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Corona-Lockerungen und keine Maskenpflicht in Geschäften

Von Michael Stabenow.

Belgien wird zum 1. Juli die Corona-Beschränkungen weiter lockern. Nach einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats, dem Spitzenvertreter der föderalen Regierung sowie der Regionalregierungen des Landes angehören, begründete Premierministerin Sophie Wilmès dies am Mittwoch mit dem zuletzt deutlichen Rückgang von Infektionszahlen und Todesfällen. Wegen des günstigen Verlaufs sei es der Öffentlichkeit auch nicht zu vermitteln, nun eine generelle Maskenpflicht – insbesondere in Geschäften – einzuführen.

Nach Angaben des belgischen Amts für Epidemiologie und Infektionskrankheiten (Sciensano) sind im Verlauf der vergangenen Woche täglich durchschnittlich 93 neue Infektionen aufgetreten und es kam zu fünf Todesfällen. Das bedeutet gegenüber dem Vergleichszeitraum einen Rückgang der Infektionen um 10 Prozent und einen Rückgang um 45 Prozent bei den Todeszahlen. Die Zahl der Neuaufnahmen in die Krankenhäuser, ein wichtiger Indikator für den Verlauf der Pandemie, ist ebenfalls deutlich zurückgegangen und betrug am Dienstag zwölf.

Weitere Lockerungen im Juli und August

In der nun bis Anfang August laufenden „Phase 4“ des Coronavirus-Krisenmanagements gibt es eine Reihe weiterer Lockerungen. Sie betreffen insbesondere die Erweiterung der sogenannten „Blase“, also der Größe der Gruppe, in der private Treffen stattfinden können, von 10 auf 15 Personen (je Woche).

Erwartungsgemäß werden auch Schwimmbäder und Freizeitparks ihre Pforten wieder öffnen können. Von Anfang Juli an dürfen Theater, Kinos oder auch Kongresssäle bis zu 200 Personen empfangen. Bei Veranstaltungen unter freiem Himmel ist sogar eine Obergrenze von 400 Besuchern vorgesehen. Für den Monat August stellt der Sicherheitsrat sogar eine Verdopplung dieser Obergrenzen in Aussicht. Allerdings bleiben öffentliche Großveranstaltungen weiter untersagt.

Auch bei den Auflagen für Geschäfte wird es zu Lockerungen kommen. Kunden müssen nicht mehr allein einkaufen gehen, sondern können sich von einer zweiten Person begleiten lassen. Außerdem strich der Sicherheitsrat die – ohnehin kaum zu kontrollierende – Begrenzung des Ladenbesuchs auf jeweils 30 Minuten. Auf Märkten wird Anfang Juli die bisher geltende Begrenzung von 50 Ständen wegfallen.

Da das Bildungswesen nicht in die Zuständigkeit des Föderalstaats, sondern der Regionen fällt, streifte der Sicherheitsrat die künftigen Regelungen hierzu am Mittwoch nur am Rande. Voraussichtlich werden Anfang September Kindergärten und Grundschulen weitgehend normal funktionieren können, während es für die Sekundarstufe weiter gewisse Einschränkungen geben  soll. Für die Hochschulen ist eine Mischung aus Fern- und Präsenzstudium vorgesehen.

Entscheidend sei jedoch, dass die Infektionszahlen sich weiter günstig entwickelten, erklärte Premierministerin Wilmès. Gleichzeitig kündigte sie eine Begrenzung der Teilnehmendenzahl für Demonstrationen auf 400 an. Scharf kritisierte sie das Verhalten derer, die an spontanen Straßenfesten teilnahmen, wie sie am vergangenen Wochenende insbesondere in Brüssel stattfanden. Dies sei nicht nur riskant für Freunde und Angehörige, sondern für die gesamte Bevölkerung, sagte die Regierungschefin.

Maskenstreit

Mit Spannung war erwartet worden, ob der Aufruf führender Wissenschaftler zu einer Maskenpflicht für Mund und Nase in Geschäften im Sicherheitsrat Gehör finden werde. Dafür hatten sich insbesondere Sciensano-Chef Steven Van Gucht und der in den Medien allgegenwärtige Löwener Virologe Marc Van Ranst ausgesprochen. Hintergrund ist, dass sich zuletzt offenbar immer weniger Kunden um den obligatorischen Sicherheitsabstand von mindestens 1,5 Metern scheren. Auch die Dachverbände und Gewerkschaften des Einzelhandels hatten eindringlich eine Maskenpflicht gefordert.

Wilmès erklärte am Mittwoch zwar: „Das Virus ist noch immer präsent. Wir können es nicht genug wiederholen.“ Eine Maskenpflicht lasse sich aber nicht in einer Lage vermitteln, die sich von Tag zu Tag entspanne. Auf die Frage nach den Empfehlungen von Experten zur Maskenpflicht antwortete die Regierungschefin, die Sachverständigen hätten zuletzt „ihre Meinung ein wenig angepasst.“ Für den Fall steigender Infektionszahlen stellte sie jedoch eine Maskenpflicht in Aussicht. Derzeit ist es lediglich „nachdrücklich empfohlen“, Masken in Geschäften zu tragen.

Der Antwerpener Epidemiologie Pierre Van Damme widersprach Wilmès im Fernsehsender VTM umgehend. Es sei verkehrt, das Tragen von Masken erst verbindlich vorzuschreiben, sollten die Zahlen steigen. „Wir müssen es jetzt tun. Ich glaube eher an Prävention als daran, erst dann einzugreifen, wenn die Dinge verkehrt laufen.“ Van Ranst wollte sich im Fernsehsender VRT nicht näher zum Streit um die Maskenpflicht äußern.

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