Von Egon C. Heinrich.
Mit dem drastischen Plakat eines offenbar k.o. geschlagenen Boxers in den Ringseilen wird in Brüssel für das Klarafestival vom 09. bis 23. März geworben. Der bewußtlose Boxer wird allerdings von drei starken Männern in der Luft gehalten; darunter steht: „Erbarme dich.“ Dies ist dann auch das Leitmotiv des diesjährigen „Brussels International Music Festival – Klarafestival.“ Dieses wird wiederum von dem flämischen Klassik-Radiosender „Klara“ und vom „Festival van Vlaanderen“ in Zusammenarbeit mit anderen Kultureinrichtungen wie BOZAR, Flagey, Kaaitheater und Les Halles de Schaerbeek veranstaltet.
Die Matthäus-Passion rührt zu Tränen. „Erbarme Dich, um meiner Zähren (Tränen) willen……“ gilt als die schönste und ergreifendste Arie aus der Matthäus-Passion von J.S. Bach, wenn nicht sogar der geistlichen Musik überhaupt. Die Altstimme wird nur von einer Violine und von leisen Bass-Tönen begleitet (BWV 244). Die Matthäus-Passion wurde am 11. April 1727 in der Thomaskirche zu Leipzig unter der Leitung von Bach selbst uraufgeführt. Sie erklingt zum Abschluss des Klarafestivals am 23. März im BOZAR, interpretiert vom Monteverdi Choir und den English Baroque Soloists unter der Leitung von Sir John Eliot Gardiner.. Für ihn hat diese Musik von Bach die Wirkung, dass sich alle ZuhörerInnen die Hand reichen und umarmen wollten. Dieses – wie die meisten anderen Konzerte des Festivals auch – werden live von den Klassik-Sendern „Klara“ und „Musiq3“ übertragen.
Die Klara-Musikfestivals der letzten Jahren hatten sich an den Themen Utopie, Melancholie und Leidenschaft orientiert. In diesem Jahr geht es also – dem Bach-Zitat folgend – um das Leiden und Erleiden, um Barmherzigkeit, Mitgefühl und Trost. Diese Gefühle und Empfindungen sollen während des zweiwöchigen Festivals durch eine Vielzahl von Konzerten geistlicher und spiritueller Musik sowie durch Filme und Video-Installationen vermittelt werden.
Das Eröffnungskonzert findet am 9. März mit einer European Gala im BOZAR statt. Im Kontext der niederländischen EU-Ratsprsäsidentschaft im zweiten Halbjahr 2016 spielt das Radio Filharmonisch Orkest Werle von Nikolay Rimsky-Korsakow (Ouvertüre zum Russischen Osterfest), des chinesischen Komponisten Tan Dun (Tears of Nature) sowie von Igor Strawinsky (Sacre du Printemps = Frühlingsopfer). Es dirigiert der neue Star am internationalen Dirigentenhimmel, der junge Diego Matheuz aus Venezuela.
Klassik im Nachtklub
Gleich vier mal werden „Die sieben letzten Worte unseres Erlösers am Kreuz“ von verschiedenen Komponisten aufgeführt. Die Festivalbesucher können zahlreiche Konzerte mit anerkannten und berühmten Orchestern und Dirigenten erleben. Die Konzerte und Events finden nicht nur in den genannten Einrichtungen statt, sondern am 24.03. erklingt klassische Musik auch in dem Nachtklub „Mirano“ – allerdings begleitet von einem DJ. Der Abend läuft unter dem Titel „Classical music rocks“. Die Tickets dafür kosten 20 Euro, man muss also nicht unbedingt einen Champagner für 300 Euro bestellen…….
Berlin mit zwei Orchestern stark vertreten
Aus Berlin sind auf dem Festival die „Akademie für Alte Musik“ und der „Rundfunkchor Berlin“ zu erleben. Die Akademie wird unter der Leitung des belgischen Barock-Spezialisten René Jacobs zwei Werke von G.B. Pergolesi interpretieren. Der Rundfunkchor wird in Les Halles de Schaerbeek „Ein deutsches Requiem“ von Johannes Brahms aufführen. Dabei handelt es sich allerdings nicht um ein reines Konzert, sondern um eine theatrale Inszenierung von Jochen Sandig und der Choreographin Sasha Waltz.
Zwei Events des Festivals verdienen besondere Beachtung:
Die polnischen Regisseure Kieslowski und Piesiewicz haben 1989/1990 einen Zyklus von 10 Filmen über die 10 Gebote für das Fernsehen gedreht. Der polnische Komponist Zbiegniew Preisner hat zu diesem Dekalog adäquate Musik komponiert. Am 13. 03. wird beides im Flagey zu hören sein. Der Komponist dirigiert das NFM Wroclaw Philharmonic & Choir Ensemble aus Breslau. Diese Stadt ist bekanntlich in diesem Jahr eine der beiden Europäischen Kulturhauptstädte.
In der Kathedrale St. Michel et Gudule wird vom 9. bis 24.03. die Video-Insatallation „Martyrs“ des amerikanischen Künstlers Bill Viola gezeigt. Die Schau illustriert brutal die Leiden der Märyrer durch die Elemente Erde, Luft, Feuer und Wasser. Die Schau war zum ersten Mal im Mai 2014 in der St. Paul`s Cathedral in London gezeigt worden; sie zwingt zum Nachdenken über Themen wie Tod, das Jenseits, Mitgefühl und Opfersinn.
Informationen und Tickets:
www.klarafestival.be
Tel. 070-210217
Der Klarafestival-Pass zu 99 Euro berechtigt zum Besuch aller Veranstaltungen mit Ausnahme des Eröffnungs- und Schlusskonzerts sowie des Konzerts am 16.03.
www.bozar.be
Tel. 02-5078200
BOZAR Box Office, Rue Ravenstein 18, 1000 Bruxelles
02-6411020
www.halles.be
02-2182107
Bravo Egon Heinrich für diese interessanten Ausführungen. Nur weiter so !