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Von Michael Stabenow
Pascal Smet, für Stadtplanung zuständiger Staatssekretär in der Brüsseler Regionalregierung, macht auch in der eigentlich nachrichtenarmen Sommerpause von sich reden. Zuletzt hatte sich der flämische Sozialist unangenehmen Fragen stellen müssen. Mehrere belgische Medien – die Tageszeitungen Le Soir, De Tijd und die Wochenzeitschrift Knack – hatten über angebliche Verbindungen mit Lobbyisten des Anbieters Uber in der Auseinandersetzung um die Öffnung des Brüsseler Taximarkts berichtet.
Da trifft es sich gut für Smet, dass er jetzt mit einem von der Regionalregierung vorläufig gutgeheißenen Projekt namens “Good Living” aufwarten und versuchen kann, für gute Stimmung in der Hauptstadt zu sorgen. Es ist in gewisser Weise das Nachfolgeprojekt des 2016 ebenfalls von Smet, damals für die innerstädtische Mobilität zuständiger Minister, in die Wege geleiteten Programms „Good Move“. Es hat unter anderem die Anlage etlicher Radwege sowie die Beschränkung der Höchstgeschwindigkeit auf 30 Stundenkilometer in den meisten Straßen Brüssel nach sich gezogen.
Nun folgt also – auf Englisch in der offiziell französisch- und niederländischsprachigen Hauptstadt – der Slogan „Good Living“. Schwärmerisch teilte Smet mit: „Good Living wird das städtische Gewebe Brüssels für die kommenden 50 Jahre festzurren und so die Lebens- und Wohnqualität aller verbessern.“
Für Schlagzeilen hat in der belgischen Presse zunächst jedoch vor allem die Absicht gesorgt, das Angebot an Parkplätzen in der Stadt weiter zu verknappen und damit den Autoverkehr zurückzudrängen. So sollen künftig Autos nur noch entlang der Fahrbahn und nicht mehr – wie derzeit oft üblich – quer oder schräg dazu abgestellt werden dürfen. Der Zeitung „Het Nieuwsblad“ erklärte Smets Sprecher, bei quer und diagonal parkenden Autos hätten Fahrer eine weniger gute Sicht, was Radlern gefährlich werden könne.
Zu bedenken ist freilich auch, dass unachtsam geöffnete Türen von in Fahrtrichtung geparkten Autos ebenfalls zu üblen Unfällen führen können. Der Sprecher erklärte jedoch, Ausgangspunkt der Überlegungen sei, dass Autos „sowohl parkend als auch fahrend, höchstens 50 Prozent einer Straße in Beschlag nehmen dürfen.“
Etwas untergegangen ist in der öffentlichen Diskussion bisher, dass das Maßnahmenpaket tatsächlich bessere Zeiten für die Millionenstadt verheißt. Renovieren statt Demolieren, soll offenbar eine der Losungen für den Häusermarkt lauten. Brüssel solle genügend „Platz dafür bieten, zu spielen, sich zu treffen“. Mindestens die Hälfte der jeweiligen Straßenoberfläche soll Fußgängern, Radlern, dem öffentlichen Nahverkehr sowie zum Beispiel auch „Bänken, Bäumen und Büschen“ vorbehalten sein.
An besonders belebten Plätzen und Straßen Brüssels soll es künftig nicht an Sitzgelegenheiten, öffentlichen Toiletten und Trinkwasserbrunnen mangeln. Und die Hauptstadt soll etwas weniger grell anmuten. So soll es Leuchtreklame zwischen 22 Uhr und 7 Uhr nicht mehr geben dürfen. Sämtliche von der Fahrbahn für Autos abgetrennten Radwege sollen künftig ockerfarben sowie mindestens 1,8 Meter und bei Verkehr in beiden Richtungen mindestens drei Meter breit sein.
Wie stark sich die geplante Verknappung des Parkplatzangebots auf die ohnehin in vielen Teilen der Hauptstadt schon jetzt oft mühsame Suche auswirken wird, ist noch nicht abzusehen. So hat Brüssel zuletzt zwar erhebliche Anstrengungen unternommen, das Angebot an Bussen, Straßen- und U-Bahnen zu verbessern. Nur ein Teil der rund 360000 Berufspendler aus Flandern und Wallonien, die ihren Arbeitsplatz in Brüssel haben, kann sich jedoch auf eine gute Anbindung per Bahn oder Bus nach Brüssel verlassen. Ein leistungsfähiges S-Bahnnetz lässt weiter auf sich warten.Und einen Verkehrsverbund mit einheitlichen Tarifen und Fahrausweisen gibt es auch nicht.
Wer abends aus den Vororten in die Stadt möchte, kommt oft nicht umhin, mit dem eigenen Auto zu fahren und sich auf Parkplatzsuche zu begeben. Nach 22.30 Uhr – mit dem Bus – und 23 Uhr – mit der Eisenbahn – ist es oft unmöglich, nach Hause zurückzukehren. Und dass Taxifahrten in die Vororte – wegen der dort geltenden deutlich höheren Tarife – ein ausgesprochen teures und im Übrigen deshalb auch sehr seltenes Vergnügen sind, hat sich in und um Brüssel längst herumgesprochen.
Einen Vorteil hat die jetzt für das Parken in Fahrtrichtung geplante Regelung immerhin: Es soll für die gesamte Region eine einheitliche Vorgehensweise geben. Dagegen wird es wohl bis auf weiteres für die 19 Gemeinden bei oft sehr unterschiedlichen und auch selbst für Ortskundige undurchsichtigen Parkplatzregeln und Gebührenordnungen bleiben.
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