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Triumph und Tragik der belgischen Tour de France-Teilnehmer

Tour De France 1928, von Anders, CC BY-ND 2.0 DEED via FlickR

 Von Thomas A. Friedrich

Montag, 7.7: kein Glückstag für den belgischen Sprint-König Jasper Philipsen. Am Samstag hatte er sich bei der Auftakt-Etappe der Tour de France 2025 im spannenden Finish in Lille als erster über die Zielmarke gekämpft. Einen Tag später übernahm sein Teamkollege, der Niederländer Mathieu van der Poel, mit dem Sieg in Boulogne-sur-Mer das Gelbe Trikot.

Am Tag drei der Tour dann erwischte es Philipsen, den besten Sprinter der vergangenen Jahre, knüppeldick. Gut 55 Kilometer vor dem Ziel in Dünkirchen es kam bei einem Zwischenprint zum tragischen Sturz. Mit Verdacht auf Schlüsselbeinbruch schied der 27-Jährige, der im vergangenen Jahr drei und in 2023 gar vier Etappen sowie das Grüne Trikot des Punktbesten gewonnen hatte, aus.

Jasper is down“ meldete der Teamchef des Alpecin-Rennstalls, Philip Roodhooft, den übrigen im Rennen weiter sich abstrampelnden Teamkollegen über Headset-Kopfhörer.

Wie es zu dem Stutz von Philipsen kam

Der französische Tour-Teilnehmer Bryan Coquard vom Team Cofidis mit der Startnummer 163 touchierte, rechts neben Philipsen radelnd, an einer Steigung den belgischen Sprinter-Star unglücklich – wohl unabsichtlich – mit ausgestrecktem linken Bein.

Nach zwei Regentagen mit zum Teil spektakulären Stürzen durch das Departement Nord am Wochenende begann der Tag drei beim Start in Valenciennes erneut regnerisch. Fast das gesamte Fahrerfeld ging am Morgen erneut in Regen-Blousons auf die 178 Kilometer lange und sehr flache Strecke entlang der malerischen Côte d`Opale zur nördlichsten Stadt Frankreichs Dünkirchen.

Aber schon vor Mittag trocknete der stark vom Ärmelkanal her wehende Wind die Asphalt- und Kopfsteinpflaster-Strecke durch die wunderschönen mittelalterlichen Städte Isbergues und Cassel auf dem Weg zum größten Fischereihafen Frankreichs Dünkirchen ab.

Je näher das Hauptfeld dem Meer kam, um so mehr hatten die an der Spitze in den ersten drei Reihen radelten Tour-Rennfahrer mit starkem Gegenwind und tückischen Böen zu kämpfen.

Beim weiteren Verlauf des Rennens – neben dem traurigen Aus von Jasper Philipsen – kam es beim rasanten Finale auf dem letzten fünf Kilometern im engen Einlauf in Dünkirchen zu zwei weiteren Stürzen. Beim ersten Sturz gut drei Kilometer vor dem Ziel erwischte es den aus Schepdaal westlich von Brüssel stammenden Klassementfahrer und Vorjahresdritten Remco Evenepoel.

Sieger am Tag drei der belgische Radprofi und Super-Sprinter Tim Merlier

Auf der Zielgeraden kam es dann auf den 500 letzten Metern zu einer weiteren Kollision. Bei dem turbulenten Finish sauste schließlich der Belgier Tim Merlier mit hauchdünnem Vorsprung vor dem Italiener Jonathan Milan ins Ziel. Dritter wurde der deutsche Sprinter Phil Bauhaus.

Merlier vom Team „Soudal – Quick Step“ erzielte mit dem Sieg zu Wochenbeginn nach 2021 seinen zweiten Etappensieg bei der legendären Frankreich-Rundfahrt. Der 32-Jährige erfahrene belgische Radprofi aus dem ostflämischen Wortegem-Petegem ist amtierender Europameister im Straßenrennen. Er sicherte sich in dieser Saison damit den 11. Sieg und ist damit aktuell der erfolgreichste Sprinter.

Ich hab`mich von hinten zurückgekämpft. Ich weiß, dass es immer schwer ist, Milan zu schlagen“, sagte der Tagessieger nach dem Zieleinlauf in die Fernsehkameras.

Charakteristisch für Tag drei war das eher gemächliche Tempo mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von unter 40 km/h. In der ersten Rennstunde wurden sogar gerade einmal 36,2 Kilometer zurückgelegt.

