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Ein besonderer Besuch im Naturkundemuseum Brüssel

 

© Musée de Sciences Naturelles

Eintauchen in die Welt der naturwissenschaftlichen Forschung

Von Greta Baukhage, Selma Bohnen, Mona Clausen, Amelie Donath, Marianna Freericks, Niklas Gutermuth, Philipp Harder, Killian Johannson, Ivan Naumenko, Aiden Renggli, Samai Schmitz-Geacoman, Finja Soltwisch, Emma Trovato, Sofija Vizule, Alexander Voigt, Emilie Wiedow, Petra Zoicas & Dr. Kristina Articus-Lepage

Am 23. Mai dieses Jahres unternahmen wir, die Biologieschüler*innen der 10./11. Klassen der Internationalen Deutschen Schule Brüssel (www.idsb.eu ), einen ganz besonderen Ausflug zum Naturkundemuseum Brüssel: Wir durften innerhalb des Workshops „Taxonomy Recognition Day“ hinter die Kulissen des Museums schauen und in die Taxonomie – die Wissenschaft des systematischen Klassifizierens und Benennens von Lebewesen – reinschnuppern.

Das Naturkundemuseum (www.naturalsciences.be), auch als das “Königlich Belgische Institut für Naturwissenschaften” bekannt, ist berühmt für seine Sammlung von Dinosaurierfossilien. Angegliedert an den Ausstellungsbereich befindet sich der Forschungstrakt mit Laboren und Sammlungen, die sonst für die Öffentlichkeit unzugänglich sind. Diese durften wir besichtigen und uns mit den Forscher*innen unterhalten.

Der Workshop

Die Taxonomie ist die hierarchische Klassifikation von Lebewesen in eine bestimmte Kategorie, z.B. Art, Gattung und Familie. Diese Klassifikation basiert auf der Evolution und die wissenschaftlichen Namen spiegeln die Verwandtschaftsbeziehungen der Arten untereinander wider. Ziel der Veranstaltung war es, die Relevanz der Taxonomie in unserem täglichen Leben und die Rolle der wissenschaftlichen Sammlungen zu verdeutlichen. Dafür erhielten die Teilnehmenden zunächst die Möglichkeit, an verschiedenen Führungen durch die Sammlungen und Labore des Instituts teilzunehmen. Anschließend präsentierten einige Wissenschaftler*innen des Museums mit Hilfe von Postern ihre Forschungsprojekte. Beendet wurde der Nachmittag durch einen Vortrag des ehemaligen Leiters der Taxonomieabteilung, Prof. Dr. Thierry Backeljau. Dieser erklärte in einer überaus humorvollen Art die unumgängliche Rolle der Taxonomie im alltäglichen Leben.

Wir Schüler*innen konnten die Abteilungen Säugetiere, Entomologie, Paläontologie oder das DNA-Labor besichtigen.

Säugetier-Führung

Die Säugetier-Führung war super spannend, da wir in Bereiche des Museums durften, wo die Säugetiere ausgestopft werden – ein Bereich, zu dem noch nicht einmal die Wissenschaftler*innen Zugang haben, die das Museum besuchen, um bestimmte Tiere zu studieren.

Zunächst wurden uns einige Büros gezeigt und erklärt, wie neue Arten beschrieben und benannt werden. Danach wurden wir in die Sammlung gebracht, also die Räume, in denen die ausgestopften Tiere gelagert und bereitgehalten werden. Unser Highlight war definitiv, diese Sammlung anzuschauen, da es sehr faszinierend war. Es gab alle möglichen Tierarten – vom Meerschweinchen bis zum Eisbären! Außerdem haben wir auch Tiere gesehen, die mittlerweile ausgestorben sind. Das war zwar traurig, hat uns aber auch zum Nachdenken angeregt und noch einmal dazu aufgerufen, uns besser um unsere Umwelt zu kümmern.

