
Von Michael Stabenow
Während die Spitzenvertreter der belgischen Arizona-Koalition am Sonntag ihre Verhandlungen über die Sanierung des Staatshaushalts wieder aufgenommen haben, richtet sich die Aufmerksamkeit anderswo im Land auf die in den nächsten Tagen geplanten Proteste gegen die Regierungspolitik.
Zum Auftakt der bis einschließlich Mittwoch andauernden Streik- und Demonstrationswelle legten zahlreiche Bedienstete der Bahngesellschaft (SNCB/NMBS) am Sonntagabend die Arbeit nieder. Allerdings dürfte, wie auch bei den öffentlichen Nahverkehrsunternehmen in Brüssel (STIB/MIVB), Flandern (De Lijn) sowie Wallonien (Tec) ein Teil der Verbindungen aufrechterhalten werden. Informationen dazu finden sich auf den jeweiligen Webseiten.
Die Proteste der Gewerkschaften richten sich vordergründig gegen die drohenden neuen Sparbeschlüsse der Fünf-Parteienkoalition aus der flämisch-nationalistischen N-VA von Premierminister Bart De Wever, den flämischen Sozialisten (Vooruit) und Christdemokraten (CD&V) sowie den französischsprachigen Liberalen (MR) und der Zentrumspartei „Les Engagés“. Zuletzt war im Gespräch, den Staatshaushalt mittelfristig – bis 2029 – um rund 10 Milliarden Euro zu entlasten.
Eine insbesondere von den Liberalen abgelehnte Mehrwertsteuererhöhung um einen Prozentpunkt von 21 auf 22 Prozent schien am Sonntag in den Hintergrund zu rücken. Stattdessen ist offenbar jetzt eine höhere Erdgasbesteuerung im Gespräch. Auch Festivalbesucher sollen nach Informationen des flämischen Rundfunksenders VRT durch eine höhere Mehrwertsteuer künftig mehr an die Staatskasse abführen müssen.
Die Proteste richten sich aber auch gegen die bereits zuvor grundsätzlich von der Regierungsspitze vereinbarten Einsparungen. Die dazu geplante Neuregelung der Renten kann allerdings, wie der zuständige Minister Jan Jambon (N-VA) jetzt im Parlament erklärt hat, nicht zum Jahreswechsel in Kraft treten. Dies gilt auch für die geplante, aber im Detail noch nicht ausgehandelte Regelung zur Besteuerung von Gewinnen bei der Veräußerung von Wertpapieren.
Auch wenn die christlichen, sozialistischen und liberalen Gewerkschaften für Mittwoch einen „Generalstreik“ ausgerufen haben, an dem sich auch Arbeitnehmer privater Unternehmen beteiligen sollen, dürften daran vor allem Bedienstete öffentlicher Einrichtungen mitwirken: von Verwaltungen, zum Teil auch Schulen, Krankenhäusern und anderen Versorgungseinrichtungen, teilweise auch der öffentlichen Rundfunkanstalten RTBF und VRT. Auch bei der Müllabfuhr dürfte es zu Problemen kommen. Der Betrieb der Flughäfen Brussels Airport in Zaventem und Charleroi soll am Mittwoch zum Erliegen kommen.
Privatunternehmen dürften vor allem indirekt von den Streikaktionen betroffen sein. So gibt es in belgischen Medien Schätzungen, wonach die angekündigten Proteste der kommenden Tage für die belgische Wirtschaft mit Einbußen von 500 Millionen bis zu einer Milliarde Euro einhergehen könnten.
Bei der belgischen Post soll es mit Rücksicht auf die zum Jahresende zunehmende Nachfrage – nicht zuletzt der fristgerechten Belieferung mit Geschenken für Groß und Klein zum Nikolaustag am 6. Dezember – zu relativ wenigen Beeinträchtigungen kommen. Dagegen sind für Mittwoch wieder Demonstrationen zu erwarten. Zudem wurden von Gewerkschaftsseite bereits weitere Streikaktionen in Aussicht gestellt.







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