China machen also als Erstes die Flamen.

Es ist aber erstaunlich, dass die Wirtschaftsbeziehungen Belgiens zu Hongkong enger sind als die zur demokratischen Republik Kongo, seiner ehemaligen Kolonie in Schwarzafrika. Zehnmal mehr belgische Waren gehen in die ehemalige Kronkolonie Großbritanniens als in den Kongo.

Hongkong wirbt, das freieste Wirtschaftssystem der Welt zu haben

Vor dem Hintergrund der zu befürchtenden protektionistischen Wirtschaftspolitik Großbritanniens und der USA gewinnen die belgisch-chinesischen Außenwirtschaftsbeziehungen an Bedeutung. „Protektionismus ist ine Bedrohung für kleine offene Volkswirtschaften wie Belgien und Hongkong“, so Außenminister Reynders. Auf dem Weltwirtschaftsforum im Januar diesen Jahres im schweizerischen Davos war es gerade Chinas Staatspräsident Xi Jinping, der den freien Welthandel beschwor. Seit 2001 ist China Mitglied in der Welthandelsorganisation. Den Status einer Marktwirtschaft hat es aber immer noch nicht bekommen.

Dann könnte die EU keine Antidumping-Zölle mehr verhängen. Das kann sie zurzeit und hat sie getan, wenn China seine Waren unter Kosten in die EU exportierte (Dumping). Rechtsanwälte klären nun, ob es den Status automatisch bekommen kann oder nicht. Es dürfte belgischen Unternehmen geraten sein, mit Investitionen so lange zu warten, bis China wirklich eine Marktwirtschaft ist. Denn Investitionen im Reich der Mitte sind riskant. Deshalb bleiben viele belgische Unternehmen weg. Unternehmensgründungen von Europäern sind nur bei Preisgabe ihres Know-hows und unter der Auflage eines Joint-Ventures mit einem chinesischen Unternehmen möglich. Kann man den Pekinger „Kommunisten“ eine konsequent marktwirtschaftliche Politik zutrauen? Der Staat ist unberechenbar. Die Rechte an geistigem Eigentum sind nicht geschützt, Produktfälschungen weit verbreitet.

Dieses Problem stellt sich für Hongkong nicht. Dort herrscht Kapitalismus pur. Es gibt noch nicht einmal eine Mehrwertsteuer. „Wir haben das freieste Wirtschaftssystem der Welt, “ warb Miss Lai vom Brüsseler Hongkong-Büro für Hongkong als Investitionsstandort. Weil Hongkong zu Kontinentalchina gehört, spricht man von „einem Land mit zwei Systemen“. Es will das Tor zu China sein.

Im November 2017 organisieren das belgische Generalkonsulat und die belgisch-luxemburgische Handelskammer eine „belgische Woche“ in Hongkong. Anlass ist das 20-jährige Jubiläum der Übergabe der ehemaligen britischen Kronkolonie an Kontinental-China. Belgier und Hongkong-Chinesen sind schon lange kulturell miteinander verbunden. Es gibt die belgisch-hongkonger Gesellschaft BHKS. Letztes Jahr nahmen junge Hongkonger am Eupener „Oxfam Trailwalk” teil. Jugendliche aus Ost-Belgien würden zu einem ähnlichen Lauf anlässlich der Feiern im November in Hongkong eingeladen, kündigte Reynders an.

China und Hongkong nicht dasselbe

Hongkong (‚Duftender Hafen‘) ist immer noch etwas Besonderes. Bis 1997 war die 7 Millionen Metropole an der Südküste der Volksrepublik China, mit 1085 km2 kaum größer als die deutschsprachige Gemeinschaft (885 km2) oder das Stadtland Berlin (888 km2), britische Kronkolonie. Seitdem ist Hongkong eine chinesische Sonderverwaltungszone unter Beibehaltung einer freien Marktwirtschaft und hoher innerer Autonomie. Ein Anzeichen dafür, dass Hongkong noch nicht vollständig im Reich der Mitte aufgegangen ist, ist die Tatsache, dass die belgische Nationalbank eine getrennte Außenhandelsstatistik für Hongkong und China führt.

Hongkong ist weltweit in zehn Städten mit Büros vertreten, davon in vier europäischen Städten (Berlin, Brüssel, Genf und London). Das Berliner Büro hat Diplomaten-Status und ist zuständig für die Länder Deutschland, Österreich, die Schweiz Tschechien, die Slowakei, Polen und Ungarn; das Brüsseler Büro für EU-Angelegenheiten, Belgien, Luxemburg, die Niederlande, Frankreich, Irland, Italien, Spanien, Portugal, Bulgarien, Rumänien, Kroatien, die Türkei, Malta und Zypern.

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