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Mehr Flexibilität soll für höheren Beschäftigungsgrad sorgen

Palais de la Natiion Bruxelles Foto: Alex Guibord CC BY-ND 2.0 via FlickR

Von Michael Stabenow. Belgien hinkt traditionell beim Beschäftigungsgrad vielen Nachbarländern hinterher. Obwohl der Anteil der 20- bis 64-Jährigen, die berufstätig sind, sich zuletzt von 69,9 auf 71 Prozent erhöht hat, liegt Belgien nach wie vor unter dem EU-Durchschnittswert von zuletzt 73,5 Prozent. Mit einer Reihe von Beschlüssen zum Arbeitsmarkt will die „Vivaldi“-Koalition erweiterte Möglichkeiten eröffnen. Erklärtes Ziel ist es, die Erwerbsquote bis 2030 auf 80 Prozent zu steigern.

Im Mittelpunkt der zur Monatsmitte gefassten Beschlüsse der Spitzenvertreter der sieben Regierungsparteien (Liberale, Sozialisten, Grüne beider Landesteile sowie flämische Christdemokraten) stehen eine reibungslosere Vereinbarkeit von Arbeits- und Familienleben, erweiterte Aus- und Weiterbildungsangebote sowie ein – aus Sicht der Regierung – verbesserte Rahmen für sogenannte digitale Arbeitsplattformen. Dazu gehören die zunehmenden Arbeitsplätze von Anbietern wie die in Konkurrenz zu traditionellen Taxiunternehmen stehende Gesellschaft Uber oder der Nahrungsmittellieferant Deliveroo.

Arbeit an vier statt an fünf Tagen

„Der Arbeitsmarkt verändert sich sehr schnell“, sagte Premierminister Alexander De Croo bei der Erläuterung der Beschlüsse. Es gelte nun, durch mehr Flexibilität die Dynamik des Arbeitsmarktes zu fördern. Demnach soll künftig durch Mehrarbeit an einzelnen Tagen eine Vier- statt einer Fünftagewoche möglich sein. Die Arbeitszeit soll zwischen verschiedenen Wochen verrechnet werden können. Dies werde die Kinderbetreuung erleichtern, nicht zuletzt für getrennt lebende Eltern, erklärte De Croo.

Mehr Aus- und Weiterbildung

Auf die zunehmende Digitalisierung im beruflichen Alltag will die Regierung mit erweiterten Aus- und Weiterbildungsangeboten reagieren. Die Zahl der dafür vorbehaltenen Tage für die Beschäftigten soll von drei in diesem Jahr auf vier im kommenden sowie fünf im Jahr 2024 steigen. Die bisher nur für den öffentlichen Dienst geltende Regelung, wonach Beschäftigte außerhalb der offiziellen Arbeitszeiten keine dienstlichen E-Mails von Kolleginnen und Kollegen beantworten müssen, soll auf sämtliche Beschäftigte der privaten Wirtschaft ausgedehnt werden.

Leichterer Arbeitsplatzwechsel

Ein Arbeitsplatzwechsel soll künftig bereits während der Kündigungsfrist möglich sein. Voraussetzung dafür soll sein, dass der neue Arbeitgeber dem bisherigen eine Entschädigung zahlt. Nicht zuletzt auf Beschäftigte im Einzelhandel zielt die Neuregelung, wonach Arbeitszeitpläne fortan nicht fünf, sondern bereits sieben Tage zuvor vorliegen sollen.

Mit ihren auf vor allem digital tätige Unternehmen zielenden Maßnahmen greift die belgische Regierung Elemente der von der Europäischen Kommission Ende 2021 vorgelegten Vorschläge zur „Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der Plattformarbeit“ auf. Dies gilt zum Beispiel dafür, dass sämtliche Beschäftigte der Branche, ob selbständig oder festangestellt, in den Genuss einer Versicherung gegen Unfälle am Arbeitsplatz kommen sollen.

Geteiltes Echo auf die Beschlüsse

Das Echo auf die Beschlüsse der Regierung fiel geteilt aus. Neben Zustimmung aus den Reihen der Koalitionsparteien und Teilen der Wirtschaft gab es auch Kritik. Bart De Wever, der Vorsitzende der oppositionellen Neu-Flämischen Allianz (N-VA), bemängelte auf Twitter, dass es keine einzige nennenswerte Maßnahme zur Beschäftigungsförderung gebe. „Vivaldi ist die Regierung für Nicht-Arbeitende“, schrieb De Wever.

Agoria, der Dachverband der belgischen Technologiebranche äußerte sich lediglich zustimmend zu den künftig leichter möglichen Arbeitsplatzwechseln. Insgesamt müsse man von einer „verpassten Chance“ sprechen. Der Verband zog das Ziel in Zweifel, bis 2030 die Beschäftigungsquote in Belgien auf 80 Prozent zu steigern. Während sie in Flandern zuletzt bei 76,2 Prozent lag, betrug sie in Wallonien 65,8 Prozent und in Brüssel nur 62,2 Prozent.

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