Aktuell, Geschichte

Die erste Schönheitskönigin wurde in Spa gekrönt

Von Heide Newson

In De Panne wurde unlängst die Antwerpenerin Chayenne Van Arlé zur neuen „Miss Belgique“ gekürt. Die Miss-Wahl fand im Rahmen einer großen Show vor Publikum im Proximus-Theater im Freizeitpark “Plopsaland” statt. Nur die wenigsten werden aber wissen, dass eine Stadt am nördlichen Rand des Hohen Venn als Geburtsstätte der Schönheitswettbewerbe gilt: der feine Kurort Spa

Es war einmal vor 130 Jahren, als die „Schönsten der Schönen“ aus ganz Europa und sogar aus Übersee in den kleinen Kurort Spa kamen, um an einem Spektakel teilzunehmen, das ungebrochen bis heute die Gemüter erhitzt, Feministinnen auf die Barrikaden ruft und unzählige Männerherzen höher schlagen lässt. So war es auch „anno dazumal“. Am 30.September 1888 stieg im Casino von Spa, dem ältesten der Welt, eine „Schönheitsparade”, die damals, nach dem Aufsteigen des ersten Heißluftballons, die Sensation schlechthin war.

Selbst die zu damaliger Zeit als erzkonservativ verschrieene „Times“ ließ sich dazu herab, über dieses ungewöhnliche Ereignis oder vielmehr diesen Skandal in Schlagzeilen zu berichten. Zahlreiche wohlgeformte „Fräulein-Wunder“ stellten sich mit ihren üppigen Kurven der kritischen Betrachtung der 23 männlichen Juroren, während weibliche Schiedsrichter als verpönt und unschicklich galten. Obwohl die Mädchen züchtig und hochgeschlossen zu dem Wettbewerb antraten, löste er einerseits heftige Kritik, andererseits tosenden Beifall aus. Während viele sich an dem internationalen „Sex-Appeal“ ergötzten, befand eine französische Zeitung dieses „Zurschaustellen“ als skandalös, abwertend und erniedrigend. Die Schiedsrichter hatten es ihrerseits nicht leicht, über die im wahrsten Sinne des Wortes versteckten Vorzüge der schönen Kandidatinnen zu befinden. „Sex-Appeal“ ließ sich bestenfalls erahnen und nur schwer benoten. Obwohl die „nackten Tatsachen“ im Verborgenen schlummerten, stellte die damalige Schönheitsparade alles bisher Dagewesene in den Schatten.

Acht Tage lang wurden die Thronanwärterinnen von den Juroren kritisch beäugt. Bewertet und benotet wurden das Gesicht, der Teint, die Haut, die Zähne, die Hände und selbst die Füße. Geschätzt waren dabei die feine englische Art, der positive Gesamteindruck und das allgemeine Erscheinungsbild. Unter den Argusaugen des damaligen Kurdirektor Dharenbaut, der vollendete Manieren von den Kandidatinnen erwartete, wurden die Schönsten gekürt.

Illustre Gäste, wie die 19jährige tunesische Tänzerin Fatima Bentemy, waren der glanzvollen Einladung gefolgt. In reiner Seide – „Tausendundeine Nacht“ verpflichtet – eroberte sie im Sturm die Männerherzen. Ferner inspirierte sie unzählig Komponisten zu musikalischen Glanzleistungen.

Glückliche, strahlende Siegerin wurde mit einem weinenden und einem lachenden Auge die 18jährige Kreolin Bertha Sauceret von der Karibik-Insel Guadeloupe. Sie erhielt 5000 Goldfranken, damals ein Vermögen. Zweite im „Kopf-an-Kopf-Rennen“ wurde die 16jährige Angele Delrose aus Ostende, die 2000 Goldfranken erhielt.

Genau wie heute lief der Schönheitswettbewerb nicht ohne Skandal ab. Die Krönungszeremonie wurde durch eine missgünstige Rivalin gestört. Sie stieg auf das Siegespodest und spuckte der Gekürten ins Gesicht – kein schöner Abschluss einer glanzvollen Veranstaltung damals im feinen Spa.

Foto oben: Chayenne Van Arlé, Miss Belgique 2022

Fotos in der Mitte: Unbekannte Schönheitskönigin, Schönheitswettbewerb in Spa 1932

One Comment

  1. Aedo Duran Ilse

    Höchst informativer Beitrag: Geschichte, die man kaum kennt! Due Damen waren echt entzückend anzusehen. Das Foto der Gewinnerin wirkt leicht witzig. Warum sitzt die Krone so schief? Das total operierte Gesicht passt dazu. Schönheit ist wohl auch Geschmackssache. So sprach der Affe und hatte Seife im Munde.

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