
Von Reinhard Boest
Noch zehn Wochen bis zu einem der alljährlichen Höhepunkte im Brüsseler Sportjahr: die 25. Auflage der “20km de Bruxelles/20km door Brussel” am 25. Mai. Wer aber denkt, er könne sich dafür noch anmelden: vergessen Sie es! Am Mittwoch um 9 Uhr öffnete die Einschreibung auf der Internetseite des Events – und 20 Minuten später war das Limit von 45.000 Teilnehmern erreicht, wie schon in vielen vorangegangenen Jahren.
Allerdings waren knapp zwei Drittel der Plätze schon vorher vergeben. Unternehmen oder Vereine dürfen ihre Teams nämlich schon eine Woche früher anmelden. Sie laufen oft für einen guten Zweck, dafür liegt die Teilnahmegebühr bei 50 Euro, statt 30 Euro für “normale” Läuferinnen und Läufer.
Die Beliebtheit dieses Laufes ist seit seiner ersten Auflage im Jahr 1980 stetig gestiegen. Damals hatten sich 4.659 Teilnehmer angemeldet – den technischen Möglichkeiten entsprechend per Telefon, per Post oder persönlich im Büro der Organisatoren im Schatten der Kirche Notre Dame de la Chapelle. Schon im folgenden Jahr etablierte sich das Ereignis als “Jedermann-Lauf”. Seit 1982 erfolgt der Start am Cinquantenaire und führt über einen Parcours, der vor allem den zahlreichen auswärtigen Läuferinnen und Läufern einige Sehenswürdigkeiten Brüssels zeigen soll: etwa das Königsschloss, die Rue Royale, den Justizpalast, den Bois de la Cambre oder das Palais Stoclet kurz vor dem Ziel – an der über zwei Kilometer ständig ansteigenden Avenue de Tervuren als letzter Herausforderung. Und ebenfalls seit 1982 begleitet die mitreißende Musik von Maurice Ravels Bolero den Start. Schon 1983 wurde eine Teilnehmerzahl von 20.000 erreicht, eine Obergrenze, die aus Sicherheitsgründen über einen längeren Zeitraum beibehalten wurde, und die Teilnehmer werden seither durch Musik- und Schlagzeugkapellen längs der Strecke angefeuert.
Die Fortschritte der Technik erlaubten nach und nach sowohl eine Anmeldung über Internet als auch eine genaue Zeitnahme und die Erstellung eines Klassements in Echtzeit. Auch die weiter steigende Zahl der Teilnehmer (bis 2010 auf 30.000) konnte so besser bewältigt werden. Seit 2011 erfolgt außerdem ein Start in sechs “Wellen”. Nach einem besonders “heißen” Lauf 2011 wurde die Startzeit ab 2012 vom Nachmittag auf 10 Uhr morgens verlegt. 2013 gab es einen “königlichen” Lauf: nicht nur einen neuen Rekord mit 37.000 Teilnehmern aus 121 Ländern, sondern zur allgemeinen Überraschung lief König Philippe die 20 km mit. Ab 2015 pendelte sich die Teilnehmerzahl bei 40.000 ein.
Einen Einschnitt brachte die Corona-Pandemie: im Jahr 2020 musste der Lauf komplett abgesagt werden, und nach der Lockerung der Beschränkungen wurde er 2021 vom Mai auf den September verlegt. In der Sorge, dass nach der Unterbrechung das Interesse nachgelassen haben könnte, öffnete man den Wettbewerb auch für Geher. Das stieß sofort auf große Resonanz, denn gemeint sind natürlich nicht nur Sportgeher, auch Wanderer und Spaziergänger fühlten sich angesprochen. Und nicht nur Ältere, die sich Jogging nicht mehr zutrauen, waren jetzt dabei, sondern erneut Prominenz aus dem Königshaus: Königin Mathilde, die seither „Stammgast“ ist. Für den diesjährigen Lauf waren von den 45.000 Angemeldeten 6.500 „marcheurs“.
Die Nachfrage ist also weiterhin außerordentlich hoch, sie steigt offenbar immer noch und übertraf auch in diesem Jahr die Zahl der verfügbaren Plätze. Es ist also wieder notwendig, darüber nachzudenken, wie man damit unter Sicherheitsaspekten umgehen soll. Vor allem die vielen Tunnel im Verlauf der Avenue Louise halten nicht nur scharfe Steigungen bereit, sondern sind problematische Engpässe. Und auch die Metro ist völlig überlastet, wenn alle Teilnehmer zur gleichen Zeit am Startpunkt ankommen wollen.
Erste Maßnahme in diesem Jahr: der zeitliche Abstand zwischen den sieben Start-“Wellen“ wird auf 15 Minuten verlängert. Wenn die letzte Welle, die Geher, um 11.30 Uhr startet, sind also die Läufer aus der ersten – die um 10 Uhr gestartete „Elite“ – schon im Ziel; die schnellsten Männer brauchen etwa eine Stunde, die Frauen zehn Minuten länger.
Noch mehr „Wellen“, um mehr Teilnehmer zu ermöglichen? Schon jetzt beträgt die Zeitspanne zwischen dem ersten Start und der letzten Ankunft bis zu sieben Stunden. Denn das Zeitlimit am Ende ist großzügig bemessen, damit der Charakter als „Volkslauf“ erhalten bleibt. Für diese Zeit müssen Streckenaufsicht, Verpflegung und Hilfsdienste zur Verfügung stehen. Hinterher muss die Stadtreinigung aufräumen. Währenddessen bleiben die Straßen gesperrt, über die der Parcours verläuft. Und das sind ja nicht kleine Nebenstrecken, sondern mehrere Hauptverkehrsachsen der Stadt. Auch an einen Sonntag kann das schon eine Zumutung für Anlieger, Autofahrer, aber auch Nutzer von Tram- und Buslinien sein.
In der Prüfung ist auch ein gesondertes Rennen für die „marcheurs“, die man doch gerade erst einbezogen hatte. Werden die „mamies et papis“ das gut finden? Und die Königin? Und schließlich müsste man die betroffenen Bürgermeister davon überzeugen, noch für ein weiteres Event die Straßen zu sperren.
Etwas Positives gibt es für die anstehende Ausgabe zu vermelden: es gibt für alle „finisher“ wieder eine Medaille aus Metall. Das zuletzt aus Nachhaltigkeitsgründen verwendete Holzmodell kam nicht gut an. Und wer am Mittwoch zu spät bei der Anmeldung war, darf immer noch auf die Warteliste hoffen.
Die Geschichte der 20km mit Bildern: www.20kmdebruxelles.be/la-course/historique/
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