Lifestyle

Nachtgedanken zur Maskenpflicht

Von Anne Kotzan.

Als ob Schlüssel, Brille, Mobiltelefon und Kreditkarte nicht schon genug wären: Die Maske ist das neue Accessoire, an das man denken muss, bevor man das Haus verlässt. Aber gut, beruhigt die Vernunft und so langsam hat man sich im Alltag darauf eingespielt. Think positive, denn immerhin bringt der die untere Gesichtshälfte verschleiernde Mundnasenschutz durchaus eine Zeitersparnis mit sich. Mann kann seine Rasur vernachlässigen, Frau die Frage nach dem passenden Lippenstift, zumal dieser unter der Bedeckung ein unliebsames Eigenleben führt.

Nun ja, Corona hat das Leben auch in kleinen Dingen verändert und in der Folge leidet nicht nur die Lippenstift-Industrie. Dafür boomt die Maskenherstellung auch außerhalb der Karnevalszeit.

Wir sind es gewöhnt die Gesichter unserer Mitmenschen zu sehen, zu studieren und zu beobachten und so auch mit Fremden zu interagieren. Es ist dieser kleine unpersönliche Kontakt gegen die Einsamkeit in der Masse, der das Leben bereichert. Doch nun erleben wir alle einen Maskenball, bei dem es nicht um das gewollte Unerkanntbleiben bei frivolen Ausschweifungen geht. Im Gegenteil, der Gemüsehändler, flüchtige Bekanntschaften erkennen einen nicht mehr. Wer hat nicht schon für sich bei dem Gefühl geschmunzelt, wie ein Bankräuber ein Geschäft zu betreten? Kein Wunder, dass diese nun vermehrt ihre Chance ergreifen, maskierte Überfälle haben laut den Medien zugenommen.

Es reicht ein kleiner Stofffetzen im Gesicht und schon sind wir in unserem sozialen Leben verunsichert. In Bussen und Bahnen versinken die Menschen noch mehr als üblich in ihren Mobiltelefonen. Es ist still geworden, der kleine Smalltalk mit dem Sitznachbarn – auf Abstand – bleibt nun weitgehend aus. Situationen, die wir früher einfach zu meistern wussten, werden grotesk oder undeutlich.

Im Supermarkt

Man stelle sich einfach vor, wie man im Supermarkt mit seinem Einkaufswagen behände um eine Regalecke biegt und plötzlich taucht da der andere Wagen auf und man hört innerlich schon den nahenden “Rumms”. Dem Mund entfleucht ein spontanes “Hoppla” und man lächelt den anderen entschuldigend an. Das Gegenüber sieht nur den erschreckten Blick, vermag ihn aber nicht zu deuten. Es kann ein Vorwurf, auch Ärger sein. Das entwaffnende Lächeln sieht er ja nicht.

Auch akustisch führt die schalldämpfende Marke zu vielerlei Miss- und Unverständnissen.

Mehr oder weniger unbewusst übt sich so manch einer – ob mit schauspielerischem Talent oder ohne – in der Körpersprache. Gleich einem Pantomimen agiert man mit Händen, Füßen und dem ganzen Körper. Die Maske hat es in sich, sie fordert nicht nur Geduld und Hinnahme, sondern auch Fantasie.

Mein Fazit, es ist wie es ist, und man lernt neue Verhaltensregeln, um nicht in Frustration zu versinken. Zu lernen, wie man sich halbverschleiert in der Gesellschaft bewegt, war nie meine Absicht, aber zum Trost, es trifft auch die Männer. Und nach langem Weigern, habe ich mir für den gesellschaftlichen Auftritt auch ein designtes Stück zugelegt. Die Sonntagsmaske sozusagen. Ein situationsbedingter Ersatz für den Lippenstift.

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