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In Erinnerung eines legendären Interviews

l'ame des poetes interview
L’Interview

Es treffen sich Fabien Degryse (Guitar), Jean-Louis Rassinfosse (Double Bass) und Pierre Vaiana (Saxophone) nicht in Paris, sondern wohl in Brüssel. Eine Idee wird geboren. Welche Idee? Die Idee, eine musikalische Antwort auf ein nahezu legendäres Interview zu geben, das am 6. Januar 1969 in einer Pariser Wohnung stattgefunden hat. Es ist ein Interview mit den damals wohl wichtigsten und berühmtesten französischen Chansonniers. Oh Pardon, Brel war ja ein geborener Brüsseler, auch wenn er seiner Geburtsstadt und seiner Heimat bald den Rücken kehrte und seine größten Erfolge in Paris feierte. In seinen letzten Lebensjahren zog er sich im Übrigen in den Südpazifik zurück, ohne allerdings den Spuren von Paul Gauguin zu folgen, oder doch?

Doch zurück zu den drei oben genannten belgischen Jazzmusikern. Also, diese Drei kamen zusammen, um eine musikalische Antwort auf die an Brel, Brassens und Ferré gerichteten Fragen zu finden. Dazu durchforsteten sie den musikalischen Schatz, den die drei Chansonniers hinterlassen haben. Die Antworten dieser „Giganten des Chansons“ waren sehr persönlicher Natur und auch von ihrem Lebensalter und ihren Erfahrungen geprägt. Es war also die Aufgabe von Rassinfosse, Degryse und Vaiana. die passenden Antworten zu geben, durchaus verbunden mit Spielwitz und ein wenig Augenzwinkern.

Ein historisches Treffen und seine musikalischen Folgen

Das Cover der vorliegenden CD reflektiert die „historischen Treffen“ und zeigt in Zeichnungen die jeweiligen Trios vor den aufgebauten Mikrofonen. Vorlage für die Zeichnung des Dreiergespanns Brel, Brassens und Ferré war dabei eine Fotografie von Jean-Pierre Leloir.

Wer die aktuellen Aufnahmen genießen will, muss ein wenig Kenntnis des französischen Chansons haben. Das galt bereits für die Einspielung des Trios Degryse, Vaiana und Rassinfosse von 1996, als sie eine Hommage an Brel einspielten – auch erschienen bei Igloo Records! Zum Verständnis ist es außerdem wichtig, dass man Französisch beherrscht, denn sonst bleibt das „Booklet“ ein Buch mit sieben Siegeln. Statt einer Titelliste hat man sich nämlich entschieden, die an Brel, Brassens und Ferré adressierten Fragen vor die ausgewählten musikalischen Antworten von Degryse, Vaiana und Rassinfosse zu setzen: Gleich zu Beginn stellt der Interviewer die Frage nach der Bedeutung dieses „historischen“ Zusammentreffens. Zuvor waren die drei Granden des Chansons nur jeweils zu zweit bei Interviews erschienen. Die Kernfrage allerdings ist die Frage, ob sich denn die Drei darüber bewusst seien, die bedeutendsten französischsprachigen Dichter, Liedautoren und Chansonniers zu sein. L’Âme des Poètes findet die Antwort in Ferrés ‘Pauvre Rutebeuf’ – ‘Armer Rutebeuf’. Bezug genommen wird dabei auf den vor Villon bedeutenden sozialkritischen Dichter Frankreichs namens Rutebeuf. Fragen wurden auch nach der Wichtigkeit ihrer Karrieren gestellt. L’Âme des Poètes beantwortet diese Frage für Brel mit der Bearbeitung von ‘Au Suivant’. Auch die Beziehung der drei „Barden“ zur Musik macht einen Teil des „sensationellen“ Interviews aus. Mit Ferre´antworten Rassinfosse und Co: ‘C’ est extras’. Selbst der Tod wird im Januar 1969 in der Runde der drei Chansonniers thematisiert. Dabei ist nicht zu überhören, dass die Frage mit Ironie und Sarkasmus beantwortet wurde. So fällt denn auch die Antwort auf der aktuellen Einspielung aus: Zu hören sind Interpretationen von Brels ‘Jaurès’ und „Les Funérailles d’Antan’ von Brassens.

Für Jazzfreunde, die ein Faible für Chansons haben, ist die aktuelle CD sicherlich ein Hochgenuss, auch weil stets das Melodiöse der Chansons nicht außer Acht gelassen wird, wenn Rassinfosse seinen Bass zupft, Degryse seiner Gitarre stimmungsvolle Riffs entlockt und Vaiana sein Sopransaxofon zum „Schluchzen“ bringt.

© ferdinand dupuis-panther

Informationen
www.igloorecords.be
L’Âme des Poètes: L’interview: Brel, Brassens, Ferré IGL246 Mai 2014

Homepage der Band
http://www.amedespoetes.com/

Historisches Interview am 6.1.1969 in einer Pariser Wohnung für RTL mit Brel, Brassens und Ferré
https://www.youtube.com/watch?v=IJJ5I9fLnNg

 

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