Es war ein erfreulicher Anlass für den belgischen Außenminister Didier Reynders, als ihm Deutschlands Botschafter, Dr. Eckart Cuntz unlängst im Namen des deutschen Bundespräsidenten Joachim Gauck das Große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband überreichte.
Freunde, Kollegen, Mitarbeiter, Persönlichkeiten aus Industrie-und Wirtschaft, und Pressevertreter waren dabei, als er dieses strahlend in der Residenz des deutschen Botschafters entgegennahm. Vergessen schien sein Ausrutscher in der RTBF-Radio Debatte mit Premierminister Elio Di Rupo, der eine Welle der Empörung ausgelöst hatte.
Anstatt von Kritik gab es viel (deutsches) Lob, die Liste von Reynders Verdiensten war lang.
Bundespräsident Joachim Gauck habe entschieden, Reynders das Große Verdienstkreuz mit Stern und Schulterband zu verleihen, dass er für die Fortentwicklung und Stärkung der Europäischen Union sowie die Vertiefung der deutsch-belgischen Beziehungen erhalten habe. Sowohl als Finanz- als auch als Außenminister habe er immer einen guten europäischen Kurs gefahren und dabei sehr eng mit Deutschland zusammengearbeitet, so Deutschlands Botschafter Dr. Cuntz. In der sogenannten „Zukunftsgruppe“ der EU-Außenminister habe sich Reynders stets dafür eingesetzt, gemeinsam mit Deutschland an der Zukunft Europas mitzubauen.
Ebenso gewürdigt wurden Reynders Vertiefung der deutsch-belgischen Beziehungen. So habe er, kaum dass die neue deutsche Regierung im Amt gewesen sei, im Januar 2014 sowohl Bundesaußenminister Steinmeier als auch Staats- und Europaminister Roth zu einem intensiven Meinungsaustausch empfangen, und diese Gespräche beim Antrittsbesuch von König Philippe in Berlin am 17.2.2014 fortgesetzt. Und wer erinnere sich nicht an das wundervolle „Familienfoto“ vor dem Brandenburger Tor? Die Verletzung der belgischen Neutralität im Ersten und Zweiten Weltkrieg kam ebenso zur Sprache. „Krieg zwischen unseren beiden Ländern ist heute undenkbar,“ so Cuntz.
Mit den Worten, dass er sich sehr geehrt fühle, sagte Reynders, dass die deutsch-belgischen Beziehungen, die vor vielen Jahrzehnten in Lüttich, das ja nicht weit von Deutschland sei, gezimmert wurden, und somit nicht neu seien. Mit Guido Westerwelle habe er z. B. viel über die Zukunft Europas diskutiert. Diesen Weg setze er nun mit seinem neuen Kollegen Frank Walter Steinmeier fort. Froh sei er, dass er die Konflikte im Ersten und Zweiten Weltkrieg zwischen Deutschland und Belgien nicht persönlich erlebt habe, und dass man heute nicht nur auf europäischen Ebene zusammenarbeite, sondern auch das Gedenken an den Ersten Weltkrieg gemeinsam beginge.
Belgieninfo:
Kürzlich gab es wegen Ihres verbalen Ausrutschers zu den Kindesentführungen im Jahre 1990, die ohne die Mitregierung der Liberalen passiert seien, viel Kritik und Schelte, heute dafür viel (deutsches) Lob. Gehört solch ein Wechselbad zum harten Politalltag?
Didier Reynders:
Das politische Geschäft kann mitunter sehr hart sein. Was ich gestern erlebt habe, war sehr komplex und emotional für mich. Heute sieht die Welt wieder ganz anders aus. Ich sprach mit Jean-Dennis Lejeune, dem Vater der getöteten Julie. Die Aussprache mit ihm war mir sehr wichtig, da ich ihn sehr gut kenne. Ich erklärte ihm alles, und versicherte ihm, dass ich in der RTBF-Debatte keineswegs die Absicht hatte, ihn oder sonst jemanden zu verletzen. Dass dies inmitten des Wahlkampfs und in einer schwierigen politischen Verteidigungssituation, in der viel möglich ist, passiert ist, bedauere ich zutiefst. Aus diesem Grunde habe ich mich auch umgehend öffentlich entschuldigt, was ganz normal ist, wenn man jemanden verletzt hat. An dieser Stelle möchte ich nochmals betonen, dass ich das alles nicht beabsichtigt hatte.