Aber mehr noch prägte das fast die gesamte Strecke über geschlossene Fahrerfeld den Verlauf des Rennens. Auf der gesamten 178 Kilometer langen Fahrt formierte sich, äußerst ungewöhnlich, keine einzige Ausreißergruppe.

Nur bei der Bergpreis-Wertung 31 Kilometer vor dem Ziel ließen die führenden Teams den Belgier Tim Wellens sich allein absetzen. So gelang es ihm, das Bergtrikot von seinem Teamkollegen Tadej Pogacar, dem Favoriten auf den abermaligen Tour-Gesamtsieg – offenbar in Absprache mit der Teamleitung.

Die vierte Etappe von Amiens in die normannische Hauptstadt Rouen verlangt den Radprofis nach der Flachetappe mit einer Höhendifferenz von nur 80 Meter zu Wochenbeginn am Dienstag auf der 173 Kilometer langen Strecke dann aber 2.000 Höhenmeter ab.

Top-Favoriten bleiben auch 2025 Pogacar und Vingegaard

Absoluter Top-Favorit unter den 184 gestarteten Fahrern bei der Tour de France 2025 ist erneut der 26-jährige slowenische Vorjahres-Sieger Pogacar. Er siegte bereits bei der Tour in den Jahren 2020, 2021 und 2024 sowie beim Giro d´Italia im vergangenen Jahr. Der 28-Jährige Däne Jonas Vingegaard gewann die Tour de France 2022 und 2023 sowie die Polen-Rundfahrt 2024.

Dennoch sind Überraschungen bei dieser härtesten europäischen Radrundfahrt nicht ausgeschlossen. Sicher sind die beiden Profis als Titelgewinner der zurückliegenden fünf Tour de France-Rennen gesetzt. Für den am Montag in Dünkirchen gestürzten Vorjahresdritten Evenepoel dürfte es hingegen schon ein Erfolg sein, sollte er den gleichen Platz wie 2024 erringen, als er Dritter wurde.  

Bis zur Ankunft am Sonntag, den 27. Juli nach einer der 120-Kilometer-Strecke von Mantes-La-Ville nach Paris dürfte die Grande Boucle vor allem auf den Bergetappen in den Pyrenäen und anschließend in den Alpen im heißen Sommermonat Juli erneut zur „Tortur de France“ werden – wie Sportjournalisten diese härteste Radsport-Veranstaltung auch getauft haben.

Tour de France täglich live im belgischen Fernsehen und deutscher ARD

Alle Tour-Etappen werden täglich sowohl in der ARD als auch im radfahrbegeisterten Belgien auf dem Kanal Eurosport, sowie den öffentlichen Sendern beider Landesteile live übertragen. Durch besonders sachkundige Analysen sticht dabei der im flämischen Fernsehsender VRT hervor, der auch dieses Mal als Co-Kommentator den einstigen Tour de France-Teilnehmer und langjährigen Teamleiter José De Cauwer beschäftigt.

Nach Köln 1965 Hoffnung auf erneuten Tour de France Start in Deutschland im Jahre 2030

Die deutschen Radsportfans fiebern einem nächsten möglichen Tour de France- Start auf deutschem Boden entgegen. Nach dem ersten deutschen Tourstart in Köln im Jahre 1965 bewirbt sich der Bund Deutscher Radfahrer (German Cycling), 13 Jahre nach der letzten Tour-Schleife auf deutschem Boden mit Startpunkt Düsseldorf, und visiert einen Tour-Start im Jahre 2030 für Ostdeutschland an. Im 40. Jahr nach der Deutschen Einheit soll der Start mit drei Etappen in den Bundesländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen durch Dresden, Halle, Erfurt, Magdeburg und Leipzig verlaufen.

Dafür macht sich Rudolf Scharping stark, der Ehrenpräsident von German Cycling und selbst ein passionierter Radfahrer. Der Verein „Grand Départ Allemagne“ weiß sich für dieses Radsport-Projekt der Unterstützung der drei Ost-Ministerpräsidenten sicher. Die organisatorischen Kosten dafür werden mit 20 Millionen Euro veranschlagt. Im Gegenzug erhofft sich die Region Einnahmen für den Tourismus von 150 bis 200 Millionen Euro. Dies würde nach 1965 in Köln, 1980 in Frankfurt, 1987 in Berlin sowie 2017 in Düsseldorf den fünften Tour de France-Start von einer deutschen Stadt aus bedeuten.

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