Entomologie-Führung

Zusammen mit anderen Teilnehmern folgten wir dem leitenden Kurator für Entomologie in die Sammlungen, in denen die Insekten untergebracht sind. Ein beißender, unangenehmer Geruch stieg in unsere Nasen, schon sobald wir nur den Flur betraten. Dieser kam von den Chemikalien, unter anderem Ethanol, mit denen die Tiere konserviert wurden. Beeindruckend war, dass sich die Sammlungen des Museums über mehrere Stockwerke zogen und gar unendlich zu sein schienen. Jeder Raum besteht aus mehreren Gängen mit einem Schrank neben dem anderen, so sind pro Raum ungefähr 100.000 Insekten untergebracht. In jedem Schrank, in jeder Schublade, befanden sich verschiedene Arten an Schmetterlingen, Käfern oder anderen Krabbeltierchen. Der Forscher, welcher selbst zuletzt auf Expedition in Ruanda unterwegs war, um neue Ameisenarten zu identifizierten, erklärte uns einige Arten. Die bunt schimmernden Schmetterlinge, welche er uns zu Beginn präsentierte, waren außerordentlich schön. Ganz besonders erschienen uns auch die Nachtfalter, denn eine Motte, die sogar in Belgien heimisch ist, zählt wohl zu den schnellsten Insekten der Welt und kann eine Spitzengeschwindigkeit von ca. 100 Km/h erreichen. Später durften wir eine Schublade mit Käfern begutachten. Um den Überblick zu behalten, befinden sich an den Insekten jeweils kleine bunte Kärtchen, die einen Hinweis auf das Herkunftsgebiet geben. Das Naturkundemuseum in Brüssel besitzt aufgrund der Geschichte besonders viele Arten des afrikanischen Kontinentes. Rote Kärtchen bedeuteten, dass dieses Insekt als „Modell“ für Forschungen dient, ein sogenannter Typ. Jeder, der etwas über eine bestimmte Art herausfinden möchte, bekommt genau dieses Insekt geliehen und kein anderes. Obwohl das Museum 38 Millionen verschiedene Sammlungsobjekte besitzt, sind, so unser Experte, nur etwa 15 Prozent der auf dem gesamten Planeten lebenden Insektenarten beschrieben. Daher stirbt dieses Berufsfeld womöglich nie aus und ist, unter anderem um die biologische Vielfalt der Erde zu bestimmen und zu erhalten, von großer Wichtigkeit. Ein weiterer Entomologe berichtete von seinen Forschungsreisen nach Vietnam und dass dort Libellen und andere Insekten gegessen werden. Es wurden uns ziemlich viele Arten von Gespensterschrecken gezeigt, was etwas überfordernd war. Die Spinnen waren in einer benachbarten Sammlung und etwas gruselig.

Das DNA-Labor

Ein besonders spannender Bereich war das DNA-Labor, was uns die Möglichkeit gab, einen tieferen Einblick in die DNA-Forschung am Institut zu werfen. Der Bereich ist modern und ansprechend gestaltet, mit Geräten, die für die DNA-Analyse benötigt werden, wie z.B. Spritzen, Bechergläser, DNA-Proben und DNA-Analysemaschinen. Gleichzeitig wurde uns die große Bedeutung der DNA für die Benennung von zuvor unbekannten Tier- und Pflanzenarten nähergebracht. Unser Guide arbeitet im Labor und gab uns eine vollständige Tour durch das Labor. Er zeigte uns zuerst den Probensammelraum. Es ist ein Raum, in dem die Proben zuerst ankommen und von den Wissenschaftler*innen analysiert werden und wo festgelegt wird, auf welche Weise sie weiter untersucht werden. Er zeigte viele Gewebeproben und eingefrorene alte Larven. Wir gingen dann in den zweiten Raum, wo die DNA richtig analysiert wurde. In diesem Raum werden viele Aspekte der DNA bestimmt, wie z.B. die geografische, historische und biologische Herkunft einer Probe. Dieser Teil des Labors verfügt über viele Werkzeuge, die den Wissenschaftlern sehr helfen. Unser Guide sagte uns sogar, dass wir ohne diese Maschinen einige der selteneren Arten, die wir heute kennen, nie entdeckt hätten. Er erzählte uns ausführlich, was jede Maschine tut und wie die Forscher mit anderen Labors in ganz Belgien zusammenarbeiten. Er zeigte, wie eine Maschine eine Probe analysiert, indem sie ihren genetischen Code betrachtet und ihn in Aminosäuren übersetzt. Der Ort war auch mit mehreren Kühlschränken gefüllt, die alle Samples enthielten, die für weitere Forschungen aufbewahrt werden.