Die Stimmung in der Botschaftsresidenz ist ausgezeichnet, soeben haben Sie unter viel Applaus einen der höchsten Orden, die die Bundesrepublik zu vergeben hat, erhalten: Ihre Kollegen, Freunde, Weggefährten sind gekommen, um mitzufeiern, aber wo ist Ihre Ehefrau?
Meine Frau konnte leider nicht kommen, was sehr schade ist. Aber wie Sie ja wissen, haben wir vier Kinder und vier Enkel. Und Mittwochs ist es bei uns nun mal Tradition, dass meine Frau mit den Enkelkindern etwas unternimmt. Wir sehen uns später, und werden dann zusammen feiern, was bei solch einem freudigen Anlass wohl klar ist.
Hatten Sie mit dem Großen Verdienstkreuz gerechnet, das in Belgien bislang nur Verteidigungsminister De Crem verliehen wurde?
Die erste Mitteilung erhielt ich vom damaligen Außenminister Guido Westerwelle, mit dem ich viel über Europa diskutiert hatte. Damals hatten wir in unterschiedlichen europäischen Städten, in Berlin, Wien oder in Brüssel, Sitzungen, bei denen es um die Zukunft Europas ging.
Ich muss schon sagen (Reynders betrachtet seinen Orden), dass ich auf dieses deutsche Verdienstkreuz sehr stolz bin. Obwohl ich weder auf Orden noch Würdigungen aus bin, wurden mir im Vorjahr Orden von unseren europäischen Nachbarstaaten, den Niederlanden, Luxemburg und Frankreich, verliehen. Und heute erhalte ich solch einen hohen von Deutschland… Sie alle erfüllen mich mit Stolz, vor allem, da sie für eine gute Beziehung Belgiens zu unseren unmittelbaren Nachbarn stehen. Manchmal erhält man Auszeichnungen aus dem Ausland, weil man etwas Bestimmtes für das eine oder andere Land organisiert hat. Aber Würdigungen aus den Nachbarländern, und nun das große Verdienstkreuz aus Deutschland, sind etwas ganz Besonderes, verkörpern sie doch die engen nachbarschaftlichen Beziehungen, eine Tatsache, die mich mit großer Freude erfüllt.
Zu welcher Gelegenheit werden Sie das Große Verdienstkreuz tragen?
Dafür gibt es schon einige Gelegenheiten. Um Ihnen ein Beispiel zu geben: Als ich mit dem Königspaar in Luxemburg und Holland war, trug ich den jeweiligen Orden, so wie ich bei offiziellen Anlässen in Frankreich voller Stolz den „Légion d´Honneur“ trage. Bei meinem nächsten Deutschlandbesuch, geht der deutsche Orden, der sich nicht so stark von den belgischen Farben abhebt, mit auf die Reise, natürlich nicht der gesamte, sondern nur der kleinere Teil.
Das wird Angela Merkel bestimmt beeindrucken. Wie gut kennen Sie die deutsche Bundeskanzlerin? Dem mittlerweile verstorbenen Wilfried Martens hatte sie Ihre Handynummer gegeben.
Ich habe unzählige Handynummern, aber normalerweise rufe ich über Handy nur meine unmittelbaren Kollegen an. Sollte ich die Absicht haben, mit Angela Merkel in Kontakt zu treten, so würde ich vorab meinen deutschen Kollegen, Frank-Walter Steinmeier fragen, ob es möglich ist, sie anzurufen. Ich will sie ja nicht stören, dazu habe ich viel zu viel Respekt. Das gilt auch für die Kontaktaufnahme mit anderen Staats- und Regierungschefs, die stets über meine Kollegen laufen.
Heide Newson (Text und Fotos)
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