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Was für ein Konzert!

20140228_121709_20140224_124635_DAVID1Das Brussels Philharmonic Orchestra (BPO) unter der Leitung von David Navarro Turres hatte am Freitagabend ins Espace Lumen geladen und unter anderem mit einem Saxophonkonzert im Programm dem genialen Instrumentenbauer und Musiker Sax gehuldigt. Normalerweise ist dieses Orchester gut für – sagen wir – ganz ordentlich abgelieferte Stücke zu einem sehr erschwinglichen Preis. Wer aber diesmal Durchschnitt erwartete, der wurde mehr als positiv überrascht. Dieses Orchester war nicht wiederzuerkennen. Die jungen Musiker ließen es weder an Spielfreude noch an Tempo- oder Lautstärkedisziplin fehlen und zeigten, dass sie unter den Händen des Dirigenten zu Interpretationen fähig sind, die mehr sind als ein nur nachgespieltes oder „auch“ gespieltes Stück.

Die Aufführung von Dvořáks Symphonie „Aus der neuen Welt“ geriet zum originären Musikerlebnis. Die Spannungsbögen und die sehr balancierten ruhigen Tempi gelangen sogar noch nach einer beinah 20minütigen Zwangspause durch einen Stromausfall. Und die Musiker gaben alles, nicht nur wiederholten sie am Ende den 2ten Satz, der im ersten Anlauf deswegen nicht ganz zu Ende gespielt werden konnte, nein, die Flötistinnen gaben in der Dunkelheit zwei kleine Solokonzerte und das Publikum wurde erfolgreich dazu animiert den Toreromarsch aus Carmen zu singen. So ging auch diese „dunkle Zeit“ launig vorüber.

Ein Erlebnis der besonderen Art war die „Rhapsody“ for Saxophone Alto von André Waignein, einem zeitgenössischen Komponisten im ersten Teil. Das Werk in drei Sätzen wird sicher öfter zu hören sein, es begeisterte das Publikum und so mancher kaufte am Ende doch noch ein Programm, um sich darüber zu informieren. Schwungvoll, mit großen Bögen komponiert blieb es weder im Klassischen zu sehr verhaftet noch strengte die Moderne den Hörer an. Der aus Belgien stammende Solist Simon Diricq spielte herausragend. Die vielen Läufe, die ihm abverlangt wurden, meisterte er virtuos und noch bis zu den höchsten und tiefsten Töne mit genauer Nuancierung der Lautstärke. Das Orchester verstand es ihn wunderbar zu begleiten ohne ihn zu überdecken. Insgesamt gelang ein wunderbar dynamisches Spiel, das in jeder Hinsicht überzeugte.

Clipboard01Man kann David Navarro Turres nur beglückwünschen. Zum einen, dass er den Mut zu einem radikalen Umbau der Besetzung hatte, zum anderen zu dem künstlerischen Ausdruck, den er bei Dvořáks Stück gezeigt hat. Heute ist dieses Orchester nicht mehr bloß ein Nachwuchsorchester. Es ist schon ziemlich erwachsen geworden und hätte es verdient in richtigen Konzertsälen zu spielen wo die Klangqualität des Orchesters erst richtig zur Geltung kommen kann. Darüber hinaus ist das Orchester mit seinem Dirigenten auch sehr offen für neue Musik und auch das ist im heutigen, oft verknöcherten, Musikbetrieb ein viel zu seltenes Wagnis. Dass es gelingen kann, hat dieses Konzert auch mit der „Ouvertüre in Walzerform“ des 1989 geborenen Romain Zante in beispielhafter Weise gezeigt.

Ich jedenfalls freue mich schon auf das nächste Konzert am 20 12. Und empfehle allen, die in dem heutigen Kulturbetrieb noch ein gutes Preis-Leistung-Verhältnis suchen, sich dieses Datum schon mal im Kalender anzustreichen. Das Orchester hat mehr Zuhörer verdient. Bis dann also liebe Musikfreunde!

Ruth Sieber

One Comment

  1. Silke Klemm

    Félicitation, David Navarro Turres! Tu es un grand maître de la musique et tu as le don de sortir le mieux de ceux qui font la musique avec toi! Je suis ton fan!

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