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Unterstützung in der EU für belgischen Vorschlag zur Begrenzung der Gaspreise

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Von Rainer Lütkehus.

Der belgische Premierminister Alexander De Croo sieht bei den EU-Staaten Unterstützung für seinen Vorschlag, für das an den europäischen Energiebörsen gehandelte Erdgas eine Preisobergrenze festzulegen. „Als ich gestern sagte, dass die Europäische Kommission die Gaspreise einfrieren und eine Obergrenze festlegen müsse, gab es viele Fragen. Aber während der Diskussion im Rat habe ich gesehen, dass die meisten Länder im Grunde einverstanden waren”, sagte der belgische Regierungschef auf dem zweitägigen Treffen der 27 Staats- und Regierungschefs in Versailles. Bei dem informellen Treffen auf Einladung Frankreichs als derzeitiger Ratspräsidentschaft ging es um die Herausforderungen, vor denen die EU angesichts der jüngsten Entwicklungen steht. Dazu gehören die Sicherheits- und Verteidigungspolitik ebenso wie eine robustere wirtschaftliche Basis, die Anbindung der Ukraine an die EU und die Verringerung der EU von russischen Energieimporten. Ergebnis ist eine umfangreiche “Erklärung von Versailles”.

Kommission soll Vorschläge gegen die Energiepreiskrise konkretisieren

Im Vorfeld des Treffens hatte die EU-Kommission am 8. März das Strategiepapier „RepowerEU“ vorgelegt. Ziel der vorgeschlagenen Maßnahmen ist eine Reduzierung der Gasimporte aus Russland bis Jahresende um zwei Drittel. Außerdem geht es darum, Energie in der EU wieder erschwinglich zu machen. Weitere Aktionsfelder sind eine Steigerung der Energieeffizienz, der Ausbau der erneuerbaren Energien und die Elektrifizierung der Infrastruktur.

Um der gegenwärtigen Notlage entgegenzuwirken, will die Kommission alle möglichen Optionen für Notfallmaßnahmen prüfen, mit denen sich das Durchschlagen der Gaspreise auf die Strompreise begrenzen lässt, etwa befristete Preisobergrenzen. Hiermit sollen z.B. kurzfristige Preisspitzen am Spotmarkt ausgeglichen werden, bis die Preise wieder sinken. Außerdem wird in dem Dokument dargelegt, wie die Mitgliedstaaten Einnahmen aus den hohen Gewinnen des Energiesektors und aus dem Emissionshandel an die Verbraucher umverteilen könnten.

Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron sagte, er befürwortete die Einführung einer vorübergehenden Obergrenze für die Gaspreise. Doch wenn die Krise andauere, müsse über andere Lösungen nachgedacht werden.

Die Lösungsvorschläge gegen die Energiepreiskrise werden in dem Papier noch nicht ausformuliert. Die Staats- und Regierungschefs unterstützen den Ansatz der Kommission und fordern sie zu einer Konkretisierung innerhalb der nächsten zwei Wochen auf, demit sie beim nächsten regulären Gipfel am 24./25. März in Brüssel besprochen werden können.   

Pläne für mehr Unabhängigkeit von russischen Energieimporten

Die Pläne der Kommission für eine größere Unabhängigkeit von russischen Energieimporten sollen bis Ende Mai konkretisiert werden. Dabei wird es vor allem darum gehen, ob die von der Kommission anvisierten Mengen wirklich realisierbar sind. Nach ihren Vorstellungen soll russisches Erdgas bis Ende 2022 durch zusätzliche Importe von verflüssigten Erdgas (LNG) im Umfang von 50 Mrd. m3 aus Katar, den USA, Ägypten und Westafrika sowie durch 10 Mrd. m3 zusätzliches Pipelinegas aus Aserbaidschan, Algerien und Norwegen ersetzt werden. 3,5 Mrd. m3 an russischem Erdgas könnten bis dahin durch in der EU-Landwirtschaft erzeugtes Biomethan und 20 Mrd. m3 durch eine Beschleunigung des Ausbaus von Wind- und Solarenergie sowie einer damit verbundenen Produktion von grünem Wasserstoff in der EU ersetzt werden.

 Kein Gas- und Ölembargo gegen Russland

Einen Importstopp für russische Energie haben die Staats- und Regierungschefs nicht beschlossen. Ein Gas- und Ölembargo hatten die baltischen Staaten und Polen gefordert. „Wir müssen sehen, dass Frieden einen Preis hat“, sagte der luxemburgische Premierminister Xavier Bettel. „Jene, die hier fordern, ‚wir müssen mehr Sanktionen bekommen‘, sind die, die morgen kommen und sagen, wir brauchen mehr Geld von euch”.

Belgien bereitet Notfallpläne vor

Die belgische Regierung bereitet inzwischen Notfallpläne vor, sollte Russland seinerseits seine Exporte von Erdgas, Erdöl und Uran stoppen. Der belgische Gasfernleitungsnetzbetreiber Fluxys prüft, wie er eingreifen kann, wenn in Belgien oder in den Nachbarländern Versorgungsprobleme auftreten.

Zwar ist es in erster Linie Aufgabe der Staaten selbst, ihre Versorgungssicherheit zu gewährleisten, und Belgien hängt nur zu fünf Prozent von Erdgasimporten aus Russland ab; aber wenn ein EU-Land in Schwierigkeiten gerät, tritt laut einer EU-Verordnung aus dem Jahre 2017 ein europäischer Solidaritätsmechanismus in Kraft. „Wir prüfen, wie wir zusätzliches Gas über die Niederlande oder Frankreich nach Deutschland bringen können, wenn es dort zu Versorgungsengpässe kommt“, so ein Sprecher von Fluxys. Deutschland hängt zu 55 Prozent von Gasimporten aus Russland ab.

 

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