© Musée de Sciences Naturelles

Paläontologie

Der Höhepunkt des Besuchs war zweifellos die exklusive Führung durch das Paläolabor des Museums, in dem wir hautnah miterleben konnten, wie der Knochen von meist ausgestorbenen Tierarten, wie Dinosauriern oder alten Delfinarten, aus dem Gestein herauspräpariert werden. Diese faszinierende Arbeit erfordert höchste Präzision und Geduld. Unser Guide war einer der dort arbeitenden Taxonomen und konnte uns daher die verschiedenen Methoden der Präparation genauestens erklären. Er zeigte uns die verschiedenen Werkzeuge, mit denen man die Fossilien mechanisch von den Sedimenten befreit. Zudem klärte er uns auch über den analytischen Teil seiner Arbeit auf, für welchen er neben Abgüssen auch Scans der Fossilien erstellen muss. Sehr interessant und rührend war es, die Knochen einer neuen Dinosaurierart zu sehen. Diese Art wurde noch nicht beschrieben und gilt deswegen als neue Art. Erst in diesem Moment haben wir bemerkt, wie unglaubliche viele unbeschriebene Arten es noch auf dieser Welt gibt, wenn es so „normal“ ist, noch eine neue Dinosaurierart zu entdecken. Es rührte uns, die Knochen zu sehen, die noch nicht mal in einer Ausstellung sind. Es war ein spezielles Gefühl, da andere Wissenschaftler*innen diese Art noch nie gesehen haben, aber wir.

Wir sahen außerdem den Schädel eines Tieres, in dem die Spitze eines Haifischzahnes steckte. Es war unglaublich, dass man erkennen konnte, warum ein Tier vor so langer Zeit gestorben ist. Die Vergangenheit fühlt sich sonst immer so abstrakt an. Man sieht in der Schule nur Zeichnungen von Dinosauriern und anderen ausgestorbenen Tieren, doch hier hat man wirklich gefühlt, wie ähnlich die Tiere von damals zu denen heutzutage waren.

Dem Großteil von uns war der Aufwand hinter dem Präparieren der Fossilien für die Ausstellung, beziehungsweise Sammlung, nicht klar und wir waren darüber erstaunt, wie lange die vollständige Bearbeitung eines einzigen Fossils dauern konnte. Unser Guide erzählte uns, dass man meist mehrere Monate an einem Fossil arbeitet und daher ein enormer Aufwand hinter jedem Fossil steht. Auch machte der Forscher uns darauf aufmerksam, dass es immer weniger Taxonomen und vor allem weniger Nachwuchs in diesem Beruf gibt. Daher würde die Arbeit in der Taxonomie immer mehr und langwieriger werden. Besonders beeindruckend war es zu erfahren, dass das Labor Knochenfunde aus der ganzen Welt erhält. Dabei kommen die Funde nicht nur aus nahegelegenen Regionen, sondern auch aus weit entfernten Ländern wie den USA oder Peru. Diese internationale Zusammenarbeit unterstreicht die globale Bedeutung der paläontologischen Forschung und die Rolle des Brüsseler Naturkundemuseums in diesem Feld.

Resümee

Die auf die Führungen folgenden Präsentationen zeigten uns, inwiefern Taxonomie auch in unserem täglichen Leben von Bedeutung ist. Die verschiedenen Projekte der Wissenschaftler brachten uns den Nutzen der Taxonomie in der gegenwärtigen Welt näher. Wir waren überaus erstaunt darüber, in welch unerwarteten Zusammenhängen die Taxonomie behilflich sein kann.

Wir haben viele neue Dinge gelernt, und die Forscher*innen waren sehr freundlich und engagiert mit uns Schüler*innen. Dies war leider nur ein exklusiver Besuch, etwas, das man normalerweise nicht tun kann. Durch diesen Informationstag wurde uns allen bewusst, wie wichtig und bedeutend die Arbeit der Forschenden dort ist. Insgesamt war es in vielerlei Hinsicht ein sehr aufschlussreicher und faszinierender Tag. Auch wenn man später nicht Biolog*in werden möchte, war es toll, diese Erfahrungen gesammelt zu haben.

Workshop-Info: trd – TETTRIs

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